Komm zurueck, Como
Mittag, als ich hinausging, um den Wagen nach einer Stunde Parkzeit umzustellen und mir aus einer Bude gegenüber vom Krankenhaus etwas zum Essen zu besorgen, gab es immer noch nichts Neues über Como. Als ich wieder an die Schiffsrumpf-Rezeption trat, wurde mir auch nur eine der üblichen » Wir müssen abwarten«-Varianten geboten. Nur indem ich vorgab, ein Plakat an der Wand zu lesen, während ich in Wirklichkeit die Gespräche der in der Nähe stehenden Mitarbeiter belauschte, erfuhr ich, dass Dr. Watt eine komplizierte Notoperation durchführte. Galt unser überfahrener Hund mit der an drei Stellen gebrochenen Hüfte etwa nicht als Notfall? Ich hielt mich lieber zurück. Medizinische Umgebungen jeglicher Art machen mich wütend, aber auch dankbar für jede Aufmerksamkeit, die mir zuteilwird, ein Zug, den ich, wie ich vermute, von meinen beiden Eltern geerbt habe. Ich war nach Comos Unfall so durchgedreht gewesen, dass ich es geschafft hatte, mich den Tierärzten gegenüber zu behaupten. Jetzt, anständig angezogen und nicht mehr blutend, meldete sich meine normale Krankenhausschüchternheit zurück.
Sally tauchte gegen zwei Uhr auf. Wenige Minuten später, als wäre er durch ihre Ankunft von seiner Not-OP weggeholt worden, kam Dr. Watt heraus, um uns einen Bericht zu erstatten, der nichts Gutes ahnen ließ. Wie schon zuvor, waren sie bereit, Como einzuschläfern, nachdem sie bei den Röntgenaufnahmen eine Blutung in der Lunge festgestellt hatten. Sie verabreichten ihm Plasma und wollten mit der Operation bis Freitag oder Samstag warten. » Keine Sorge«, sagte er. » Sie können gerne mitkommen und ihn besuchen.«
Sally und ich folgten dem Arzt in einen großen Raum, in dem chaotischer Lärm herrschte. In der Mitte standen große Tische, entlang der Wände Käfige mit Hunden, Katzen und anderen Tieren. Hier wurde gebellt, gejault und miaut, und Menschen sprachen noch lauter, um sich Gehör zu verschaffen. Como lag auf Augenhöhe in einem Käfig in einer einigermaßen ruhigen Ecke auf dem Bauch und hob den Kopf, als er Sallys Stimme hörte.
» Hallo, Comolein«, gurrte Sally. » Wie geht’s da drin? Was ist los?« Einmal raschelte sein Schwanz über die Unterlage, bevor er den Kopf wieder senkte und uns geistesabwesend anschielte.
» O Gott, Steven«, flüsterte Sally, ohne dass Como sie hören konnte. » Er sieht furchtbar aus.«
» Du hättest ihn sehen sollen, als er angefahren wurde«, sagte ich. » Jetzt macht er schon einen viel besseren Eindruck.« Aber keinen wirklich guten, fügte ich in Gedanken hinzu. Wenn es bei einem Hund mit weißbeigem Fell möglich ist, Farbe zu verlieren, war dies bei Como der Fall. Er sah blass und schlaff aus.
Ich fühlte mich in die Zeit zurückversetzt, als wir an Phoebes Säuglingsbett standen, wenn sie hohes Fieber hatte oder aus Gründen schrie, die sie uns nicht beschreiben konnte oder wollte. Wir waren machtlos, verängstigt und frustriert. Instinktiv blickten wir uns nach jemandem um, der uns ein Fitzelchen Hoffnung machen und uns aus unserer Niedergeschlagenheit holen konnte. Zwei Mitarbeiter kümmerten sich um einen Windhund, der auf einem der Tische lag. Alle anderen waren mit anderen Tieren, Laborproben oder anderen Arbeiten beschäftigt.
» Wir sollten gehen«, schlug ich vor, nachdem wir einige weitere Minuten versucht hatten, Como eine Antwort zu entlocken. » Wahrscheinlich braucht er Ruhe.« Auf dem Weg nach draußen wechselte ich mit dem Windhund einen traurigen Blick.
Am Abend kehrten wir mit Phoebe zurück, durften aber nicht zu Como. Wieder war der Raum wegen eines nicht genauer spezifizierten Notfalls für Besucher nicht zugänglich. Phoebe beherrschte sich eine Stunde lang, als wir in der Besuchernische warteten, doch draußen im Wagen begann sie zu weinen. Sie weinte den ganzen Heimweg über, lehnte Eis und Fernsehen ab und weinte sich schließlich in den Schlaf. Sally und ich versuchten, sie zu trösten, doch uns reichte kaum die Energie, uns um uns selbst zu kümmern, geschweige denn um jemand anderen.
Gleich nach Schulschluss am nächsten Tag, einem Donnerstag, ging Sally wieder in die Klinik. Comos Hinterteil war am Morgen für die OP kahl geschoren worden. Sally rief mich an. Ich konnte mir kaum vorstellen, wie er aussah, wusste auch nicht, ob sie durch sein Aussehen verängstigt oder amüsiert war. Wahrscheinlich ein bisschen von beidem. Ich hatte mich in meinem Arbeitszimmer verschanzt, um jeden Kontakt mit den Arbeitern zu vermeiden.
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