Komm zurueck, Como
restaurantverrückten San Francisco am Samstagabend einen Tisch zu ergattern kann zum Kunststück und, wenn man auf den letzten Drücker unterwegs ist, manchmal auch unmöglich werden. Doch an diesem Abend war uns das Glück hold. Wir riefen in einem baskischen Restaurant an, in das wir sehr gerne gingen. Dort war gerade eine Reservierung abgesagt worden. Eine halbe Stunde später bestellten wir bereits. Wir versuchten so zu tun, als wollten wir uns hier als Ehepaar einen romantischen Abend machen, da die Tochter nicht zu Hause war und anschließend auch kein Hund Gassi geführt werden musste. Doch wir konnten unsere Sorge um Como nicht unterdrücken, verglichen unsere Eindrücke über ihn und unsere Vorhersagen über den Zeitpunkt und die Dauer der OP. Als wir dieses Thema schließlich durchhatten, überlegten wir, ob Phoebe noch in Frontierland oder Tomorrowland oder schon im Bus auf der Rückfahrt war. Wir ließen den Nachtisch aus und noch etwas Wein in den Gläsern, baten um die Rechnung und fuhren zurück in die Klinik, um ein letztes Mal nach Como zu sehen. Als wollte er unsere Sorgen bestätigen, sah er in seiner großen Plastikeiswaffeltüte matt und jämmerlich aus. Sally und ich hatten Mühe einzuschlafen.
Früh am Sonntagmorgen fuhr ich durch den verregneten und verlassenen Golden Gate Park in die Kirche. Verschlafen aussehende Eltern, zumeist Väter, warteten in einem Gruppenraum im Untergeschoss, Kaffeebecher in den Händen, auf den Bus. Es war eine angenehme Gruppe, vereint durch die seltsame Pflicht, heranwachsende Kinder nach einer nächtlichen Busfahrt abzuholen. Mein Versuch zu lächeln konnte über meine schlechte Laune nicht hinwegtäuschen. Fünf Tage nach dem Unfall verfolgten mich die düstere Stimmung und die Vorahnung wie ein Schatten.
Phoebe wirkte wie verjüngt, als sie aus dem Bus stieg und ihren Rucksack in den Kofferraum schleuderte. Sie hatte eine Menge Geschichten zu erzählen über die » wahnsinnigen« Fahrgeschäfte, Junkfood und die vielschichtigen sozialen Interaktionen mit den anderen Kindern. Praktisch sechsunddreißig Stunden nicht zu schlafen schien genau das zu sein, was sie gebraucht hatte. Sie stellte ein paar Fragen zu Como, schien sich mit meinen spärlichen Informationen zufriedenzugeben und ging gleich ins Bett, als wir zu Hause ankamen. Wir beschlossen, Como an diesem Tag nicht zu besuchen, um den Verstand nicht ganz zu verlieren. Beim Abendessen reichten wir uns die Hände und beteten, er möge für seine Operation am Montag genügend Kraft haben.
Sally und ich hatten beschlossen, Phoebe nichts von Dr. Watts Sorge zu erzählen, dass die Operation schnell durchgeführt werden müsse, um Como nicht die Chance auf eine reparierte Hüfte und volle Bewegungsfähigkeit zu nehmen. Wenn sich seine Lungen erneut mit Blut füllten und man die OP nicht durchführen und er nicht gehen könnte… Nicht einmal Sally und ich hatten uns darüber unterhalten. Das war nicht nötig. Wir wussten, dass er in diesem Fall eingeschläfert werden müsste. Was für ein scheußlicher Ausdruck, einerseits ein freundlicher Euphemismus, andererseits ungeschminkte Realität. » Einschläfern« war eine Beleidigung, in diesem Fall die letzte.
Manny und seine Jungs erschienen Montag früh. Ich beschloss, ihnen nicht mehr aus dem Weg zu gehen, und informierte sie darüber, was mit Como geschehen war. Sobald Manny merkte, dass ich ihn nicht für Comos Flucht und Unfall verantwortlich machte, spielte er ganz den Offiziellen, der in höflicher Weise seine Besorgnis ausdrückte. » Ich bin sicher, er wird wieder gesund«, sagte er ausdruckslos, sodass ich schon beinahe meine Meinung änderte und Mannys Nachlässigkeit seinem Auftraggeber melden wollte. Doch ich ließ es dabei bewenden. Ich war auf dem Weg in die Klinik, um abzuwarten, wie Comos OP ausgehen würde. Julio, der unser Gespräch mitgehört hatte, folgte mir auf die Straße.
» Mister«– er hielt mich mit einem fragenden Blick auf, bei dem ich die Tatsache, dass er meinen Nachnamen vergessen hatte, gerne ignorierte –, » tut mir sehr leid, Ihr Hund. Ich das kenne auch. Mein Sohn, Angelo, er hat gesehen unseren Hund, wie von Auto angefahren auf Straße vor unserem Haus. Ich bin gerannt, um ihn zu holen. Zu spät. Er gestorben in meine Arme.«
Einen Moment war ich sprachlos. Ich hatte Mitleid mit Julio und seinem kleinen Sohn und fragte mich, wie alt Angelo gewesen war, als er mit ansehen musste, wie sein Hund starb. Mein schlechtes
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