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Komm zurück, mein dunkler Bruder

Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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über innovative Küche, Dex. Vermutlich wird eine Zeitschrift über deine Hochzeit berichten.«
    »Ja, und zwar
Konkurs heute
. Wir müssen mit ihm reden, Vince.«
    Er schüttelte den Kopf und starrte weiter aufs Gras. »Das kann ich nicht«, sagte er.
    Menschen sind eine wundervolle Mischung aus albern, ignorant und dumm, nicht wahr? Selbst diejenigen, die die meiste Zeit nur so tun als ob, wie Vince. Hier hockte er, der furchtlose Kriminaltechniker, nur wenige Zentimeter von einem grauenvoll zugerichteten Leichnam entfernt, der ihn nicht mehr tangierte als ein Baumstumpf, und doch war er starr vor Angst bei der Vorstellung, einem winzigen Männchen zu trotzen, das seinen Lebensunterhalt damit verdiente, Skulpturen aus Schokolade zu schnitzen.
    »In Ordnung«, sagte ich. »Ich werde selbst mit ihm sprechen.«
    Endlich sah er zu mir auf. »Sei vorsichtig, Dexter.«

[home]
    22
    I ch holte Deborah ein, als sie gerade den Wagen wendete, glücklicherweise wartete sie lange genug, so dass ich einsteigen und mit ihr zusammen zur Universitätsverwaltung fahren konnte. Auf der kurzen Fahrt hatte sie mir nichts zu sagen, und da ich mit meinen eigenen Problemen beschäftigt war, kümmerte mich das nicht.
    Eine kurze Sichtung der Unterlagen gemeinsam mit meinem neuen Freund im Verwaltungsbüro förderte keine Tammy in einem von Halperns Seminaren zutage. Doch Deborah, die sich das Warten mit Auf- und Abmarschieren verkürzt hatte, war darauf vorbereitet. »Prüf das letzte Semester«, wies sie mich an. Ich tat es; wieder nichts.
    »Also gut«, sagte sie stirnrunzelnd. »Dann sieh mal in Wilkins’ Veranstaltungen nach.«
    Es war eine reizende Vorstellung, und wie um das zu beweisen, erzielte ich umgehend einen Treffer: Ms Tammy Connor besuchte Wilkins’ Seminar über Situationsethik.
    »Gut«, sagte Deborah. »Besorg dir ihre Adresse.«
    Tammy lebte in einem nahe gelegenen Studentenwohnheim, und Deborah verlor keine Zeit, fuhr uns hinüber und parkte verbotenerweise direkt davor. Sie war aus dem Auto und marschierte zum Eingang, ehe ich auch nur meine Tür geöffnet hatte, doch ich folgte ihr, so rasch ich es vermochte.
    Das Zimmer befand sich im dritten Stock. Deborah zog es vor, immer zwei Stufen auf einmal die Treppe hinaufzustürmen, statt Zeit mit dem Drücken auf den Aufzugknopf zu verschwenden, und da mir nicht genug Luft blieb, um mich zu beschweren, unterließ ich es. Ich traf gerade rechtzeitig ein, um Zeuge zu werden, wie die Tür zu Tammys Zimmer aufschwang und den Blick freigab auf eine gedrungene junge Frau mit dunklen Haaren und Brille. »Ja?«, sagte sie mit einem Stirnrunzeln in Richtung Deborah.
    Debs zeigte ihre Marke und fragte: »Tammy Connor?«
    Das Mädchen keuchte und presste eine Hand an die Kehle. »O Gott, ich wusste es«, stöhnte es.
    Deborah nickte. »Sind Sie Tammy Connor, Miss?«
    »Nein. Nein, natürlich nicht. Ich bin Allison, ihre Mitbewohnerin.«
    »Wissen Sie, wo Tammy steckt, Allison?«
    Die Studentin atmete ihre Unterlippe ein und kaute darauf herum, während sie heftig den Kopf schüttelte. »Nein.«
    »Wie lange ist sie schon fort?«, fragte Deborah.
    »Zwei Tage.«
    »Zwei Tage?«, wiederholte Deborah mit hochgezogenen Brauen. »Ist das ungewöhnlich?«
    Allison wirkte, als hätte sie ihre Lippe bald abgekaut, doch sie nagte weiter daran herum und hörte nur auf, um zu blöken: »Ich darf nichts sagen.«
    Deborah starrte sie lange an, ehe sie endlich sagte: »Ich denke, Sie sollten mit uns reden, Allison. Wir glauben, dass Tammy in großen Schwierigkeiten steckt.«
    Das schien mir eine sehr zurückhaltende Weise, zu sagen, dass wir sie für tot hielten, doch ich ließ es durchgehen, da es eindeutig eine tiefgreifende Wirkung auf Allison ausübte.
    »Oh«, sagte sie und begann auf und ab zu wippen. »Oh, oh, ich
wusste
einfach, dass das passieren würde.«
    »Was glauben Sie denn, das passiert ist?«, erkundigte ich mich.
    »Man hat die beiden erwischt. Ich habe es ihr gesagt.«
    »Sicher haben Sie das«, sagte ich. »Warum sagen Sie es nicht auch uns?«
    Einen Moment hüpfte sie ein wenig schneller. »Oh«, machte sie wieder, und dann zwitscherte sie: »Sie hat eine Affäre mit einem Professor. O Gott, dafür wird sie mich
umbringen

    Persönlich glaubte ich nicht, dass Tammy irgendjemanden umbringen würde, doch ich fragte nur: »Trug Tammy irgendwelchen Schmuck?«
    Sie starrte mich an, als wäre ich verrückt. »Schmuck?«, wiederholte sie, als wäre es ein Wort aus einer

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