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Komm zurück, mein dunkler Bruder

Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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Fremdsprache – vielleicht Aramäisch.
    »Ja, exakt«, sagte ich aufmunternd. »Ringe, Armbänder – etwas in der Art?«
    »Meinen Sie so was wie ihr Platinfußkettchen?«, sagte Allison, sehr pflichteifrig, wie ich fand.
    »Ja, genau das«, erwiderte ich. »War es irgendwie gekennzeichnet?«
    »Mhm, ihr Name ist drauf. O Gott, sie wird so
sauer
auf mich sein.«
    »Wissen Sie, mit welchem Professor sie eine Affäre hatte, Allison?«, fragte Deborah.
    Allison nahm ihr Kopfschütteln wieder auf. »Das darf ich wirklich nicht sagen.«
    »War es Professor Wilkins?«, fragte ich, und obwohl Deborah mich zornig anfunkelte, war Allisons Reaktion erheblich befriedigender.
    »O Gott«, stöhnte sie. »Ich schwöre, ich hab das nie gesagt.«
     
    Ein Anruf mit dem Handy verschaffte uns die Adresse von Dr. Wilkins’ bescheidenem Heim in Coconut Grove. Es lag in einem Teil namens The Moorings, was entweder bedeutete, dass meine Alma Mater ihren Professoren wesentlich mehr zahlte als früher, oder, dass Professor Wilkins über zusätzliche Einkünfte verfügte. Als wir in die Straße einbogen, setzte der nachmittägliche Regen ein, ergoss sich in Strömen über die Fahrbahn, verebbte dann zu einem Tröpfeln und wurde schließlich wieder stärker.
    Das Haus war einfach zu finden. Die Nummer war an der zwei Meter hohen, gelben Mauer angebracht, die das Haus umgab. Ein schmiedeeisernes Tor blockierte die Zufahrt. Deborah parkte direkt davor an der Straße, und wir stiegen aus und schauten durch das Tor. Es war ein wahrhaft bescheidenes Heim, nicht mehr als dreihundertachtzig Quadratmeter und bestimmt sechzig Meter vom Wasser entfernt, vielleicht war Wilkins also doch nicht so wohlhabend.
    Während wir auf der Suche nach einer Möglichkeit, uns bemerkbar zu machen, waren, öffnete sich die Eingangstür, und ein Mann in leuchtend gelber Regenkleidung trat heraus. Er ging zu dem Auto, das in der Zufahrt parkte, einem blauen Lexus.
    Deborah hob die Stimme und rief: »Professor? Professor Wilkins?«
    Der Mann spähte unter seiner Regenkapuze zu uns herüber. »Ja?«
    »Könnten wir Sie bitte einen Moment sprechen?«, sagte Deborah.
    Er kam langsam auf uns zu, den Kopf leicht zur Seite geneigt betrachtete er Deborah. »Das kommt darauf an. Wer ist wir?«
    Deborah griff in ihre Tasche, um ihre Marke herauszuholen, und Professor Wilkins blieb vorsichtig stehen, zweifellos besorgt, dass sie eine Handgranate herausziehen mochte.
    »Wir sind die Polizei«, beruhigte ich ihn.
    »Sind wir das?«, sagte er und wandte sich mir mit einem halben Lächeln zu, das gefror, als er mich erkannte, flackerte und dann als sehr schwaches künstliches Lächeln wieder aufstrahlte. Da ich Experte im Vortäuschen künstlicher Emotionen und Ausdrücke bin, hegte ich nicht den geringsten Zweifel – der Anblick meines kleinen alten Ich hatte ihn irgendwie beunruhigt, und er verbarg es, indem er ein Lächeln vortäuschte. Doch weshalb? Falls er schuldig war, musste ihm die Polizei vor den Toren doch mehr Sorgen bereiten als Dexter an der Tür. Doch stattdessen sah er Deborah an und sagte: »Ach ja, wir haben uns schon mal gesehen, vor meinem Büro.«
    »Richtig«, bestätigte Deborah, während sie endlich ihre Marke herauskramte.
    »Entschuldigen Sie, wird es lange dauern? Ich bin ein wenig in Eile.«
    »Wir haben nur ein paar Fragen, Professor«, sagte Deborah. »Es dauert nur eine Minute.«
    »Nun«, sagte er, während er von der Marke zu meinem Gesicht und rasch wieder fortsah. »In Ordnung.« Er öffnete das Tor und hielt es weit auf. »Möchten Sie hereinkommen?«
    Auch wenn wir schon bis auf die Haut durchnässt waren, schien es doch eine ziemlich gute Idee, aus dem Regen herauszukommen, und so folgten wir Wilkins durch das Tor, die Zufahrt hoch und in sein Haus.
    Die Inneneinrichtung des Hauses war in einem Stil, den ich als klassische Coconut-Grove-reiche-Leute-Lässigkeit erkannte. Ich hatte seit meiner Kindheit kein Beispiel mehr dafür gesehen, als die Miami-Vice-Moderne zum vorherrschenden Einrichtungsmuster der Gegend avancierte. Aber das hier war alte Schule und weckte Erinnerungen an die Zeit, in der man das Gebiet wegen seiner lockeren, unkonventionellen Atmosphäre noch Nut Grove nannte.
    Den Boden bedeckten rötlich braune Fliesen, die so blank waren, dass man sie als Rasierspiegel benutzen konnte, und rechts neben einem großen Panoramafenster war eine Sitzecke, bestehend aus einem Ledersofa und zwei passenden Sesseln. Links neben dem

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