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Kommissar Morry - Das Phantom

Kommissar Morry - Das Phantom

Titel: Kommissar Morry - Das Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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mir reiflich überlegt. Ich weiß ganz genau, daß das, was ich im Augenblick tue, nichts anderes als Verrat an einigen Männern in Limehouse ist. Aber trotzdem bin ich bereit, Ihnen alles zu sagen, damit das Morden in London ein Ende nimmt."
    „Und was haben Sie mir zu sagen?" hakte Morry sofort ein.
    J´ aime la trahison, mais je dateste le traitre. — Er liebt den Verrat, aber er haßte den Verräter. —
    Es war Napoleons Sprichwort, an das Morry im Augenblick dachte. Wenig später mußte er seine Meinung über den Alten revidieren. Im Moment aber wartete er gespannt darauf, welche Eröffnung ihm sein Gegenüber machen würde. Nur kurz zögerte dieser, dann sprudelte es aus ihm heraus: „Zwei Opfer des Phantoms, Jean Hone und Swen Collins, waren Mitglieder unseres Clubs. Sie wurden in dem Augenblick umgelegt, als sie mit einer gewissen Ware unterwegs zu den Abnehmern waren."
    Auf Morrys Stirn grub sich nun eine steile Falte ein. ,Rauschgift war also das Motiv des Täters´.Ähnliches hatte er sich schon gedacht.
    „Hier erkennen Sie schon, Kommissar, daß das Phantom es ausschließlich auf das wertvolle Pulver abgesehen hat. Wie es das Phantom gemacht hat, darüber wissen Sie besser Bescheid als ich. Ich denke mir nur, es muß ein Mann sein, der genau gewußt hat, daß einer unserer Leute die Ware in den betreffenden Nächten weitertransportierte. Wer es sein kann, weiß ich nicht, Kommissar."
    Erleichtert hielt der alte Mann inne. Er sah den Kommissar so an, als wolle er sagen: „So, den Anfang habe ich gemacht. Jetzt weißt du alles über mich, was du beruflich nicht wissen durftest. Frage nun!"
    Kommissar Morry verstand auch den Blick und schoß eine Frage nach der anderen ab. Ohne Zaudern gab ihm der Alte, so gut er es konnte, Antwort.
    Nach einer Viertelstunde hatte sich für Morry das Bild so weit abgerundet, daß der Mann stets nur noch mit einem: „Das weiß ich nicht", antworten konnte.
    „Also", stellte Kommissar Morry danach zusammenfassend fest, „einer aus euren eigenen Reihen kommt als eigentlicher Täter nicht in Betracht. Bliebe nur ein Fremder übrig. Einer, der mit einem Mitglied eures Clubs in steter Verbindung steht und somit über jeden eurer Schritte, die ihr in dieser Hinsicht unternehmt, genauestens informiert ist. Für diesen Fremden, der für euch kein Fremder zu sein braucht, ist es dann nicht schwer, den Ort des Überfalles selbst zu bestimmen. — Glauben Sie, daß es so sein könnte?"
    „So und nicht anders wird es sein, Kommissar. Ich kann mir nicht vorstellen, wo das Phantom seine Informationen sonst hernehmen könnte, wenn nicht von einem unserer eigenen Leute."
    „Nun lassen wir vorerst diese Frage ruhen und wen» den wir uns der momentan wichtigen Sache, der Überführung des Phantoms, zu. — Jetzt habe ich nur noch zwei Fragen zu stellen."
    „Fragen Sie, Kommissar. Ich werde Ihnen auch das noch beantworten."
    Für Kommissar Morry hatte sich so urplötzlich eine Gelegenheit geboten, das Phantom endlich in eine Falle zu locken — und schon tat er auch den ersten Schritt. Er brauchte nur Ort und Zeit der nächsten Rauschgiftübemahme zu wissen, und der Fisch, in diesem Falle der Mörder, würde in seinem Netz zappeln.
    „Wann erwartet ihr die nächste Ladung, und wo soll sie von euch abgeholt werden?"
    „Morgen Nacht gegen 23 Uhr. Die Ware wird am Lime Kiln Dock an Land gebracht und von dort aus weiterbefördert", brachte der Alte mit leiser Stimme hervor, und Morry sah, daß sich der Mann nicht wohl in der Rolle des Judas fühlte.
    ,Warum wurde dieser Mann zum Verräter seiner eigenen Komplizen?' grübelte er erst jetzt über dieses eigenartige Zusammentreffen mit dem Alten nach, nachdem er die eben gehörten Worte unlöschbar in sein Gehirn eingeprägt hatte. — Er kannte sein Gegenüber lange genug. Schon so manches Jahr hatte er ihm einen Aufenthalt in den Staatsgefängnissen verschafft. Wenn er sich richtig erinnerte, waren vier seiner vornehmen Visitenkarten in die Hände dieses Mannes gewandert. Jedesmal hatte es ein hartes Stück Arbeit bedurft, um einen Beweis für die jeweilige Gesetzesübertretung dieses Menschen zu erbringen. Nun, mit einem Male kam er von sich aus und belastete seine Komplizen und sich gleich stark. — Es mußte etwas ganz Besonderes vorgefallen sein, daß dieser Mann, der sein ganzes Leben auf der Schattenseite der Zivilisation verbracht hatte, der Polizei einen nicht geringen Dienst erweisen wollte. Nicht reine Polizeifreundlichkeit

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