Kommissar Morry - Das Phantom
jede Aktion, die wir starteten, mehr oder weniger Bescheid."
„Kunststück, Sir. Wo doch Captain Smiths zu jedem Dezernat Zutritt hatte."
„Sie sagten Captain Smiths, Brookers. Sie sind also immer noch davon überzeugt, daß der Mann, der vor einigen Wochen aus Indien kam und mit besten Empfehlungen in unserer Sondertruppe Aufnahme fand, Captain Smiths ist?"
„Yes, Sir!"
„Irrtum, Brookers! — Der wirkliche Captain Smiths, der untadelige Officer, ist tot. Ermordet von dem Manne, den wir als Captain Smiths kennengelernt haben!"
„Aber wie konnte denn dieser Mann hier in London als Captain Smiths auftreten? Es kann doch nicht sein, daß diese Bestie genauso ausgesehen haben soll wie der ermordete Captain?"
„No, Brookers! Der Mann, dessen Hülle dort vor uns herfährt, hatte früher nicht so ausgesehen wie in den letzten Wochen. Eine Operation hatte aus seinem Gesicht das gemacht, was er noch vor einer halben Stunde war; Captain Smiths' Aussehen. Die Operation muß meiner Ansicht nach in Colombo auf Ceylon von einem dreckigen Kurpfuscher durchgeführt worden sein, Brookers. Nur da konnte so etwas geschehen. Denn auf Ceylon hatte Captain Smiths auf seiner Überfahrt nach England eine vierzehntägige Pause eingelegt. Während dieser Zeit muß er seinen späteren Mörder kennengelernt haben, was danach geschah, ist nicht schwer zu erraten. — Der Mörder hatte sich an den Captain herangemacht. Nachdem er alles Wissenswerte erfahren hatte, beseitigte er sein Opfer, ließ sich sein Gesicht herrichten und fuhr an dessen Stelle nach London. Hier, wo ihn keiner kannte, glaubte er, zu schnellem Reichtum zu kommen. Das außer Rob Austicks Leuten auch der Polizist Flemming ermordet wurde, geschah rein zufällig durch die unverhoffte Begegnung am Lime Kiln Dock, war nichtsdestoweniger sehr geeignet, unseren Verdacht in die falsche Richtung — auf Mat Heflin zu lenken. Hätte er sein Ziel erreicht, wäre er wiederum so spurlos verschwunden, wie es in Colombo der Fall war. Wir, Brookers, hätten dann dumme Gesichter gemacht und das Nachsehen gehabt."
„Sind es nicht nur vage Vermutungen, Sir?" zweifeite Brookers skeptisch.
„Teils Vermutungen, Brookers, aber zum größten Teil Früchte meiner Beobachtungen. Ich zweifle jedoch nicht daran, daß ich in meiner Annahme fehlgegangen bin."
Kommissar Morry war nicht fehlgegangen. — Die Depeschen aus Colombo waren Zwischenzeitlich eingetroffen und wurden Kommissar Morry beim Betreten des Sonderdezernats vom Funker übergeben. Bis auf das I-Pünktchen bestätigten sie seine Worte. Hiernach wurde von der dortigen Polizei ein gewisser Poul Chadwel wegen mehrerer Gewaltverbrechen gesucht. Das spurlose Untertauchen des Gangsters traf zeit» lieh genau mit der Abreise des vermeintlichen Captain Smiths überein. Das Polizeiorgan in Colombo und auch Kommissar Morry konnten eine Akte schließen, in dem viele Menschen das Opfer einer blutgierigen Bestie geworden waren . Aber auch etwas Erfreuliches brachte der Fall „Phantom in schwarzer Pelerine" zwei Menschen ein. Der am folgenden Tage von Kommissar Morry verhörte Rob Austick legte ein umfassendes Geständnis ab, in dem er nicht verheimlichte, die Tat, für die Mat Heflin unschuldig verurteilt worden war, selbst begangen zu haben. Während zwar die Suche nach dem entsprungenen Häftling weiterlief, spannte Morry einen Bogen in die Schreibmaschine und teilte dem zuständigen Richter mit, daß aus vielen Gründen ein Revisionsverfahren unumgänglich sei. Mehrere Bogen benötigte er, um all die Einzelheiten niederzulegen, die ihn rechtlich zu diesem Schritt veranlaßten. So kam es, daß Wochen später der auf der Anklagebank sitzende Mat Heflin hören mußte, wie der Richter folgende Worte sprach: „Der Beschuldigte ist auf Grund der Beweiserhebungen im Revisionsverfahren freizusprechen! Die erlittene Gefängnisstrafe ist für das geringe Vergehen des Beschuldigten vom Gericht als ausreichend angesehen worden."
Auch der Staatsanwalt schloß sich den Ausführungen des Richters an …
ENDE
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