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Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Titel: Kommissar Morry - Der Judas von Sodom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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jung. Und einen solchen Mann findet man nicht alle Tage. Man muß ihn mit allen Mitteln festzuhalten suchen. Eine Weile spielte sie mit dem Gedanken, ihr Kostüm auszuziehen und dafür einen hauchdünnen Seidenmantel anzulegen. Aber dann ließ sie es doch sein. Es erschien ihr zu frivol. Ein kleiner Rest von Scham war doch noch in ihr. Um elf Uhr war alles getan. Stephanie stellte sich in die Mitte des Zimmers und wartete. Es wird ihm sicher gefallen, dachte sie. Besser könnte er es doch gar nicht bekommen. Er ist in Zukunft nicht mehr auf fremde Lokale angewiesen. Er kann mich hier besuchen, sooft er will. Ich werde ihn niemals vor dem Morgen wegschicken.
    Der Zeiger der kleinen Weckeruhr wanderte weiter. Es war bereits zehn Minuten nach elf. Und noch immer war nichts von James Hatfield zu sehen. Stephanie Malet grub enttäuscht die Zähne in die weichen Lippen. Ihre Augen wurden dunkel vor Ärger. Ungeduldig begann sie im Zimmer hin und her zu wandern. Die Flaschen und Gläser blitzten sie höhnisch an. Dann drang plötzlich das Schrillen des Telefons in die Stille. Stephanie Malet wußte sofort, daß der Anruf nur ihr gelten konnte. Hastig schritt sie in den Flur hinaus. Erregt nahm sie den Hörer ab. Atemlos murmelte sie ihren Namen.
    „Hier ist James Hatfield“, klang es gedehnt durch die Leitung. „Ich war leider am Kommen verhindert. Es tut mir leid. Vielleicht klappt es morgen . . .“
    Stephanie Malet umkrampfte den Hörer, als müßte sie daran Halt suchen. „Wo bist du?“ fragte sie bitter.
    „Im Mulatten Klub am Sodom Wall.“
    „Was tust du dort?“
    „Ich habe ein kleines Geschäft zu erledigen. Es ist wichtig. Es läßt sich nicht auf schieben.“
    Das war alles. Das war seine ganze Entschuldigung. Mehr hatte er ihr nicht zu sagen.
    Empört hängte Stephanie Malet den Hörer ein. Als sie in ihr Zimmer zurückkehrte, lachte sie gequält auf. Gereizt begann sie den Tisch abzuräumen. Klappernd stellte sie die Teller ins Büfett. Das Sofa, auf dem sie mit James Hatfield hatte sitzen wollen, streifte sie mit einem bitteren Seitenblick. Was jetzt, dachte sie. Was soll ich mit diesem traurigen Abend beginnen. Ich kann doch jetzt nicht schlafen gehen. Ich könnte kein Auge zu tun. Ich hätte ständig das Bild eines dunklen, verschlossenen Gesichts vor mir. Die Eifersucht begann sie zu quälen. Wußte sie denn überhaupt, ob James Hatfield im Mulatten Klub allein war? Vielleicht hatte er eine andere bei sich? Am Ende gar eine Kollegin aus der Austern Bar . . .?
    Dieser Gedanke machte Stephanie Malet verrückt. Sie sah auf einmal rot. Ohne eigentlich zu wissen, was sie tat, zog sie einen Mantel an. Sie nahm ihre Handtasche aus dem Schrank und versah sich mit Geld.
    „Ich werde zu ihm gehen“, murmelte sie mit schmalen Lippen. „Ich werde ihn fragen, warum er nicht gekommen ist. Es muß einen Grund haben. Kein Mann verschmäht ein Mädchen, das ihm soviel zu bieten hat wie ich.“
    Sie verließ das Zimmer. Sie ging die Treppe hinunter. Kein Mensch beobachtete sie, als sie das kleine Boardinghouse verließ. Mit einem Nachtbus fuhr sie nach Wapping. An der großen Themsebrücke stieg sie aus. Ihr Weg führte sie an der Austern Bar vorüber. Sie ging um das graue Gebäude herum und stand ein paar Minuten später am Sodom Wall. Bleiche Nebelschleier hingen über dem Fluß. Das Eisengeländer glänzte feucht vom Dunst. Die Laternen waren trübe Flecke in der Dunkelheit. Stephanie Malet war nicht so ängstlich wie Kate Hugard, die ein paar Nächte vorher diesen Weg gegangen war. Sie dachte an keine Gefahren. Sie dachte lediglich an James Hatfield, dem sie gleich gegenüberstehen würde. Sie hatte es sich ganz einfach vorgestellt, mit ihm ins Gespräch zu kommen und spöttisch über seine verlegenen Ausreden zu lächeln. Aber als sie nun vor der Hintertür des Mulatten Klubs stand, zögerte sie doch eine ganze Weile, bevor sie den Fuß über die Schwelle setzte. Ihr Vorhaben erschien ihr auf einmal kindisch. Was hatte sie in einem Lokal zu suchen, in dem der übelste Abschaum von Wapping und Limehouse verkehrte. Sie hörte heisere Negersongs aus dem Gastzimmer dringen. Dazwischen vermischten sich einige kehlige Laute von Malaien und Chinks. Der beklemmende Hauch des Lasters strömte Stephanie Malet entgegen. Sie stand noch immer zwischen Tür und Angel. Sie kämpfte einen langen sinnlosen Kampf. Am Ende ging sie ja doch zu ihm hinein. Sie konnte einfach nicht anders. Sie verließ sich auf ihr Gefühl. Auf

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