Kommissar Morry - Dunkle Maechte
er, „endlich ist der schwarze Pit einmal auf frischer Tat erwischt worden. Leider haben Sie mir den Rang abgelaufen“, gab er ehrlich zu, „schon seit Jahren bin ich diesem Burschen auf der Spur. Er war immer schneller als ich. Aber nun hat er seinen Meister gefunden, wir wollen doch mal sehen, was der Kleine in der Tasche hat.“
Triumphierend holte er einen Revolver hervor. „Das genügt“, lachte er siegestrunken, „der schwarze Pit wird uns für einige Jahre nicht mehr ärgern. Und wen haben wir denn hier noch, ach, der gute Maurice, wie lautet Ihre Anklage, Kommissar?“
„Maurice Gabin hat mich mit entsicherter Waffe bedroht.“
„Das ist ja wunderbar“, rief Inspektor Samson und rieb sich vergnügt die Hände, „da kommt auch dieser Halunke eine ganze Weile auf Nummer sicher. Ja, da ist ja auch noch unser guter David Speelman. Der hat sich doch in den letzten Jahren ganz manierlich auf geführt. Wie konntest du nur wieder rückfällig werden, David“, rief der Inspektor vorwurfsvoll und stieß den Koloß in die Seite, der sich gerade wieder einmal mühselig erhob.
„Von mir erfahren Sie nichts“, leierte David Speelman herunter, „es ist alles ein Mißverständnis, ich verlange sofort mit meinem Rechtsanwalt zu sprechen.“
„Rechtsanwalt?“ spottete Kommissar Morry, „den kannst du dir doch gar nicht leisten, Kleiner, du weißt doch, das ist eine sehr teure Angelegenheit. Und da du in den letzten Jahren keiner regelmäßigen Arbeit nachgegangen bist, kann es doch um deine Finanzen nicht sehr gut bestellt sein.“
Der schwerfällige Koloß rieb sich die Nase und Morry war überrascht, als er schlagfertig entgegnete: „Ich hatte eben des öfteren Glück im Spiel.“
Mit schnellen Schritten trat Morry auf ihn zu, blickte ihn drohend an und sagte:
„Es würde mir nicht schwerfallen, euch zu beweisen, daß ihr das Falschspiel berufsmäßig betrieben habt. Auch John Withman habt ihr gehörig ausgenommen. Mir genügt es aber schon, daß ihr gewaltsam bei mir eingedrungen seid und mich mit der Waffe bedroht habt. Los, Inspektor Samson, schaffen Sie die Halunken fort. Aber sperren Sie die Kerle nicht gemeinsam in eine Zelle. Mit den Gentlemen unterhalte ich mich später noch, vielleicht haben sie sogar mit John Withman gemeinsame Sache gemacht.“
„Kommissar, ich schwöre Ihnen, daß wir mit der gemeinen Mordtat nichts zu tun haben“, brüllte der schwarze Pit auf.
*
In dieser Nacht noch leistete Kommissar Morry eine Riesenarbeit. Pausenlos verhörte er die Gangster der Reihe nach, ließ sie wieder in ihre Zellen zurückführen, um sie sich wenige Minuten später wieder vorführen zu lassen. Am zähesten war Maurice Gabin. Er verteidigte sich verbissen. Der schwarze Pit redete überhaupt nicht. Aber der schwache Punkt dieses Dreigestirns war David Speelman, der Koloß, dessen Hirn ein wenig unterentwickelt war. Im Morgengrauen hatte Morry ihn so weit, daß er auspackte. Als der Kommissar dem schwarzen Pit das Geständnis seines Komplizen vorlas, bekam er einen Wutanfall. Man mußte den Tobenden gefesselt in seine Zelle zurückbringen.
*
Unwillig blickte Inspektor Webb auf, als gegen seine Amtszimmertür geklopft wurde. Er war erst vor wenigen Minuten zurückgekommen und war nun nicht gerade sehr erbaut darüber, schon jetzt gestört zu werden. Jim Rachow betrat den Raum und sagte: „Draußen steht ein Mister Holger, der Sie gern sprechen möchte, Inspektor.“
„Holger?“ schüttelte verwundert James Webb den Kopf, „den Namen kenne ich nicht. Was will der Mann von mir, können Sie die Sache nicht erledigen?“
„Wohl kaum“, gab Jim Rachow zu bedenken, „immerhin ist Mister Holger Kriminalreporter der Londoner Abendpost. Sie wissen, Inspektor, solche Herren muß man ja bekanntlicherweise mit Glacehandschuhen anfassen.“
„Auch das noch“, stöhnte James Webb, „mir bleibt aber auch nichts erspart. Also lassen Sie den Burschen eintreten, und merken Sie sich, nach einer knappen halben Stunde erscheinen Sie und bestellen mir, daß ich ins Stadthaus muß, verstanden?“
Schon wollte sich der Kriminalassistent abwenden, als der Inspektor ausrief: „Ich bitte Sie, Rachow, während der Unterredung hier im Zimmer zu bleiben, das ist mir angenehmer. Zeitungsleute sind mir immer ein wenig unheimlich und wenn schon die Abendpost ihren Kriminalreporter hierher schickt, so haben die Leute bestimmt einiges auf dem Herzen, was mir sicher nicht gefallen wird. Wenn Not am Mann
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