Kommissar Morry - Dunkle Maechte
sein sollte, Rachow, dann müssen Sie mir behilflich sein, daß wir den Kerl schnellstens loswerden.“
Nach wenigen Sekunden betrat der sogenannte Kriminalreporter das Amtszimmer, verneigte sich mit einem charmanten Lächeln und begrüßte fast überschwenglich den Leiter der Mordinspektion von Thounden. „Es ist mir eine besondere Ehre“, begann Morry, „Sie persönlich kennenzulernen, Inspektor Webb. Sie werden es mir sicher gestatten, daß ich nachher einige Aufnahmen von Ihnen mache, ich werde Ihre Verdienste gebührend erwähnen, denn immerhin sind Sie der Mann, der den Fall John Withman überraschend schnell aufgeklärt hat. Vielleicht erteilen Sie mir auch die Erlaubnis, mich späterhin mit dem Mordverdächtigen einmal zu unterhalten. Schließlich liegt es im Sinne der Öeffentlichkeit, die darauf bestehen kann, nicht nur die Polizei zu hören, sondern auch den angeblichen Mörder.“
„Was heißt hier angeblicher Mörder“, unterbrach Inspektor Webb mit scharfer Stimme seinen Besucher.
„Ach, er hat schon gestanden?“ rief überrascht Morry aus.
„Gestanden hat er zwar noch nicht“, gab Webb zögernd zu, „aber die Beweise reichen aus, um ihn zu verurteilen. Wenn schon sein eigener Vater in ihm den Mörder sieht . . .“
„Darf ich noch einmal unterbrechen“, warf Morry mit einem entwaffnenden Lächeln ein, „Richard Withman ist doch eigentlich nur der Stiefvater, aber das ist ja im Augenblick unwichtig, mich interessiert jetzt nur der junge Mann, dessen Lebensweg ich sehr genau kenne.“
„Warum interessieren Sie sich eigentlich so sehr für diesen Fall, Mister Holger“, fragte unwillig Inspektor Webb, „sind Sie vielleicht mit John Withman befreundet?“
„Aber nein“, rief Morry abwehrend aus, „mich interessiert sein Fall nur als Reporter. Zwar sind mir einige Bedenken gekommen.“
Spöttisch unterbrach ihn Inspektor Webb: „Darf ich einmal fragen, welcher Art Ihre Bedenken sind? Vielleicht kann ich sie Ihnen zerstreuen. . . “
„Vielleicht“, räumte Morry ein und ohne zu zögern ging er auf sein Ziel los. „Da wäre also die erste Frage: halten Sie es wirklich für möglich, daß ein Mann von dem Bildungsgrad des Verhafteten einen derartig primitiv ausgeführten Raubmord an seiner Stiefschwester begeht? Er gibt doch selbst zu, in der Nähe des Tatortes gewesen zu, sein, er gab auch freiwillig zu, zu der fragwürdigen Zeit sich im Wald auf gehalten zu haben, und glauben Sie wirklich, Inspektor, daß der Mann dann ausgerechnet die elf Zehnpfund-Noten in seiner Brieftasche mit sich herumgetragen hätte, wenn er der Raubmörder wäre? Nein, das ist kaum glaubhaft. Der junge Mann hatte genug Gelegenheit, das Geld zu verstecken; wenn er der Täter war, mußte er auch damit rechnen, daß er verdächtigt wurde.“
Morry lag es nur daran, Inspektor Webb unsicher zu machen. Er hatte sich aber geirrt. James Webb lachte breit auf und entgegnete: „Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen den Fall bearbeitet! Sie, mein lieber Mister Holger, sehen die Angelegenheit von Ihrem Gesichtspunkt als Reporter, das ist nur verständlich, aber die Praxis sieht immer anders aus. Entscheidend für die Anklage war, daß John Withman nicht nachweisen konnte, wie er zu der Geldsumme kam, die er bei sich trug. Er will angeblich das Geld beim Pferderennen gewonnen haben!“
Ohne darauf einzugehen, verbeugte sich Morry und bat nun: „Es wäre für mich sehr interessant, diesen John Withman einmal persönlich zu sehen. Wissen Sie, Herr Inspektor, wenn man einen Bericht über einen Menschen schreiben soll, kann man ihn natürlich ganz anders gestalten, wenn man der Person von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden hat.“
Verständnisvoll nickte James Webb, wandte sich seinem Mitarbeiter zu und sagte:
„Führen Sie Mister Holger zu dem verhafteten John Withman.“
Während die beiden Männer durch die langen Gänge dahinschritten, flüsterte Morry dem ihm begleitenden Jim Rachow hastig zu: „Ihr Inspektor gefällt mir. Er ist ein aufrechter Mann.“
Leise fragte der Kriminalassistent zurück: „Sie sind also von der Schuld John Withmans überzeugt?“
Freundlich klopfte Morry dem jungen Beamten auf die Schulter: „Das will ich damit nicht gesagt haben. Warten wir aber erst einmal ab.“
Als Jim Rachow Anstalten traf, mit ihm die Zelle John Withmans zu betreten, winkte Morry ab und sagte: „Lassen Sie mich mit dem Mann allein, das halte ich für besser.“
„Das ist aber gegen die
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