Kommissar Morry - Dunkle Maechte
Tür öffnete, die in das Gastzimmer führte, atmete er tief durch. Wie würde ihn der Vater empfangen? Hoffentlich hatte der Reporter ihn schon vorbereitet; er warf erst einmal einen fragenden Blick auf den angeblichen Harry Holger, der an der Seite seines Vaters saß. Dieser nickte ihm aufmunternd zu. Der Mann hatte sein Wort gehalten. Stumm standen sich Vater und Sohn gegenüber. Ergriffen betrachtete der alte Withman seinen Stiefsohn. In den letzten Tagen war mit dem Wirt eine sichtbare Veränderung vor sich gegangen. Nun, da er wußte, daß John kein Mörder war, war ihm eine schwere Last vom Herzen genommen. Von Tag zu Tag besserte sich sein Zustand und er war fast wieder der Alte, als John das Gastzimmer betrat.
„Vater“, stammelte der junge Mann und warf sich dem Stiefvater an die Brust.
„Mein Junge“, stammelte der Alte und schämte sich nicht der Tränen, die ihm über die Wangen rollten. Nachdem die erste Begrüßungsfreude sich gelegt hatte, reichte John Withman Kommissar Morry die Hand, blickte ihn mit leuchtenden Augen an und flüsterte ergriffen: „Ich danke Ihnen, Mister Holger, ich weiß, daß ich Ihnen meine Freiheit zu verdanken habe. Ich werde alles tun, um mich Ihres Vertrauens würdig zu erweisen.“
Aufmunternd nickte Morry noch einmal dem jungen Withman zu, dann, verließ er das Gastzimmer, um Vater und Sohn allein zu lassen. Er selbst war mit der bisherigen Entwicklung keineswegs zufrieden. Sein gestriger Besuch bei Mrs. Robin hatte die Angaben des Hausknechtes bestätigt. Morry war nicht gerade guter Laune, als er durch die Straße des Städtchens dahinging. Als er in eine Seitengasse einbog, stieß er ausgerechnet auf Inspektor Webb.
„Ach der Herr Kriminalreporter“, begrüßte ihn der Beamte und sah ihn prüfend an. „Das ist aber eine Überraschung. Sie sind ja noch immer hier in Thounden, haben Sie noch immer nicht genug Material zusammen? Ach so“, lachte er kurz auf, „Ihnen fehlte noch die große Szene zwischen Vater und Sohn, die haben Sie ja nun erlebt. Was also hält Sie noch hier in unserer Stadt?“
„Es gefällt mir ganz ausgezeichnet in Thounden“, lächelte Morry zurück, „ich mache hier gleich ein paar Tage Urlaub.“
„Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren“, unterbrach ihn unwirsch der Inspektor, „daß die Entlassung John Withmans Ihrem Konto zuzuschreiben ist!“ Und er blickte Morry bei diesen Worten fragend an.
„Aber Inspektor, welchen Einfluß soll ich als Reporter auf Scotland Yard haben?“
Als sich Morry verabschieden wollte, hielt ihn James Webb zurück: „Sagen Sie mal, Mister Holger, kennen Sie eigentlich Kommissar Morry? Er ist doch der beste Mann vom Yard, ich habe gehört, er soll ein recht überheblicher Herr sein.“
„Ich habe mit ihm nur die besten Erfahrungen gemacht“, entgegnete Morry im überzeugten Ton, „man muß ihn nur zu nehmen wissen. Vor allen Dingen würde ich Ihnen raten, ihn seine eigenen Wege gehen zu lassen. Ich meine, wenn er wirklich hier in Thounden auftauchen sollte, wie Sie ja vermuten.“
„Das beruhigt mich einigermaßen“, entgegnete Inspektor Webb aufatmend, „also Sie sind der Überzeugung, daß man mit ihm ganz gut zusammen arbeiten kann.“
Morry mußte ein Lächeln unterdrücken. Er spürte die Unruhe des Inspektors und so klopfte er dem anderen gutmütig auf die Schulter und sagte: „Ich kann schon sagen, daß ich mit Kommissar Morry recht gut befreundet bin. Wenn er hier auftauchen sollte, dann benachrichtigen Sie mich am besten.“
Kräftig erwiderte James Webb den Händedruck des angeblichen Reporters. „Verleben Sie noch recht gute Ferien hier“, rief er, „natürlich werde ich von Ihrem Angebot Gebrauch machen. So long, Mister Holger.“
Nachdem Morry sich von dem Inspektor getrennt hatte, begab er sich in den Wald an den Tatort. Dort kam er auch nicht weiter. „Zum Teufel“, knurrte er, „der Mörder ist doch ein Mensch aus Fleisch und Blut, fast habe ich das Gefühl, gegen ein Phantom zu kämpfen. Aber dennoch, ich gebe nicht nach und werde ihn zur Strecke bringen, das bin ich Peter Egan schuldig!“ Da geschah das Entsetzliche: der Mörder schlug wieder zu.
*
Es war Mittagszeit. Im Walde herrschte eine fast feierliche Stille. Verträumt schritt Mary Douglas dahin. Das junge Mädchen hatte eine romantische Seele und liebte die Stille der Natur. Jetzt näherte sich das Mädchen dem kleinen Bach, der sich durch den Wald schlängelte, Unwillkürlich stockte Marys
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