Kommissar Morry - Dunkle Maechte
Würde bewußt und gab ebenso heftig zurück: „Ich gab den Leuten den Auftrag, Inspektor, und das mit Recht. Wir mußten auf jeden Fall versuchen, nach dem Mörder zu suchen, vielleicht hätten wir ihn noch erwischen können.“
„Ja, ja, vielleicht“, spottete Inspektor Webb, „aber dazu gehört schon ein wenig mehr, als sich so ein Laie vorstellt. Meinen Sie etwa, daß dieses Untier sich nach seiner Tat noch an dem An=blick seines Opfers ergötzt hat? Habt ihr eine Ahnung, der hat sofort das Weite gesucht. Und wir stehen nun hier, und haben keinen Anhaltspunkt . . .“
Nun schaltete sich der Untersuchungsrichter ein: „Genau wie bei Patricia Withman . . . Die Bestie hat wieder zugeschlagen, darauf habe ich nur gewartet.“
„Was sagen Sie da“, empörte sich der Bürgermeister. „Sie haben darauf gewartet? Die Polizei ist dafür da, Morde zu verhüten, nicht aber, um darauf zu warten, bis sich solch Unhold ein neues Opfer sucht . . . Wenn man so etwas hört, könnte man rasend werden.“
Inspektor Webb hatte dem Bürgermeister beruhigend die Hand auf den Arm gelegt und sagte: „Der Mörder ist vielleicht ein krankhaft veranlagter Triebmensch. Ich glaube, ich komme ihm bald auf die Spur. Sagen Sie, Mister Burke, sind Sie nicht mit den Withmans verwandt?“
„Das stimmt“, bestätigte Jack Burke, „doch warum fragen Sie?“
„Nicht hier“, beschwor ihn James Webb, „das hat später noch Zeit!“
Kriminalassistent Rachow, der sich nach Spuren umgesehen hatte, hatte das Gespräch der beiden Männer mitangehört. Durch das erregte Gebaren des Inspektors aufmerksam gemacht, hatte sich Jim Rachow hinter einem Gebüsch verborgen und seinen Vorgesetzten beobachtet. Bei den Worten des Inspektors rann es Jim Rachow heiß über den Rücken. Er mußte sich nachher sofort mit Kommissar Morry in Verbindung setzen. Er hatte das unangenehme Gefühl, daß James Webb wieder etwas gegen John Withman im Schilde führte. Als die Männer im Wald ihre traurige Pflicht erfüllt hatten, machten sie sich auf den Heimweg. Inspektor Webb und Bürgermeister Burke hatten sich abgesondert. Nachdenklich gingen sie nebeneinander her, bis sich James Webb beschwörend an den anderen wandte: „Ich bin noch nicht sehr lange in Thounden ansässig, Herr Bürgermeister, und kenne daher die Verhältnisse der Umgebung nicht so genau. In welchem Verwandtschaftsverhältnis stehen Sie eigentlich zu den Withmans?“
„Meine verstorbene Frau“, erklärte der Bürgermeister bereitwillig, „war die Schwester Richard Withmans.“
„Hat Sie nicht gestern Ihr Neffe John aufgesucht?“ fragte plötzlich zusammenhanglos James Webb.
„Woher wissen Sie das?“ lächelte Jack Burke, „ja, das stimmt. Er war um die Mittagszeit kurz bei uns. Er hat viel durchgemacht in der letzten Zeit, der arme Junge, es ist ja wirklich kein angenehmes Gefühl, unschuldig im Gefängnis zu sitzen. Doch Gott sei Dank hat sich ja nun alles aufgeklärt.“
„Noch gar nichts hat sich aufgeklärt“, unterbrach ihn Inspektor Webb heftig. Als ihn der Bürgermeister verständnislos anblickte, erkannte er wohl, daß er zu weit gegangen war und so lenkte er ein. „Verzeihen Sie bitte, Mister Burke, aber diese neue Mordtat hat mich ganz aus dem Gleichgewicht gebracht. Ich habe da eine Vermutung, aber ich weiß nicht, ob ich mich Ihnen anvertrauen darf.“
„Reden sie nur“, forderte ihn der Bürgermeister auf. „Sie können sich doch denken, daß ich genau wie Sie daran interessiert bin, daß der Unhold so schnell wie möglich hinter Schloß und Riegel gebracht wird.“
Einen Augenblick zögerte der Inspektor noch, dann forschte er: „Was halten Sie eigentlich von Ihrem Neffen John.“
„Der Junge ist an sich in Ordnung“, erklärte Burke wohlgefällig, „ich mag ihn recht gut leiden. Zwar ist er ein Bruder Leichtfuß gewesen, aber wir waren in unserer Jugend auch keine Engel. Daß die Mädchen Gefallen an ihm finden, kann ich verstehen, denn er ist ein hübscher Bursche, und warum soll er seine Jugend nicht genießen? Erst vorgestern Abend traf ich John mit Mary Douglas, wie sie Arm in Arm lustwandelten.“
„Das ist aber interessant“, konnte sich James Webb nicht enthalten, auszurufen. Fast übergangslos verabschiedete er sich ziemlich brüsk von dem Bürgermeister und wandte sich hastig ab. Schon nach kurzer Zeit stand Inspektor Webb vor der Mutter des ermordeten Mädchens, die zusammengesunken in einem Sessel hockte und haltlos vor sich
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