Kommissar Morry - Dunkle Maechte
und sagte: „Bitte, Mister Holger, bleiben Sie doch noch einige Minuten hier.“
Über den Ton des Inspektors wunderte sich Morry. Die harte Stimme des Beamten war wie zerbrochen. Richard Withman stand hinter dem Schanktisch. „Gib mir einen Whisky“, bat James Webb, „einen doppelten, ich kann ihn gebrauchen. Nimm du aber auch gleich einen, denn was du jetzt zu hören bekommst, ist schrecklich.“
Morry wußte sofort, daß es sich nur um John Withman handeln konnte. Sicherlich hatte der Inspektor das Versteck des jungen Mannes ausfindig gemacht. Aber das wäre doch kein Grund gewesen, so erregt zu sein. Er stand aber mit hängenden Armen da und wußte dem Anschein nach nicht, wie er beginnen sollte. Auch der alte Withman schien etwas zu ahnen. „Ich will nichts wissen“, stieß er grimmig aus, „mich interessiert John nicht mehr, verstehst du!“
Inspektor Webb setzte das Glas ab. Ungläubig blickte er Richard Withman an. „Es tut mir leid“, erklärte er nun, „ich kann es dir nicht ersparen. John hat sich selbst gerichtet!“! Nun war es raus. Das war wohl die kürzeste Rede, die Inspektor Webb bisher gehalten hatte. Die Überbringung dieser Botschaft hatte ihm auf der Seele gelegen und nun war er erstaunt, den alten Wirt unbewegten Gesichtes vor sich zu sehen. Es war ihm, als wären die Gesichtszüge Richard Withmans erstarrt, eingefroren.
„So“, knarrte nun die Stimme des schwergeprüften Mannes auf, „er hat sich selbst gerichtet, das war das beste, was er machen konnte.“
Kommissar Morry dagegen stand wie vom Blitz getroffen da. Nun packte er die Schultern James Webbs und brachte aufgeregt hervor: „Bitte berichten Sie etwas ausführlicher, Inspektor. Was heißt hier John Withman hat sich selbst gerichtet, aus welchem Anlaß eigentlich, hatten Sie ihn in die Enge getrieben . . .?“
„Wie reden Sie denn mit mir“, gab Inspektor Webb gereizt zurück, „schließlich bin ich Ihnen keine Rechenschaft schuldig. Nun haben Sie ja Ihre Story“, sagte er bitter, „aber die scheint Ihnen nicht zu gefallen, Mister Holger. Sie waren ja von der Unschuld John Withmans überzeugt und nun schmeckt es Ihnen nicht, daß Sie um Ihre große Szene gekommen sind!“
„Reden Sie nicht so ein dummes Zeug“, entgegnete Morry gereizt, „hier geht es um mehr, haben Sie verstanden . . . Wie ist es übrigens, haben Sie schon alles Nötige veranlaßt, oder soll ich den Polizeiapparat in Bewegung setzen.“
„Das möchte ich Ihnen nicht raten“, gab Inspektor Webb gereizt zurück. „Sie benehmen sich ein wenig zu selbstherrlich, junger Mann.“
Ohne ein Wort zu sagen, zeigte Morry ihm seinen Ausweis. In das Schweigen hinein sagte er: „Ich bin Kommissar Morry. Bitte erstatten Sie mir nun Bericht, Inspektor.“
Die Beherrschung, die James Webb nun zeigte, war bewundernswert. Einen kurzen abwägenden Blick warf er auf den berühmtesten Beamten des Yards, dann begann er mit seinem Bericht. Am Schluß seines Vortrages gestand er, schonungslos gegen sich selbst, seine Schuld ein. Morry hatte kein Wort zu der ganzen Sache gesagt, nun erhob er sich mit einem Ruck und bat: „Begleiten Sie mich, Inspektor, ich möchte nach Lindley hinüber und mich selbst einmal umsehen. Merken Sie es sich aber, daß ich den anderen gegenüber weiter der Kriminalreporter Holger sein werde. Es ist möglich, daß ich mich auch einige Tage in Lindley aufhalten werde.“
Unwillkürlich stutzte James Webb. Was bezweckte der Kommissar damit? Der Fall war doch abgeschlossen. John Withman hatte durch seinen Selbstmord alles eingestanden! Als die beiden Männer das Gasthaus verließen, stand Richard Withman vor der Tür. Da er sich draußen befunden hatte, war ihm die Unterhaltung der beiden entgangen und er wußte nicht, daß der angebliche Kriminalreporter ein Kommissar des Scotland Yards war. Wortlos bestiegen die beiden Beamten den Wagen. Was sollten sie dem alten Mann sagen. Trost konnten sie ihm keinen geben. Fast zu gleicher Zeit mit den Beamten der Mordkommission erreichten sie das Haus des Bürgermeisters von Lindley. In seiner lärmenden Art empfing Jack Burke die Beamten. Als er Kommissar Morry bemerkte, sagte er: „Wir sehen uns unter sehr traurigen Umständen wieder, Mister Holger.“ Nun wandte er sich Inspektor Webb zu und fuhr mit ernster Stimme fort. „Ich habe John vom Fenster abgenommen, ich konnte es nicht mitansehen, es war nicht zu ertragen, ich habe ihn in mein Zimmer getragen. . .“
„Das hätten Sie nicht
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