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Kommissar Morry - Ich habe Angst

Kommissar Morry - Ich habe Angst

Titel: Kommissar Morry - Ich habe Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Sekunde am Radio herum. Sie drehte den Lautsprecher auf und ließ das Tonband laufen.
    „Guten Abend, Mr. Boswell", ertönte es gleich darauf aus dem Apparat. „Leider konnte ich Sie nicht selbst begrüßen. Ich mußte dringend weg. Sie sollen einen kleinen Auftrag übernehmen, Mr. Boswell! Ziemlich harmlose Sache. Wie Sie wissen, haben wir jetzt Lydia Brandon fest in der Hand. Begleiten Sie die junge Dame nach Mala Green. Sie wird im letzten Abteil des Vorortzuges sitzen, der morgen früh um 9.25 Uhr die Victoria Station verläßt. Lassen Sie Lydia Brandon keinen Moment aus den Augen. Sie sind mir dafür verantwortlich, daß die Dame keine Dummheiten macht. Löschen Sie jetzt das Band. Ich wiederhole: Löschen Sie das Band!" Jack Havard hatte rasch sein Notizbuch hervorgezogen, um sich den Namen des Mädchens und die Abfahrtszeit des Zuges aufzuschreiben. Esther Harras sah ihm mit großen Augen zu.
    „Was tun Sie denn da, Mr. Boswell?" rief sie erregt. „Sie wissen doch, daß Alban Lampard schriftliche Notizen strengstens verboten hat. Deshalb sollen wir ja auch das Tonband löschen. Es darf kein Wort von unseren neuen Plänen für neugierige Augen sichtbar bleiben."
    Sie starrte Jack Havard noch immer vorwurfsvoll und argwöhnisch an. Sie sah, daß er ein Blatt aus seinem Notizbuch riß und es über seinem Feuerzeug verbrannte. Er tat es lässig und schweigsam. Kein Wort kam über seine Lippen. Inzwischen löschte Esther Harras das Band und schaltete den Apparat aus. Dann stand sie da und wußte nicht recht, was sie nun beginnen sollte.
    „Wir sind fertig", meinte sie nach längerem Zögern. „Hier gibt es nichts weiter für uns zu tun. Wir können gehen."
    Jack Havard tat, als hätte er nicht gehört. Er saß wie festgeleimt in seinem Sessel.
    „Gibt es hier nichts zu trinken?" fragte er.
    „Aber natürlich, Mr. Boswell! Das wissen Sie doch! Sie sind ja schließlich nicht zum erstenmal hier." Sie nahm eine Flasche aus der Hausbar, füllte ein Glas mit wasserhellem Gin und trug es zu Jack Havard hin. „Hier!" sagte sie mit ihrem betörenden Lächeln. „Bedienen Sie sich! Auf Ihr Wohl!"
    „Trinken Sie nicht mit?" fragte Jack Havard. „Wir könnten uns noch ein wenig unterhalten. Ich möchte gern einiges von Ihnen wissen. Wie lange Sie schon bei unserem Verein sind, zum Beispiel. Und was Sie hier zu tun haben."
    Er hatte wieder eine Dummheit gemacht. Er sah es sofort. Esther Harras wurde merkwürdig zugeknöpft. Sie ging mit abgewandtem Gesicht an ihm vorüber.
    „Sie wurden mir ganz anders geschildert, Mr. Boswell", sagte sie mit seltsam schleppender Stimme. „Alban Lampard meinte, daß Sie verschlossen, wortkarg und ängstlich seien. Ich kann diese Meinung nicht teilen. Ich glaube nicht, daß Sie besonders furchtsam sind. Auch das mit Ihrer Schweigsamkeit dürfte nicht ganz stimmen."
    Jack Havard nahm einen kleinen Schluck aus seinem Glas. Ich muß vorsichtiger sein, dachte er. Man merkt sonst sofort, daß ich ein Anfänger bin in diesem Fach. Wenn ich das gewagte Spiel schon mitmache, dann möchte ich es auch gewinnen. Laut sagte er: „Wollen Sie wirklich nicht bleiben? Wir könnten dann zusammen Weggehen."
    Aber Esther Harras war auch mit diesem Vorschlag nicht einverstanden. Sie hatte es auf einmal merkwürdig eilig. „Ich habe noch einen dringenden Gang", sagte sie. „Bis zum nächsten Mal also, Mr. Boswell! Verschlafen Sie morgen nicht. Auf Wiedersehen!"
    Jack Havard sah ihr nach, wie sie in graziöser und anmutiger Haltung die Wohnung verließ. Er hörte sie die Treppe hinunter gehen. Dann wurde es allmählich still.
    Er war ganz allein in der Wohnung Alban Lampards. In einer Wohnung, die sicher viele Geheimnisse barg. Vielleicht war bereits hier das Rätsel zu lösen, dem sein Vetter Henry zum Opfer gefallen war. Man mußte nur alle Räume der Wohnung, den Schreibtisch und sämtliche Schränke untersuchen. Ein Kinderspiel eigentlich. Fragte sich nur, ob jetzt die passende Zeit dafür war. Was geschah, wenn Alban Lampard unerwartet zurückkehrte? Eine solche Ueberraschung konnte verdammt unangenehm werden. Sie konnte unter Umständen sogar den Tod bedeuten. Jack Havard überlegte noch immer hin und her, als plötzlich das Telefon läutete. Der elfenbeinfarbene Kasten stand unmittelbar nebenan auf dem Rauchtisch. Jack Havard brauchte nur die Hand danach auszustrecken. Er spürte, wie es ihm in den Fingern zuckte. Nervös griff er nach dem Hörer. Das Blut strömte rasch und ungestüm zu seinem

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