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Kommissar Morry - Terror um Mitternacht

Kommissar Morry - Terror um Mitternacht

Titel: Kommissar Morry - Terror um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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nach London gekommen. Versetzt. Das hinterließ auf den ersten Blick den Eindruck, als wäre er die Erfolgsleiter nach oben gepurzelt. Aber Nighel kannte in Sheffield den amtierenden Polizeiarzt, und von dem hatte er in Erfahrung bringen können, daß man Motley einfach abgeschoben hatte.
    Merkwürdigerweise gab es in Scotland Yard einen Mann, der fest an Motleys Tüchtigkeit glaubte. Das war kein geringerer als Kommissar Morry vom Sonderdezernat. Motley war diese Tatsache keineswegs verborgen geblieben. Sie bedrückte ihn eher, als daß sie ihn erfreute. Morry s Respekt bedeutete Verpflichtung, und eine Verpflichtung dieser Art war eine zusätzliche Belastung.
    „Hören Sie auf, Inspektor“, meinte Nighel. „Ich bin lange genug in diesem verdammten Beruf tätig, um mir ein Bild des Geschehens machen zu können. Sehen Sie sich den Stuhl an. Er liegt genau richtig. Ich meine, er liegt so, wie er liegen muß. Sie hat ihn mit dem rechten Fuß weggestoßen.“
    „Ich habe da meine Zweifel.“
    „Lassen Sie hören“, meinte der Arzt müde.
    „Nehmen Sie einmal an, die Kleine hätte sich tatsächlich entschlossen, auf diese Weise aus dem Leben zu scheiden. Versetzen Sie sich mal in die Lage des Mädchens. Würden Sie nicht zaudern, den verhängnisvollen Tritt auszuführen?"
    „Klar.“
    „So. Nehmen wir weiter an, Sie wollten wirklich und endgültig Schluß machen. Sie überwinden das Zögern... und Ihr Handeln wird auf einmal von wilder Entschlossenheit geprägt... eine Art Panik überkommt Sie, nämlich die Furcht, Sie könnten es sich in letzter Sekunde anders überlegen. In diesem Moment, erfüllt von der ganzen Bitterkeit, die Sie zu der schrecklichen Tat zwingt, stoßen Sie den Stuhl beiseite...“
    „Na, und?“
    „Doktor, es scheint Ihnen nicht bekommen zu sein, daß Ihnen die Raviolis vorenthalten wurden.“
    „Erinnern Sie mich nicht daran.“
    „Meinen Sie nicht, daß in diesem letzten Stoß etwas von der ausweglosen Verzweiflung Ihres Empfindens liegen wird?"
    Nighel dachte nach. „Sie haben recht“, gab er dann zu. „Ich würde den Stuhl weit von mir stoßen... sehr weit sogar. Aber ich bin ein Mann. Meine Reaktionen können nicht mit dienen eines jungen Mädchens verglichen werden.“
    „In der von uns angenommenen Situation wird es kaum nennenswerte Unterschiede zwischen einem Mann und einem Mädchen geben.“
    „Was wollen Sie jetzt machen?“
    „Ich rufe die Mordkommission. Nachdem die Aufnahmen gemacht worden sind, müssen Sie die Tote untersuchen. Vielleicht finden sich Spuren, denen zufolge man sie erst getötet und dann in diese abscheuliche Lage gebracht hat.“
    „Klingt ein bißchen phantastisch, was?"
    „Lesen Sie den Zettel dort drüben.“
    Der Doktor gehorchte. Als er sich aufrichtete, meinte er: „Na, also! Ich habe es doch gleich gewußt. Selbstmord. Jetzt haben Sie sogar noch das Motiv. Sie sind ein wahrer Glückspilz, Motley. Nicht einmal Morry hätte den Fall schneller lösen können.“
    „Ich bin nicht Morry, und ich deutete schon an, daß der Fall weit von einer Lösung entfernt ist.“
    „Sie mit Ihren Theorien.“
    Motley hörte schon nicht mehr zu. Als er die Tür öffnete, um im Flur telefonieren zu können, wich Mrs. Blobber mit hochrotem Kopf zurück.
    „Entschuldigen Sie, bitte“, stotterte sie und schluckte. Man sah ihren spitzen Adamsapfel auf und niedergleiten. „Ich wollte gerade klopfen und fragen, ob Sie eine Tasse Kaffee wünschen."
    „Vielen Dank, das ist nichts für mich“, erwiderte Motley und marschierte zum Telefon. „Ich habe ein schwaches Herz. Aber sprechen Sie mal mit dem Doktor. Was er von Kaffee hält, kann ich Ihnen nicht sagen. Mit einem Teller Ravioli könnten Sie ihn jedenfalls erfreuen.“
    „Unsinn“, brummte der Doktor und trat auf die Schwelle. „Rufen Sie schon an. Ich habe keine Lust, mir die ganze Nacht um die Ohren zu schlagen.“

    *

    Sie vermochte selbst nicht zu sagen, was sie nachts mit einem Leuchter in der Hand durch das dunkle Haus trieb. Seit Roger, ihr Mann, gestorben war, fand sie nur noch wenige Stunden Schlaf. Ihr ganzes Leben war eine Kette von Sinnlosigkeiten geworden, denen sie, wie sie meinte, mit dem Kauf dieser Pension am Meer gleichsam die Krone aufgesetzt hatte. Aber was hätte sie denn sonst tun sollen? Von dem kleinen Vermögen, das ihr die Lebensversicherung ausbezahlt hatte, konnte sie nicht viel länger als acht oder zehn Jahre leben. Sie mußte sich also um etwas kümmern, sie war darauf

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