Kommissar Steen 01 - Unruhe
wegen dem, was er sagen könnte?«
»Nein.«
Die Antwort kam mit brüchiger Stimme.
Axel stand auf.
»Ich habe keine Fragen mehr. Ich sehe keinen Grund, dich länger hierzubehalten oder dich zu suspendieren, aber das ist nicht meine Entscheidung. Das ist Sache der Staatsanwaltschaft und der Chefs«, sagte er und nickte Ellermann zu.
Axel blieb nichts anderes übrig, als zu Corneliussen zu gehen und ihn über die jüngste Entwicklung in Kenntnis zu setzen. Er fühlte immer noch Unbehagen in sich aufsteigen, wenn ein Besuch beim Chef anstand, und erinnerte sich nur allzu deutlich an den Tag, als Corneliussen ihn zum ersten Mal zur Besprechung in sein Eckbüro einbestellt hatte. Der Chef hatte mit dem Profil zur Tür gesessen und aus dem Fenster gestarrt, als Axel durch die Tür trat.
»Setz dich«, hatte er geblafft, ohne sich umzudrehen, und Axel war sofort klar gewesen, dass ein ganzer Haufen schmutziger Wäsche gewaschen werden musste.
Er setzte sich in den Stuhl vor dem Schreibtisch des Leiters des Morddezernats, wo er so oft gesessen und neue Spuren oder Zeugenaussagen mit Henriksen, Corneliussens Vorgänger, besprochen hatte. Jetzt saß dort ein kleiner Schlumpf, die Hände über dem Bauch gefaltet, Däumchen drehend, und schien von Axels Anwesenheit keinerlei Notiz zu nehmen.
Ob er wohl selbst wusste, wie hässlich er war? Und wie die Kollegen ihn nannten? Vielleicht war es ihm egal. Vielleicht wusste er es, und vielleicht war es gerade das, was ihn antriebund auf den so begehrten Chefsessel des Kopenhagener Morddezernats gehievt hatte.
»Ich habe viel von dir gehört«, sagte Corneliussen. »Viel Gutes, aber noch viel mehr Schlechtes. Du bist ja richtig berüchtigt. Brutale Festnahmen, Schikanieren von Zeugen und Kollegen, ein Einzelgänger, für den keine Regeln gelten.«
Axel schwieg.
»Weißt du, warum ich einen Typen wie dich nicht leiden kann?«
»Nein.«
»Weil du kein richtiger Wachtmeister bist. Du bist nur ein Egotripper in Uniform, ein Freibeuter, der seine Marke benutzt, um die eigenen Frustrationen abzubauen. Du bist kein Mannschaftsspieler, und das kann ich nicht akzeptieren.«
Sogar seine Sprache war old school. Es war ein Menschenalter her, dass der Ausdruck ›Wachtmeister‹ unter den Kollegen gebräuchlich war – damals, als der Korpsgeist das Wichtigste war und ein Streifenpolizist seinen Schlagstock benutzte, bevor er fragte. Axel gab einen Scheiß auf den Korpsgeist – und er hatte nicht viel übrig für Polizisten der alten Schule mit ihrem mafiosen Sich-gegenseitig-Decken und ihrem rigiden Verständnis davon, was notwendig war, um einen Fall zu lösen.
Corneliussen hatte offensichtlich einen der bekannten Ausbrüche Axels erwartet, aber der hatte seine Klappe gehalten.
»Zurzeit genießt du noch einen gewissen Schutz aufgrund deiner früheren Verdienste und Verbindungen, aber sobald die Polizeireform abgeschlossen ist, bist du dran«, lautete die Prophezeiung damals.
Jetzt saß Corneliussen in genau der gleichen Position, wandte Axel die Seite zu und hörte sich völlig ausdruckslos den Bericht über die beiden Beamten an. Als Axel fertig war, fuhr sein Vorgesetzter herum und fauchte:
»Der Mord ist schon auf der Internetseite vom Ekstra Bladet, und die Hyänen bringen unsere Telefonzentrale zum Erliegenund wollen Kommentare haben. Es ist entscheidend, dass niemand erfährt, dass das Opfer ein Autonomer sein könnte. Und was Vang und Groes betrifft: Die beiden werden aus den Medien herausgehalten, und zwar komplett.«
»Früher oder später kommt es sowieso heraus, spätestens, wenn sie einem Haftrichter vorgeführt werden sollten«, sagte Axel.
Obwohl die Türen geschlossen blieben, hatte die Presse ein Recht auf Anwesenheit, während den Angeklagten die Anklageschrift verlesen wurde.
»Dann musst du die Sache eben vorher in den Griff kriegen! Entweder findest du heraus, dass sie unschuldig sind, oder wir haben etwas Konkretes gegen sie in der Hand. Prüf ihre Personalakten, gibt es Kontakte zur Naziszene oder zu sonst irgendwelchen Extremisten? Es wäre eine Katastrophe für das Korps, wenn sich zeigte, dass wir in die Sache verwickelt sind.«
»Ich tue, was ich kann.«
»Wie sieht das vorläufige Täterprofil aus?«
»So wenig dir das auch gefallen mag, aber alles deutet darauf hin, dass es sich um einen Mann handelt, der Zugang zum Friedhof hatte und die Absicht zu töten. Es ist kein Gelegenheitsmord, Opfer und Täter müssen sich auf irgendeine Weise
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