Kommissar Steen 01 - Unruhe
Anwälte in die Angelegenheiten einschalteten. Der Polizeichefinspektor zupfte seine Uniform zurecht und machte Anstalten zu gehen.
»Worum geht es dabei?«
»Das weiß ich nicht. Sie sind vom Dezernat Organisierte Kriminalität, also bezweifle ich mal, dass sie unter den – um es geradeheraus zu sagen – Arschlöchern, die wir eingebuchtet haben, fündig werden.«
Ein Journalist war zu ihnen gekommen.
»Wir gehen in drei Minuten live drauf, Rosenkvist.«
Das Lächeln. Und eine beruhigende Handbewegung. Dann wandte er sich wieder Axel zu.
»Ich warne dich noch einmal. Wenn irgendetwas durchsickert, bevor wir wissen, in welche Richtung die Ermittlungen laufen, und bevor wir einen Verdächtigen präsentieren können, kann das katastrophale Folgen für die Gesamtsituation haben. Mittlerweile sind jede Menge Ultraradikale aus Deutschland, Spanien und Italien angekommen. Ich will nicht, dass meiner Stadt mehr Schaden zugefügt wird als unbedingt nötig!«
Noch einmal durfte Axel das Presselächeln bewundern, dann wandte sich der Polizeichefinspektor den wartenden Reportern zu.
Axel ging die Treppe hinauf, die durch die Bereitschaft und einen Seitenhof zum Morddezernat führte. Die Ereignisse des Abends und der Nacht hatten ihre Spuren auf den Fluren hinterlassen. In der Bereitschaft stapelten sich die Visiere, Schutzschilde, Tränengasgranaten in offen stehenden Kisten, Paletten von Plastikwasserflaschen, Kartons voller Energieriegel, Helme und Brandschutzkleidung. Er sah auf die Straße, die an der Rückseite des Bunkers vorbeilief. Sie war an beiden Enden gesperrt. Hier wurden die ›Kunden‹ eingeschleust, einem Haftrichter vorgeführt und wanderten – so sie in Untersuchungshaft kamen – gleich weiter ins Rattenloch, wie der Gefängnistrakt des Bunkers von seinen Bewohnern genannt wurde. Die Absperrungen sollten verhindern, dass sich Sympathisanten zusammenrotten und einmischen konnten. Und sie machten sich gut im Fernsehen. Unterstrichen den Ernst der Lage und konnten in Erinnerung gerufen werden, wenn die nächste Diskussionsrunde über die Bewilligung zusätzlicher Mittel mit den Rechenkünstlern vom Finanzministerium anstand.
Im Morddezernat wimmelte es von Menschen. Auf dem Flur saßen etliche Polizisten in Schutzmontur, einige hatten sie bis zu den Stiefeln heruntergekrempelt und hockten in Thermounterwäsche da, andere schliefen in ihren Uniformen. Axel erkannte drei der Gesichter vom Tatort auf dem Friedhof wieder. Sie sahen ihn an, aber keiner von ihnen grüßte.
»Groes und Vang, sind die hier?«
Einige schüttelten den Kopf.
Die Büros lagen entlang des Flurs, allesamt mit einer eigenen Tür ausgestattet, gleichzeitig aber über Zwischentüren miteinander verbunden. Am Ende des Flurs befand sich ein Besprechungsraum, und dahinter hatte Corneliussen sein Eckbüro. Axel betrat sein eigenes Büro, dritte Tür links. An seinem Platz saß ein Mann im Anzug und verhörte einen Polizisten in voller Montur. Neben dem Beamten saß der Anwalt der Polizeigewerkschaft, den Axel bereits aus einigen Verfahren kannte, die ihn selbst betroffen hatten. Der Anzug stellte sich als Jens Ellermann, Rechtsreferendar bei der Staatsanwaltschaft, vor. Axel erkannte den Polizisten vom Friedhof wieder, Jesper Groes, blond, fettige Haare, verschwitztes Gesicht, bemüht entspannter Blick, der im Widerspruch zu der Sorgenfalte zwischen seinen Augenbrauen stand.
»Man hat uns dieses Büro zugewiesen. Wir machen eine kurze Pause«, sagte Ellermann.
»Das ist schon in Ordnung. Wir hatten ja schon auf dem Friedhof das Vergnügen, aber keine Gelegenheit, uns richtig vorzustellen«, sagte Axel an Jesper Groes gewandt. Er hielt dem Beamten die Hand hin, der sie zögernd ergriff. Sie war gerötet mit geschwollenen Fingerknöcheln.
»Möchtest du etwas trinken?«, fragte Axel.
Groes schüttelte den Kopf.
Axel ging in John Darlings Büro. Hier saßen ein Mann und eine Frau über Fotos der Festgenommenen gebeugt. Sie sahen nicht einmal auf.
Er trat wieder auf den Flur, wo Ellermann ihm entgegenkam. »Wie läuft’s mit ihm?«, fragte er den Juristen.
»Schwer zu sagen. Er und ein Kollege hatten den Auftrag, einen etwa zweihundert Meter langen Bereich im Auge zu behalten, in dem später die Leiche gefunden wurde. Und sie haben nichts gesehen.«
»Mir wurde zugesagt, dass ich bei den Verhören dabei seinkann. Keine Angst, ich werde mich nicht einmischen, es sei denn, Sie bitten mich darum.«
»Aus meiner Sicht geht das
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