Kommissar Steen 01 - Unruhe
zufällige Opfer eines entfesselten Lustmörders geworden? War es ein Raubmord gewesen? Dafür sprach nicht sehr viel.
»Ich glaube, der oder die Täter wollten etwas von ihm haben oder wissen, das er nicht liefern konnte. Deshalb wurde er geschlagen, bevor man ihn umbrachte«, sagte Axel.
John Darling kratzte sich am Kinn. Er hatte keine Gelegenheit bekommen, die lange Version seiner Bekannten-/Unbekanntenmord-Rede zu halten, sodass er ein wenig beleidigt dreinblickte.
Axel fuhr fort:
»Ich begreife einfach nicht, wie er dorthin kommen konnte. Kann er von außen über die Mauer geworfen worden sein? Das ergibt keinen Sinn. Er muss also innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden auf den Friedhof gekommen oder schon vorher da gewesen sein. Wir müssen davon ausgehen, dass das Opfer selbstständig auf den Friedhof gekommen ist und seinen Mörder vielleicht freiwillig getroffen hat.«
Darling nickte. »Einverstanden. Wir haben jetzt vier Prioritäten: Die Luftaufnahmen, Zeugenaussagen, die Untersuchungen auf dem Friedhof und die Identifizierung des Opfers.«
»Ist dir aufgefallen, dass wir die ganze Zeit nicht ein einziges Mal die Möglichkeit erwähnt haben, es könnte einer von unseren eigenen Leuten gewesen sein? Sobald die Sache mit der Sturmhaube raus ist, werden es alle so auslegen.«
John Darling sah nicht so aus, als bekäme ihm Axels Bemerkung sonderlich gut.
»Unsere eigenen Leuten? Vergiss es. Es kann ja sein, dass sie den Schlaf der Gerechten geschlafen und einen Mörder übersehen haben, aber wir sollten sie nicht verdächtigen, jemanden getötet zu haben, bevor wir nicht alle anderen Möglichkeiten ausschließen können. Warum sollten sie einen Demonstranten erwürgen? Sie hätten sich doch einfach damit begnügen können, ihm eine Tracht Prügel zu verabreichen und ihn vorübergehend einzubuchten«, sagte Darling.
»Vielleicht sind die Gäule mit ihnen durchgegangen. Wir können uns nicht erlauben, jemanden auszuschließen, nur weil er eine Uniform trägt.«
»Glaubst du wirklich, dass es so gewesen ist?«
»Ich glaube überhaupt nichts, aber eins ist merkwürdig – er sieht ja nicht aus wie ein Autonomer, er ist viel zu alt undscheint dem Aussehen nach auch kein Däne zu sein. Andererseits wimmelt es in der Stadt ja nur so von ausländischen Aktivisten. Könnte er so einer sein? Ich kann nicht glauben, dass es nicht irgendeine Verbindung zum Jugendzentrum geben soll. Was ist mit dem Tatort? Was sagt uns der Tatort?«
»Schwer zu sagen. Es gibt nicht viele Spuren. Wenn er dort getötet wurde, dann deutet nicht allzu viel auf einen Mord im Affekt hin – andererseits war er brutaler Gewalt ausgesetzt, und das könnte ein Zeichen dafür sein, dass der Täter die Nerven verloren hat und durchgedreht ist.«
»Oder er könnte das getan haben, um uns auf eine falsche Spur zu führen«, sagte Axel. Er hatte das deutliche Gefühl, dass es sich um ein Täuschungsmanöver handeln könnte oder schlimmer: um einen Kollegen. »Was ist mit den Aufnahmen, die aus dem Polizeihubschrauber gemacht wurden? Ist da was Brauchbares dabei?«
»Ich habe sie nicht gesehen, aber laut Corneliussen ist da nichts, dem wir nachgehen könnten. Alles Mist«, sagte Darling.
Axel war fertig mit seinem Bagel. Sein Handy klingelte. Es war Jakob Sonne.
»Gibt’s was Neues in dem Mordfall?«
Axel überlegte eine Sekunde lang und brach dann die Verbindung ohne zu antworten ab. Er stand auf, um Dorte Neergaard von TV 2 anzurufen. Das Gespräch wurde sofort angenommen.
»Hej, Axel.«
»Hej, Dorte. Ich brauche deine Hilfe.«
»Worum geht’s?«
»Noch kann ich nicht sehr viel sagen, aber ich verrate dir später mehr, versprochen. Ich muss die Aufnahmen vom Nørrebro-Friedhof in der Nähe der Kreuzung sehen.«
»Axel, mein Lieber, du weißt doch genau, dass ich das nicht machen kann. Ich würde ja gerne helfen, aber wenn herauskommt, dass ich euch Bilder gegeben habe und ihr euch aufgrund dessen Leute greift, die bei den Straßenunruhen dabeiwaren, dann machen sie uns da draußen platt, dann kommen wir niemals wieder auch nur in die Nähe einer Demo.«
»Hör zu, Autonome und besoffene Randalierer sind mir scheißegal. Ich habe eine Leiche auf diesem Friedhof. Hast du davon etwa noch nichts gehört?«
»Doch, ich wollte gerade danach fragen.«
»Wir haben einen toten Mann gefunden, ermordet, jemand hat ihn sozusagen gleich ein paar Mal umgebracht und an der Friedhofsmauer liegen lassen, kurz nach Mitternacht, als die
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