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kommt wie gerufen

kommt wie gerufen

Titel: kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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–, und die vielen Türme und die mit riesigen Fenstern ausgestatteten Korridore mußten jedem ins Auge stechen. Mrs. Pollifax gestand sich, daß sie jetzt eigentlich eingeschüchtert sein müßte, aber heute befand sich ihr Unternehmungsgeist eben in einer Aufwärtskurve. Sie war nun einmal hier und in so unerschrockener Stimmung, daß nicht einmal Miß Hartshorne ihr den Wind aus den Segeln hätte nehmen können – und die war mehrere hundert Meilen entfernt. Mrs. Pollifax durchschritt das Tor und näherte sich hocherhobenen Hauptes dem Pförtner. Nach einem raschen Blick in ihr Notizbuch sagte sie: »Ich möchte gerne mit Mr. Jasper Mason sprechen.«
    Sie erhielt einen Fragebogen, in den sie ihren Namen, ihre Anschrift und den Namen Mr. Masons eintragen mußte, und dann führte ein uniformierter Ordnungsbeamter sie den Korridor entlang.
    Mrs. Pollifax ging absichtlich langsam und las sämtliche Anschläge darüber, wie vertrauliche Schriftstücke zur Vernichtung bereitgestellt werden sollten und um welche Zeit man sie abholen würde, und sie fand, daß zumindest diese vielen Vorschriften Miß Hartshorne beeindrucken würden.
    Mrs. Pollifax wurde in ein kleines, helles, unpersönliches Zimmer geführt. Mr. Mason war allerdings noch nicht da, und aus den vorhandenen Stühlen, einer gestreiften Couch und einem Kaffeetischchen mit Mosaikplatte schloß Mrs. Pollifax, daß hier jene Besucher landeten, die ohne Vorladung in die Mauern der Festung eingedrungen waren. Als Mr. Mason erschien, verstärkte er diesen Eindruck noch. Seine Haltung verriet seine Fähigkeit, Menschen und Dokumente gleichermaßen einzuschätzen und abzuschieben; allerdings mit Takt und Gewandtheit. Er schüttelte ihr kurz die Hand, warf einen Blick auf seine Armbanduhr und führte sie zu einem Stuhl. »Leider kann ich Ihnen nur zehn Minuten widmen«, sagte er.
    »Dieses Zimmer wird ab zwei Uhr benötigt. Aber sagen Sie mir, was ich für Sie tun kann.«
    Mit der gleichen Sachlichkeit überreichte Mrs. Pollifax ihm die Empfehlung, die sie ihrem Abgeordneten entlockt hatte. Zwar hatte sie dem Abgeordneten den wahren Grund, weshalb sie jemandem in diesem Gebäude einen Besuch abzustatten wünschte, wohlweislich verschwiegen, aber sie war von zwingender Beredsamkeit gewesen.
    Der junge Mann las die Zeilen, runzelte die Stirn, sah Mrs. Pollifax an und runzelte nochmals die Stirn. Besonders mißbilligend wurde sein Ausdruck, sobald er ihren Hut betrachtete, und Mrs. Pollifax vermutete, daß die einzelne grellrote Rose, die diesen Hut zierte, wieder sehr ermattet aussah.
    »Tja – nun, Mrs. Politflack«, murmelte er und war sichtlich über das Empfehlungsschreiben, das vor seinem geistigen Auge das Bild eines eingeschüchterten Schreibers entstehen ließ, wie auch von Mrs. Pollifax verdutzt, die ihm keinesfalls einschüchternd erschien.
    »Pollifax«, verbesserte sie liebenswürdig.
    »Oh, Verzeihung. Also, was kann ich eigentlich für Sie tun, Mrs. Pollifax? Hier steht, daß Sie Mitglied des Klubs der Gartenfreunde in Ihrer Heimatstadt sind und Unterlagen und Informationen sammeln- «
    Mit ungeduldiger Bewegung tat Mrs. Pollifax das ab. »Nein, nein, das stimmt ja gar nicht«, gestand sie, überzeugte sich mit einem raschen Blick davon, daß die Tür auch tatsächlich geschlossen war, und beugte sich zu ihm vor. Mit gedämpfter Stimme sagte sie: »In Wirklichkeit bin ich hier, um mich über Ihre Spione zu erkundigen.«
    Dem jungen Mann klappte der Mund auf. »Wie, bitte?«
    Mrs. Pollifax nickte. »Ich wüßte gerne, ob Sie welche suchen.«
    Er starrte sie unverändert an, und ihr wäre es lieb gewesen, wenn er endlich den Mund geschlossen hätte. Offenbar war er sehr schwer von Begriff, oder er hörte schlecht. Mit betont deutlicher Aussprache sagte sie etwas lauter: »Ich möchte mich um die Stellung eines Spions bewerben. Das ist nämlich der Grund meines Besuchs.«
    Der junge Mann schloß den Mund. »Sie können doch nicht im Ernst – «, sagte er wie vom Donner gerührt.
    »Aber natürlich«, versicherte sie ihm herzlich. »Ich bin hier, um mich freiwillig zu melden. Ich bin nämlich ganz allein, verstehen Sie, ohne Verpflichtungen und ohne Anhang. Sicher beschränkt sich meine Qualifikation nur auf meinen Charakter, aber wenn man einmal so alt ist wie ich, dann ist Charakter immer das, wovon man am meisten hat. Ich habe zwei Kinder großgezogen und einen Haushalt geführt, ich kann Auto fahren, verstehe mich auf Erste Hilfe, wenn ich Blut sehe,

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