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kommt wie gerufen

kommt wie gerufen

Titel: kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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zusammen Tee getrunken, oder?«
    Miß Hartshornes Gleichgewicht geriet ins Wanken. »Nein – wirklich nicht«, sagte sie verwundert.
    Mrs. Pollifax stieß die Tür auf und trat ein. »Setzen Sie sich, ich stelle das Wasser auf und dann komme ich zu Ihnen.« Sie ließ das Paket und die Zeitung auf der Couch liegen. »So«, sagte sie und kam ins Zimmer. »Gleich ist es soweit.« Von ihrem Stuhl aus konnte sie die Schlagzeilen der Zeitung lesen, die Miß Hartshorne ihr gebracht hatte: GERETTETER FORSCHER AUF DEM WEG DER BESSERUNG. DR. HOWELL STELLT SICH MORGEN DER PRESSE.
    Mrs. Pollifax lächelte befriedigt.
    »Ihr Paket«, erinnerte Miß Hartshorne.
    »Wie, bitte?«
    »Das Paket. Sterben Sie nicht vor Neugier, oder ist es etwas, das Sie selbst in Mexico bestellt haben?«
    Überrascht sah Mrs. Pollifax das neben ihr liegende Paket an. »Nein, ich habe nichts bestellt, und ich bin sogar höchst neugierig. Würden Sie mir die Schere vom Tisch reichen, Miß Hartshorne? Ich mache es gleich auf.«
    Sie schnitt die Verschnürung durch. Der inliegende Karton trug das Schildchen eines sehr teuren Ladens in der Nähe des Hotels Reforma Intercontinental. »Nein, so etwas!« murmelte sie und riß den Karton ungeduldig auf. »Umhängtücher!« stotterte sie.
    »Wie schön!« sagte Miß Hartshorne ehrfürchtig. »Ein Geschenk? Müssen Sie aber viele neue Freunde gewonnen haben, Mrs. Pollifax.«
    Mrs. Pollifax hob das erste Tuch hoch, dann das zweite, bis die Couch von den leuchtenden Farben der Tücher flammte.
    »Sechs!« rief Miß Hartshorne.
    »Wirklich«, sagte Mrs. Pollifax strahlend. »Eines für jedes Enkelkind. Ist das nicht schön?« Dann bemerkte sie die Karte, die zwischen den Falten des letzten Tuches steckte. Darauf stand schlicht und einfach: »Mit der Bitte um Vergebung und vielen Dank, Carstairs.«
    Carstairs… Gerührt dachte sie: »Wie aufmerksam von einem so vielbeschäftigten Mann.« Sie sah sich in ihrer Wohnung um, blickte auf die vertrauten Möbel, die Sonnenkringel auf den Teppichen, die Atmosphäre ungefährdeter Behaglichkeit, und für Sekunden marschierte eine Reihe außergewöhnlicher Menschen durch ihre Gedanken: ein Ziegenhirte und seine Frau, ein Dschinn, der sich über eine Landkarte beugte, Oberst Nexdhet mit dem Walroßschnurrbart, Lulasch, Major Vassovic und ein Mann namens John Sebastian Farrell, der Schmerzen mit Heiterkeit hinzunehmen verstand. Lächelnd sagte sie: »Ich habe auf meiner Reise viele unvergeßliche Menschen getroffen. Miß Hartshorne. Vielleicht waren sie etwas schrullig, aber jeder einzelne unvergeßlich.«
    Gleichzeitig begann der Teekessel zu pfeifen und das Telefon zu klingeln. Mrs. Pollifax sagte hastig: »Oh, Miß Hartshorne, würden Sie den Tee eingießen? Die Teesäckchen befinden sich im Schrank über dem Herd und die Tassen ebenfalls.«
    Miß Hartshorne lachte. Es war das erstemal, daß Mrs. Pollifax sie lachen hörte. »Wie ungezwungen Sie doch leben, Mrs. Pollifax. Das erinnert mich an meine Collegetage. Ich finde es richtig gemütlich.« Über die Schulter rief sie zurück: »Nennen Sie mich doch bitte Grace, ja?«
    Aber Mrs. Pollifax hatte bereits den Hörer ergriffen. »Ach, Roger, du bist es!« rief sie erfreut aus. »Wie schön, deine Stimme zu hören, mein Lieber. Ja, ich bin soeben angekommen.« Sie hörte ihrem Sohn aufmerksam zu. »Besorgt?« wiederholte sie. »Du warst besorgt, weil ich telegrafiert habe, daß ich länger bleibe? Natürlich wollte ich dir schreiben, aber ich war so beschäftigt.« Mrs. Pollifax lachte plötzlich entzückt auf. »Mein lieber Roger, was hätte mir in meinem Alter und ausgerechnet in Mexico-City schon geschehen sollen…« Ihr Blick fiel auf die Umhängetücher auf der Couch. Mit einem leisen, sehr privaten Lächeln hob Mrs. Pollifax die Visitenkarte auf, die im Paket gelegen hatte, und steckte sie in ihre Tasche.

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