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Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Titel: Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Hayerdhal
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spanischen Geschlechter Quitos. Er brachte uns in einem altertümlichen und gemütlichen Hotel unter, von wo er teils mit, teils ohne uns loszog, um uns eine sichere Reisemöglichkeit über die Berge in den Quevedo-Dschungel zu verschaffen. Am Abend trafen wir uns in einem alten spanischen Cafe. Jörge steckte voll schlechter Neuigkeiten. Wir sollten uns den Gedanken an Quevedo ja aus dem Kopf schlagen. Es wären weder Fahrer noch Fahrzeuge aufzutreiben, die uns über die Berge hinunter mitnehmen wollten, noch weniger aber in den Dschungel hinein, wo der Regen bereits begonnen hatte und wo sofort ein Überfall drohte, wenn man sich im Schlamm festfuhr. Erst im letzten Jahr war eine Patrouille von zehn amerikanischen Ölingenieuren, von vergifteten Pfeilen getroffen, im östlichen Teil des Landes gefunden worden. Besonders dort gab es noch genug Waldindianer, die splitternackt den Urwald durchzogen und mit vergifteten Pfeilen auf Jagd gingen.
    »Es gibt noch Kopfjäger darunter!« sagte Jörge mit hohler Stimme, als er sah, daß sich Hermann unangefochten mit noch mehr Beefsteak und Rotwein versah.
    »Sie glauben wohl, ich übertreibe«, setzte er geheimnisvoll hinzu, »aber trotz aller strengen Verbote gibt es noch genug Leute, die davon leben, eingeschrumpfte Menschenköpfe zu verkaufen. Es ist leider nicht möglich, das zu kontrollieren. So kommt es fast täglich vor, daß die Waldindianer ihren Feinden unter den anderen umherziehenden Stämmen den Kopf abschneiden. Sie zertrümmern und entfernen die Schädelknochen und füllen die leere Haut mit glühheißem Sand, so daß der Zeitgenosse einschrumpft, ohne dabei seine Form und seine Gesichtszüge zu verlieren, bis er nur mehr die Größe eines Katzenkopfes hat. Solche eingeschrumpfte Feindesköpfe waren einmal kostbare Trophäen, jetzt sind sie eine seltene Schmugglerware. Zwischenmänner unter den Halbblutindianern sorgen dafür, daß sie bei den Aufkäufern unten an der Küste landen, die sie den Touristen zu schwindelnden  Preisen verkaufen.«
    Jörge sah uns triumphierend an. Wenn er jetzt noch gewußt hätte, daß Hermann und ich am selben Tag in ein Vorhaus gezogen worden waren, wo man uns zwei solcher Köpfe um 1000 Sucres das Stück angeboten hatte! Heutzutage sind solche Schädel oft Fälschungen, die aus Affenköpfen hergestellt werden. Aber die beiden angebotenen waren sicher echte Köpfe von Vollblutindianern und so naturgetreu, daß jeder einzelne kleine Zug bewahrt schien. Es waren die Schädel eines Mannes und einer Frau, beide so groß wie Apfelsinen. Den ihren konnte man sogar schön nennen, wenn auch nur die Augenwimpern und das lange schwarze Haar ihre natürlichen Maße bewahrt hatten. Mir graute jetzt noch, wenn ich daran dachte, aber laut äußerte ich meinen Zweifel, daß es Kopfjäger im Westen der Berge gäbe.
    »Kann man nie wissen«, sagte Jörge düster. »Was würden Sie sagen, wenn ein guter Freund von Ihnen verschwunden wäre, und sein Kopf käme in Miniatur auf den Markt? Das geschah mir einmal mit einem meiner Freunde«, fügte er hinzu und blickte mich starr an.
    »Erzählen Sie doch«, sagte Hermann und kaute langsam und ohne besonderen Appetit an seinem Beefsteak.
    Ich legte die Gabel vorsichtig zur Seite, als Jörge begann: Er lebte einmal mit seiner Frau auf einem entlegenen Posten im Dschungel, wo er Gold wusch und den Gewinn der anderen Goldwäscher aufkaufte. Die Familie hatte damals einen eingeborenen Freund, der regelmäßig mit seinem Gold kam, um es gegen Handelsware einzutauschen. Eines schönen Tages wurde der Freund im Dschungel umgebracht. Jörge spürte den Mörder auf und wollte ihn zur Strafe erschießen. Nun war aber der Mörder einer von denen, die im Verdacht standen, eingeschrumpfte Menschenköpfe zu verkaufen. So versprach Jörge ihm das Leben, wenn er ihm augenblicklich den Schädel auslieferte. Sofort kam der Indianer mit dem Kopf von Jörges Freund, der allerdings nur noch faustgroß war. Jörge war sehr gerührt, seinen Freund so wiederzusehen, denn er war ganz unverändert, natürlich davon abgesehen, daß er etwas kleiner geworden war. Bewegt nahm er das winzige Haupt entgegen und brachte es seiner Frau nach Hause. Die fiel in Ohnmacht als sie es sah, so daß Jörge seinen Freund in einen Koffer verschwinden lassen mußte. Nun war es jedoch im Dschungel so feucht, daß ganze Bärte von grünem Schimmel auf dem Schädel wuchsen, und so mußte Jörge ihn ab und zu hervorholen und an der Sonne trocknen.

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