Konfessor - 17
seine Wünsche, das Grab seines Vaters betreffend, kümmerten. Er war es auch, der das Herausschneiden ihrer Zungen angeordnet hat, weil er befürchtete, sie könnten, wenn sie hier unten unter sich sind, schlecht über seinen Vater sprechen.« »Und wenn schon. Wem wäre dadurch schon geschadet?« Der Mann zuckte die Achseln. »Tut mir leid, aber ich hatte nie die Absicht, ihn danach zu fragen. Zu seinen Lebzeiten ersetzte ein niemals abreißender Strom neuer Bediensteter diejenigen, die aus den unterschiedlichsten Gründen hingerichtet worden waren. Es war der Gesundheit überaus abträglich, auch nur in seine Nähe zu geraten, und nicht selten wurden die Grabkammerbediensteten zum Ziel seiner Wutausbrüche. Von Zeit zu Zeit wurden neue Bediensteten rekrutiert und in den Dienst gezwungen.
Mir hat Darken Rahl meine Zunge nur deswegen gelassen, weil meine Aufgaben mich nicht oft nach hier unten führten. Ich hatte die Oberaufsicht über die Bediensteten, musste mich mit anderen Bediensteten des Palasts abstimmen, weshalb ich imstande sein musste, mit den Leuten zu sprechen. Die übrigen Bediensteten hatten in Darken Rahls Augen ohnehin nichts Lohnenswertes zu sagen, weshalb sie auf ihre Zunge verzichten konnten.«
»Wie verständigst du dich mit ihnen?«, fragte Cara. Wieder legte Dario den Finger an die Lippen, während er zu seinen Leuten hinübersah, die sich weiter durch die Halle arbeiteten. »Nun, genau so, wie man es sich vorstellen würde. Sie benutzen Zeichensprache, grunzen oder nicken, um ihr Anliegen verständlich zu machen. Ihr Gehör haben sie natürlich behalten, weshalb ich für die Verständigung mit ihnen keine Zeichensprache benötige.
Sie teilen sich dieselben Wohnquartiere und arbeiten auch zusammen, deswegen bleiben sie fast immer unter sich. Aus diesem Grund sind sie auch in der von ihnen selbst entwickelten Zeichensprache recht geübt. Mir ist sie nicht ganz so geläufig, trotzdem kann ich sie meist recht gut verstehen; gut genug, um zurechtzukommen, jedenfalls. Die meisten von ihnen sind recht intelligent, auch wenn viele sie wegen ihrer Stummheit für geistig minderbemittelt halten. In vieler Hinsicht sind sie über die Geschehnisse im Palast besser unterrichtet als die meisten anderen Bediensteten. Den meisten ist zwar bekannt, dass sie stumm sind, sie bedenken aber nicht, dass sie vollkommen normal hören können. Oft sind sie lange vor mir über die Geschehnisse im Palast unterrichtet.«
Verna fand die Entdeckung ihrer sehr beschränkten Welt hier unten in den Grabkammern bemerkenswert, wenn auch etwas befremdlich. »Und hier unten? Was glauben sie, spielt sich hier unten ab?« Einen besorgten Ausdruck im Gesicht, schüttelte Dario den Kopf. »Bislang haben sie mich noch auf nichts aufmerksam gemacht.« »Und wieso nicht?«, wollte Cara wissen. »Wahrscheinlich, weil sie sich fürchten. In der Vergangenheit wurden sie oft wegen der unbedeutendsten Kleinigkeiten hingerichtet. Diese Hinrichtungen entbehrten in der Regel jeglicher Begründung. Daher haben sie gelernt, dass man, wenn man überleben will, am besten vollkommen unauffällig bleibt und sich so unsichtbar wie möglich macht. Das Ansprechen von Problemen war jedenfalls alles andere als eine Garantie für ein langes Leben.
Bis heute scheuten sie sogar davor zurück, mich mit gewissen Dingen zu behelligen. Es gab hier mal eine undichte Stelle, wo sich ein Fleck an der Wand gebildet hatte. Es wurde nie ein Wort darüber verloren, wahrscheinlich, weil sie befürchteten, für diese Verschandelung der Grabstätten der Vorfahren des Lord Rahl hingerichtet zu werden. Ich kam erst dahinter, als ich sie eines Abends in ihren Unterkünften aufsuchen wollte und sie dort nicht antraf. Gefunden habe ich sie schließlich hier, wo sie alle fieberhaft am Beseitigen des Flecks arbeiteten, ehe jemand anderes ihn bemerkte.« »Wie kann man nur ein solches Leben führen«, murmelte Cara. »Was tun sie da eigentlich?«, fragte Verna, als sie mehrere Bedienstete mit der Hand über die Wand streichen sah, so als wollten sie etwas in dem makellos glatten weißen Marmor ertasten. »Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte Dario. »Fragen wir sie doch.« Ein Stück weiter hinten im Flur wartete ein Trupp der Ersten Rotte. Einige von ihnen hatten ihre Armbrüste mit den speziellen, rotbefiederten Pfeilen bestückt, die Nathan für sie gefunden hatte. Verna hielt sich nur äußerst ungern in der Nähe dieser scheußlichen Dinger auf, deren todbringende Magie
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