Konfessor - 17
Rücken gegen die Felswand. Zappelnd und wirbelnd schwirrten sie vorbei und zogen sich in das Dunkel zurück. Die Augen weit aufgerissen, hielt Rachel den Atem an. Dann vernahm sie pochenden Herzens einen hysterischen Aufschrei Violets. »Was hast du getan?!«, schallte es ihr aus dem Dunkel entgegen. Als Violet zurückgerannt kam, auf das Licht zu, konnte Rachel sie durch die gespenstischen, in dem hinteren Teil der Höhle umherschwirrenden Wesen hindurch sehen, die sich auf sie stürzten. Dann sah Violet sie ebenfalls kommen und riss die Augen auf. »Was hast du getan?!«, kreischte sie erneut. Rachel verzichtete darauf, ihr zu antworten. Sie war viel zu verängstigt und verfolgte stattdessen das Geschehen. »Hilf mir, Rachel! Ich hab dich doch immer gemocht! Wie kannst du mir nur so was antun?!«
»Das ist allein Euer Werk, Königin Violet!« »Ich bin immer gütig und liebevoll gewesen!« »Gütig und liebevoll?« Rachel mochte kaum ihren Ohren trauen. »Euer ganzes Leben bestand nur aus Hass, Königin Violet!«
»Gehasst hab ich nur die, die mir Unrecht getan haben, die Bösen und Selbstsüchtigen. Ich hab immer nur getan, was für mein Volk das Beste war. Ich hab dich anständig behandelt, dir zu essen gegeben und dir Unterschlupf gewährt. Ich hab dir mehr gegeben, als einem Niemand wie dir ohne meine Hilfe je vergönnt gewesen wäre. Hilf mir, Rachel. Ich war doch immer großzügig zu dir. Hilf mir, und ich werde dich reich belohnen.«
»Ich will überleben, das ist mir Lohn genug.« »Wie kannst du nur so grausam sein, so voller Hass? Wie kannst du zulassen, dass einem anderen Menschen so was widerfährt?« »Ihr habt die gespenstischen Kobolde doch selbst erschaffen.« »Du hast mich verraten! Ich hasse dich! Ich hasse die Luft, die du atmest!«
Rachel nickte. »Ihr habt Euch entschieden, Violet. Der Hass war Euch stets willkommener als das Leben. Ihr seid in diese Höhle hinuntergestiegen, weil Ihr Euch für den Hass entschieden hattet - und damit habt Ihr Euch selbst verraten.«
Während die gespenstischen Kobolde Violet immer näher kamen, stimmten sie ein Stimmengeheul an, das sich in Rachels Vorstellung nur mit dem Kreischen der Toten in der Unterwelt vergleichen ließ. Kribbelnd überlief sie eine Gänsehaut.
Starr vor Angst, den Rücken gegen die steinerne Höhlenwand gepresst, verfolgte sie, wie die Zähne, die eigentlich ihr gegolten hatten, sich in die kreischende Königin Violet schlugen.
Erst wenn sie fertig und die Knochen vollkommen blank genagt wären, würde diese aus Hass geborene herbeigerufene Erscheinung ein Ende haben. Erst dann würden sie auf Nimmerwiedersehen verschwinden.
42
Als sie die Unruhe hörte, blickte Verna auf. Es war Nathan, endlich, der sich, die Arme im Rhythmus seiner langen Beine schwingend, hinter sich den wehenden Umhang, mit forschen Schritten näherte. General Trimack folgte ihm dicht auf den Fersen.
Zu guter Letzt unterbrach auch Cara ihr nervöses Aufundabgehen, um den nahenden Propheten und die hinter ihm folgende Menschentraube zu betrachten. Wegen der ungeheuren Weite des Palasts hatte es einige Zeit gedauert, Nathan ausfindig zu machen und ihn zusammen mit den anderen zu den Grabkammern hinunterzubeordern. Unvermittelt blieb er stehen. »Ich werde mir ein Pferd zulegen müssen, um schneller von einem Ort zum anderen zu gelangen. Eben noch wird man hier verlangt, und kurz darauf schon ganz woanders.« Er erfasste die gewaltigen Ausmaße des Palasts mit einer ausladenden Handbewegung. »Den größten Teil meines Tages verbringe ich damit, vom einen Ende dieser ausufernden Fehlkonstruktion zum anderen zu hasten.« Er bedachte sein Publikum mit finsterem Blick. »Worum geht es überhaupt?
Kein Mensch wollte mir irgendetwas verraten. Habt Ihr etwas gefunden?
Ann und Nicci vielleicht?«
»Könntet Ihr bitte Eure Stimme etwas drosseln«, ermahnte ihn Cara.
»Wozu? Habt Ihr etwa Angst, ich könnte die Toten aufwecken?«, fuhr er sie an.
Verna hatte eine ätzende Erwiderung Caras erwartet, doch die blieb aus. »Was wir gefunden haben, wissen wir noch nicht«, erwiderte sie mit hörbarer Besorgnis in der Stimme.
Die rätselhafte Antwort bewog ihn, die Stirn noch tiefer in Falten zu legen. »Was wollt Ihr damit sagen?«
»Dass wir auf Eure Talente angewiesen sind«, erläuterte Verna, »da meine Gabe hier nicht eben gut funktioniert. Wir brauchen jemanden mit der Gabe, der uns hilft.«
Mit wachsendem Argwohn maß er erst den neben ihm stehenden General
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