Konfessor - 17
dass er möglicherweise Verwendung für diese Leute hat«, erklärte sie im Aufrichten, ehe sie mit dem Messer auf sie wies. »Nehmt sie mit.«
16
Als jemand hinter ihr ihren Namen rief, blieb Nicci stehen und drehte sich um. Es war Nathan, dicht gefolgt von Ann, die, um mithalten zu können, für jeden seiner ausgreifenden Schritte deren drei zurücklegen musste.
Ihre Schritte hallten auf dem goldgelben und braunen Marmorboden des verlassenen Flures wider. Der vergleichsweise schlichte Flur war Teil der Privatgemächer innerhalb des Palasts, die von Lord Rahl, seinen Bediensteten und Beamten und natürlich den Mord-Sith genutzt wurden. Es war ein Flur von schmuckloser Zweckdienlichkeit, ohne jeden Anschein von Prunk.
In ihrem bescheidenen grauen, bis zum Hals zugeknöpften Gewand wirkte Ann auf Nicci nicht anders als damals, als sie noch ein Kind gewesen war. Klein und von gedrungener Statur, erinnerte sie an eine über die Landschaft dahineilende Gewitterwolke, aus der jeden Moment ein Blitz hervorzucken konnte. Damals, als Nicci als junge Novizin in den Palast der Propheten geschickt worden war, war sie in ihrer Erinnerung eine überaus imposante und bedrohliche Erscheinung gewesen.
Annalina Aldurren war seit jeher eine Frau gewesen, die es verstand, jemandem allein mit ihrem steinernen Blick ein stammelndes Geständnis zu entlocken. Jungen Novizinnen flößte sie Entsetzen, jungen Zauberern nackte Angst und den meisten Schwestern bange Verzagtheit ein. Als Novizin war Nicci überzeugt gewesen, der Schöpfer höchstselbst bewege sich in Gegenwart der bedrohlichen Prälatin wie auf rohen Eiern und achtete obendrein auf seine Manieren.
»Wir wurden benachrichtigt, dass Ihr soeben von der Burg der Zauberer eingetroffen seid«, verkündete der Prophet mit seiner tiefen, kraftvollen Stimme, als er und Ann Nicci und Cara eingeholt hatten. Nathan war trotz seiner nahezu eintausend Jahre noch immer auf herbe Art gutaussehend. Mit Richard hatte er die Züge der Rahls gemein, unter anderem seine Habichtstirn, seine Augen dagegen waren im Gegensatz zu Richards grauen von einem wundervollen, tiefen Blau. Trotz seines hohen Alters hatte der Prophet einen kraftvollen, zielstrebigen Gang. Nachdem er unzählige Jahre unter dem Bann des Palasts der Propheten gestanden hatte, der die dort Lebenden langsamer altern ließ, würde er nun, nach dessen Zerstörung, wie Ann und Nicci, genau so altern wie jeder andere auch.
Als Gefangener in den Gemächern des Palasts der Propheten war er in Niccis Erinnerung stets in Gewänder gehüllt gewesen, jetzt dagegen trug er braune Hosen sowie ein weißes Rüschenhemd unter einer dunkelgrünen Weste. Der Saum seines kastanienbraunen Umhangs reichte fast bis auf den Boden und umspielte seine Stiefel, als er jetzt stehen blieb. In diesem Aufzug bot er eine eindrucksvolle Erscheinung.
An seiner Hüfte trug er - warum, vermochte sich Nicci beim besten Willen nicht vorzustellen - ein in einer eleganten Hülle steckendes Schwert, eine Waffe, die Zauberer eigentlich nicht benötigten. Andererseits hatte er als einziger Prophet während der letzten Jahrhunderte, von dem die Bewohner des Palasts Kenntnis hatten, schon immer als einigermaßen unergründlicher Charakter gegolten. Nicht wenige der Schwestern im Palast hatten Nathan damals für verrückt gehalten, viele hatten ihn sogar gefürchtet. Nicht, weil er ihnen Anlass dazu gegeben hätte, sondern weil sein bloßer Anblick ihre blühenden Phantasien zu bestätigen schien. Nicci hatte keine Ahnung, ob sie ihre Meinung in diesem Punkt mittlerweile geändert hatten, sie wusste nur, dass eine große Zahl von ihnen sich ernstlich sorgte, weil er nicht länger hinter mächtigen Schilden weggeschlossen war. Während einige ihn harmlos, wenngleich etwas seltsam fanden, hielten die meisten Schwestern des Lichts ihn für den gefährlichsten Mann überhaupt. Nicci dagegen sah ihn jetzt in einem völlig neuen Licht. Im Übrigen war er, als Richards Stellvertreter, der derzeitige Lord Rahl. »Wo ist Verna?«, fragte Nicci. »Mit ihr muss ich ebenfalls sprechen.« Ann, die soeben neben Nathan stehen blieb, wies mit einer Kopfbewegung nach hinten in den menschenleeren Flur. »Sie und Adie befinden sich mit General Trimack in einer Besprechung über Sicherheitsfragen. Wegen der späten Stunde habe ich Berdine gebeten, den beiden auszurichten, dass Ihr und Cara soeben von der Burg der Zauberer eingetroffen seid, und dass wir uns alle in Kürze im privaten
Weitere Kostenlose Bücher