Konfessor - 17
dass Jennsens Nackenhaare sich sträubten. Der Schrei zerriss die nächtliche Stille. Die Spottdrosseln verstummten.
Mitten in der Nacht trug ein solcher Schrei über riesige Entfernungen. Da sie nicht mehr befürchten musste, sich zu verraten, rappelte sich Jennsen auf und lief die noch verbliebene Entfernung bis hin zu Laurie, die, von unfassbarem Elend überwältigt, die Hände ins Haar gekrallt, den Kopf in den Nacken geworfen, ihren Kummer hinausschrie. Vor ihr im Gras lag ausgestreckt ein Mann. Obwohl Jennsen das Gesicht bei dieser Dunkelheit nicht erkennen konnte, war nur allzu offensichtlich, um wen es sich handeln musste.
Jennsen zog das Messer mit dem Silbergriff aus der Scheide an ihrer Hüfte.
Just in diesem Moment tauchten die dunklen Umrisse eines großen Mannes mit einem Schwert in der Hand aus der Dunkelheit auf. Wahrscheinlich hatte er Lauries Mann umgebracht und sich danach irgendwo in der Nähe hingekauert, um auszuspähen, ob sich noch eine weitere Person dem Grabmal näherte.
Als sie bei Laurie anlangte - aber noch ehe sie die junge Frau aus dem Weg stoßen konnte -, schwang der Mann sein Schwert. Der dunkle, undeutliche Schatten der Klinge schlitzte Laurie die Kehle auf und hätte sie um ein Haar enthauptet. Spritzer warmen Blutes klatschten Jennsen seitlich gegen das Gesicht.
Das Grauen wich augenblicklich ihrem aufblitzenden Zorn. Erwartet hatte sie vielleicht Angst oder Panik, doch was urplötzlich in ihr hochstieg, war glühend heiße Wut, ein Zorn, den sie zum ersten Mal verspürt hatte, als vor langer Zeit plötzlich irgendwelche Fremde wie aus dem Nichts aufgetaucht waren und ihre Mutter brutal umgebracht hatten.
Noch ehe das Schwert seinen mörderischen Hieb vollendet hatte, sprang Jennsen aus dem Dunkel hervor, warf sich auf den Mann und rammte ihm ihr Messer mitten in die Brust. Er konnte nicht einmal überrascht zurückweichen, da hatte sie es bereits wieder herausgezogen, mit festem Griff gepackt und ihm dreimal in schneller Folge in den Hals gestochen. Immer noch wie eine Furie auf ihn einstechend, folgte sie ihm hinunter bis zum Boden und ließ erst von ihm ab, als sein Atem röchelnd zum Erliegen kam.
In der plötzlichen Stille versuchte sie keuchend wieder zu Atem * zu kommen, bemüht, sich vom Schock der Ereignisse nicht völlig lähmen zu lassen. Wenn es einen Posten gab, gab es vermutlich auch noch mehr. Sie wusste sicher, dass sich jemand unten in der Grabstätte befand, und das bedeutete, dass sie sich von der Stelle entfernen musste, wo Laurie eben noch geschrien hatte.
Sie erteilte sich selbst den Befehl, sich von der Stelle zu rühren. Bewegung war jetzt ihre beste Verteidigung, sie bedeutete Überleben. Den Oberkörper tief geduckt, begann sie, sich seitlich fortzuschleichen, stets ein Auge auf dem Lichtstrahl, der aus der Grabstätte drang, stets Ausschau haltend, ob jemand aus dem Grab hervorkam, um nach dem Lärm zu sehen, der die Toten entdecken würde. Plötzlich tauchte aus dem Schwarz der Nacht ein zweiter Mann auf und wuchs unmittelbar vor ihr aus dem Gras. Jennsen wechselte den Griff am Messer und fasste es wie zum Kampf. Mit wild pochendem Herzen blickte sie um sich, ob noch aus einer anderen Richtung Gefahr drohte.
Sie ignorierte den Befehl des Mannes, stehen zu bleiben, und täuschte eine rasche Linksbewegung an. Als er sich in diese Richtung warf und sie zu packen versuchte, wälzte sie sich stattdessen nach rechts. Angelockt von den Schreien des zweiten, tauchte ein weiterer Mann aus der Dunkelheit auf und schnitt ihr den Fluchtweg zu dieser Seite hin ab. Der Lichtschein aus der Grabstätte spiegelte sich matt auf den Gliedern des Kettenhemdes, das seine Brust bedeckte, und auf der Axt in seiner fleischigen Faust. Das Haar hing ihm in langen, fettigen Strähnen bis über die Schultern.
Sie ermahnte sich, an sein Kettenhemd zu denken, falls sie gezwungen sein würde, sich gegen ihn zu wehren. Gegen eine solche Panzerung war ihr Messer mehr oder weniger nutzlos. Sie musste eine verwundbare Stelle finden. Erst jetzt dämmerte ihr, welches Glück sie gehabt hatte, dass der Soldat, mit dem sie gekämpft und der Laurie getötet hatte, keinen Kettenpanzer getragen hatte.
Sie verspürte den verzweifelten Drang, kehrtzumachen und in blinder Panik fortzulaufen, wusste aber, dass dies ein Fehler wäre. Weglaufen weckte den Jagdinstinkt. Einmal geweckt, ergriff er von solchen Männern so vollends Besitz, dass sie nicht mehr haltmachen würden, bis sie ihre
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