Konigs-Schiessen
Jung.«
4
Toppe hatte sich nach seinem ersten Arbeitstag auf einen gemütlichen Abend mit Gabi und dem spanischen Rotwein gefreut. Aber Gabi bügelte und ließ sich auch durch Bitten nicht bewegen.
»Mutter hat nicht eine Hose von den Jungs gewaschen. Und du hast auch kein Hemd mehr im Schrank.«
Beleidigt hatte Toppe sich in die Badewanne verzogen. Seine Mutter hatte sich, nachdem sein Vater so früh gestorben war, damit über Wasser gehalten, daß sie für die Büdericher Geschäftsleute Wäsche wusch und bügelte. Den Anblick voller Wäschekörbe und den Geruch eingefeuchteter Tischdecken konnte er immer noch nicht gut vertragen.
Er hatte sich Olivers Legoboot mit ins Wasser genommen und ließ es zwischen seinen Knien hindurch zum Wasserkran tuckern.
Der Alte war ein ganz schöner Schleifer. Gleich heute morgen hatte er Toppe zu sich zitiert, ausführlich über die letzten Wochen berichtet und ihm mitgeteilt, welche Aufgaben er zu übernehmen habe.
Unangenehmer Typ, dieser Siegelkötter. In alles steckte er seine Nase rein, wußte immer genauestens Bescheid, die Berichte hatten unverzüglich auf seinem Tisch zu landen, und mindestens zweimal am Tag kam er in ihr Büro und erkundigte sich nach dem Stand der Dinge. Dabei war er völlig humorlos, zugeknöpft bis obenhin. Westfälischer Kantenkopp, hatte Heinrichs gesagt.
Fast sehnte man sich zurück nach dem alten Chef, obwohl der ja nun wirklich ein arroganter Pinsel gewesen war. Aber wenigstens hatte er einem freie Hand gelassen und sich nicht in alles reingehängt. Toppe war gespannt, wie das wohl laufen würde, wenn der erste größere Fall kam, wo er sich nicht mit langen Rapports würde aufhalten können und sich auch nicht jede Maßnahme absegnen lassen würde.
Heinrichs hatte ja nicht schlecht gestaunt, daß er jetzt noch mehr abgenommen hatte. Ganz schön neidisch hatte der geguckt. Der sollte wirklich auch mal was an sich tun; der wog doch bestimmt über zwei Zentner. Daß seiner Frau das nichts ausmachte.. Die war doch noch ganz knackig.
Und Astrid würde also jetzt bei ihnen bleiben. Er hatte sich vehement dafür eingesetzt, aber das wußte sie nicht. Zum Glück, sonst käme sie vielleicht auf dumme Gedanken. Sie war einfach ein nettes Mädchen. Ob sie noch mit van Gemmern zusammen war? Sie trug immer noch Miniröcke, so ganz ganz kurze, gestrickte, über diesen modernen schwarzen Strümpfen, wie hießen die doch gleich? Leggings, genau. Na ja, leisten konnte sie’s sich wahrhaftig. Wie die ihn angeguckt hatte. Die hatte ihn ja auch schon fast ein Jahr nicht gesehen.
Er fischte schnell das Boot aus dem Wasser und griff sich die Shampoonflasche.
5
Das Fest hatte den Höhepunkt längst überschritten. An der Theke klebten noch ein paar standhafte Trinker, an zwei der langen Tische einige unermüdlich Fröhliche; alles in allem vielleicht noch siebzig Leute. Es war deutlich leiser geworden. Die übrig gebliebenen Frauen quietschten bei den schlüpfrigen Witzen nicht mehr ganz so schrill, und die Musik kam nur noch vom Band, das der Wirt seit einer guten Stunde immer wieder umdrehte.
Maria Verhoeven faltete sorgfältig die weißen Damastdecken zusammen, die auf ihrem Tombolatisch gelegen hatten. Dies’ Jahr hatten se gut wat eingenommen. Nur der Korb mit Eiern, den Jüppken Tenbuckelt gestiftet hatte, war noch nicht abgeholt worden. Wat solltet. Sie würd’ sich ma’ langsam auf den Weg machen; die halbe Nacht an dem Tisch stehen; man war ja nich’ mehr die Jüngste. Hein würd’ wohl auch bald komm’.
Er stand an der Ecke der Theke, die dem Ausgang am nächsten war, ein halbleeres Bierglas vor sich, das irgendjemand stehengelassen hatte. Keiner merkte, daß er nichts trank.
Das Schulterklopfen seiner Nachbarn nahm er hin, lachte auch manchmal laut über die Dönekes und Witze, sagte »Ja, ja«, »so isset« und »so wat, nee!«
Von hier aus konnte er den ganzen Saal gut überblicken, hatte alles Kommen und Gehen im Auge. Er zündete sich noch eine Zigarette an und verstaute die Packung und das Feuerzeug wieder sorgfältig in seiner Hemdtasche.
Ingeborg Verhoeven legte ihrem Schwiegervater bedeutsam die Hand auf die Schulter. »Komm, Vatter, du hast genug.«
Er drehte sich langsam um und sah sie aus rotgeränderten Augen an. »Wieviele Jahre isset jetz’ her«, fragte er.
Ingeborg wurde flammendrot, aber sie senkte ihren Blick nicht.
»Ich geh’ jetz’«, wandte sich Wilhelm Verhoeven seinem Bruder zu. Heinrich nickte
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