Konigs-Schiessen
die Hagsche Straße runtergebrettert ist.«
»Wer? Der Motorradfahrer?«
»Nein, Look.«
Die Täterbeschreibung, die Frau Kuipers geben konnte, war nicht sehr genau.
»Aber die Nummer vom Motorrad, die hab’ ich mir gemerkt«, triumphierte sie.
Breitenegger schrieb mit, obwohl er eigentlich wußte, daß es nichts bringen würde.
»Tja, Frau Kuipers«, meinte er schließlich, »das wäre zunächst alles. Aber nächstes Mal, da spielen Sie nicht wieder die Mutter Courage. Das kann auch mal ins Auge gehen.«
» Na, das weiß ich aber noch nicht so genau, Herr Kommissar«, antwortete sie frohgemut im Hinausgehen und ließ Heinrichs und Breitenegger reichlich frustriert zurück.
»Alles ein bißchen karg bisher, nicht?« sagte Heinrichs.
»Wie? Karg?«
»Ist doch ’n schönes Wort.«
Seit Monaten waren sie hinter diesem Motorradfahrer her, der immer am hellichten Tag, immer allein, kleine Läden überfiel und den Inhalt der Kasse mitgehen ließ. Er ging dabei äußerst brutal vor, hatte einen Ladenbesitzer so übel zusammengeschlagen, daß dieser an den Verletzungsfolgen gestorben war.
Sie wußten, der Täter war mittelgroß und schlank, sprach nur wenig und hatte keinerlei besondere Kennzeichen. Jedesmal war er anders gekleidet, aber eine dunkelblaue Wollmütze, die nichts als seine Augen freiließ, hatte er immer getragen.
Das Motorrad war eine 450er Honda, wie sie zu Hunderten herumfuhren, aber er benutzte fast immer ein anderes Nummernschild. Das Problem war, daß er in einem großen Gebiet arbeitete, aber stets in kleinen Städten: Kleve, Goch, Emmerich, Geldern und Rees, auch in Bocholt und Wesel, und mit ziemlicher Sicherheit gingen zwei Überfälle in Rheinhausen und Hamborn auf sein Konto.
Um ihn endlich stellen zu können, hatte man vor einer Woche zur Koordination eine Sonderkommission ins Leben gerufen; sie bestand aus Breitenegger und Heinrichs vom Ersten Kommissariat in Kleve. Daß der Täter diesmal gleich vor ihrer Nase zugeschlagen hatte, war vielleicht eine glückliche Fügung.
»Wir müssen mit Look sprechen. Vielleicht kann der uns endlich mal konkretere Hinweise geben«, überlegte Heinrichs.
»Machen wir«, knurrte Breitenegger, »sicher machen wir das. Aber man kommt sich ja langsam doch ein bißchen dämlich vor. Wir haben über hundert Hondas überprüft, alles Fehlanzeige. Inzwischen kann sich kein Motorradfahrer mehr auf die Straße trauen, ohne daß er nicht mindestens einmal kontrolliert wird. Und trotzdem rutscht der uns immer wieder dadurch. Es ist zum Haarausraufen!«
Das war eine ungewöhnlich heftige Rede für Günther Breitenegger, der normalerweise eher besonnen und kaum aus der Ruhe zu bringen war. Er war 55 Jahre alt, aus Bayern, aber schon seit achtzehn Jahren am Niederrhein, groß und schwer, gemütlich, meist väterlich-freundlich und im Ersten Kommissariat derjenige, der beruhigend eingriff, wenn zwischen den Kollegen die Wogen hochschlugen.
»Das Haarausraufen ist doch Toppes Spezialität«, flachste Heinrichs. »Der kommt übrigens am Montag wieder.«
»Das ist auch gut so«, bollerte Breitenegger. »Der kann sich mit Astrid um den Kleinkram kümmern, dann haben wir zwei es endlich nur noch mit diesem Kerl zu tun.«
Astrid Steendijk, die im vorigen Jahr schon als Praktikantin bei ihnen gearbeitet hatte, war am 1. September eingestellt worden. Das war zwar eine unerwartet großzügige Aufstockung ihres Teams gewesen, aber sie war einfach noch zu unerfahren, als daß man ihr in Eigenverantwortung Aufgaben hätte übertragen können. So hatte es in den letzten Wochen durch Toppes Ferien und van Appeldorns Erziehungsurlaub eine Menge Überstunden für Breitenegger und Heinrichs gegeben.
»Alsdann«, Breitenegger erhob sich schwerfällig. »Fahren wir zum Krankenhaus und schauen mal, ob wir mit Look sprechen können.«
»Ja, gut.« Heinrichs löschte seine Schreibtischlampe und steckte sein Notizbuch ein. »Schaun ’mer mal.«
3
»..und getreu nach unserem Motto,Die Liebe überwindet alles’ gebe ich nun die Bühne frei für unsere ,Shuttles’ und bitte das Königspaar, den Krönungsball zu eröffnen.«
Der Präsident des Keekener Schützenvereins 1710 e.V. überließ das Mikrofon dem Sänger, der mit einer reichlichen Portion Schmalz »Ganz in Weiß« anstimmte. Sein Begleiter an der Hammondorgel ließ sich auch nicht lumpen.
Gerd der Mannhafte und Sigrid die Segensreiche, das frischgebackene Königspaar, eröffneten mit ihrem Throngefolge den
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