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Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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sie losgestürzt ist und ihr den Kopf zerhackt hat. Und sie lag auf der Türschwelle?«
    »Ja.«
    »Mit dem Kopf auf der Treppe oder im Haus?«
    »Auf der Treppe.«
    »Dann muß er im Haus gewesen sein«, sagte Karsten. »Bestimmt hat er Schokolade gesucht.«
    »Wenn er sie gefragt hätte, hätte sie ihm sicher welche gegeben.«
    »Errki fragt nicht, der greift einfach zu. Das weiß doch jeder.«
    Plötzlich fuhren sie zusammen. Die Tür ging auf, und vor ihnen stand Margunn.
    »Ihr habt es aber gemütlich!«
    Sie musterte die kleine Gruppe von Jungen, alle schwiegen andächtig und kauten auf ihren Mokkabohnen herum. Niemand sollte behaupten, sie könnten keine behagliche Atmosphäre herstellen, sogar an diesem seelenlosen Ort schafften sie das. Margunn wußte, worüber die Jungen gesprochen hatten, war aber trotzdem stolz auf sie.
    »Wer erzählt hier Märchen?«
    Sie zwinkerte ihnen arglos zu. Alle starrten zu Boden. Sie hatten sich in die puren Engel verwandelt, selbst Karsten schlug ein wenig mit den Flügeln.
    »Ich geb euch eine Cola aus.«
    Damit war sie verschwunden.
    Auch Kannick dachte an die Sache mit dem inneren Drang, während sein Blutzucker langsam auf einen akzeptablen Pegel stieg und er die wunderbare Schläfrigkeit spürte, die nur Süßigkeiten ihm bescheren konnten. Er wurde dann angenehm müde und ein wenig träge, wie in einem leichten Rausch. Im Rausch fand er Ruhe. Er wußte nicht, wovon, aber er konnte nicht genug davon bekommen.
    »Wir kriegen sicher nur Cola light«, seufzte er und riß die Hubba-Bubba-Packung auf. Es war genau ein Stück für jeden. Seine Freigebigkeit kannte an diesem Tag keine Grenzen. Und der Mord an Halldis hatte sie auf eine Weise zusammengeführt, an die sie nicht gewöhnt waren. Normalerweise waren sie eine ziemlich zerrissene und konfliktfreudige Truppe, in der alle aneinander zogen und zerrten und um ihre jämmerliche Position in dieser ausgestoßenen kleinen Gesellschaft kämpften. Sie hatten aufgehört, von einer Zukunft zu träumen, abgesehen von Simon, der angeblich einen reichen Onkel hatte. Der hatte angedeutet, daß Simon später auf seinem Hof wohnen könne, wo er dreißig Rennpferde hatte. Doch zuerst mußte er eine vier Monate lange Haftstrafe wegen kleiner Rechnungsbetrügereien absitzen, und er wollte den Jungen nicht zu sich holen, solange er noch in der Warteschleife für den Knast hing, wie er sagte. Danach würden sie zusammen einen neuen Anfang machen, und alle Hindernisse würden aus dem Weg geräumt sein.
    Margunn tauchte wieder auf, und tatsächlich, in den Gläsern auf ihrem Tablett war zuckerfreie Cola.
    »Nicht auf den Boden kleckern, Jungs.«
    Sie bedachte Kannick mit einem warnenden Blick. Margunn hatte keine Begabung fürs Schimpfen. Das waren schließlich ihre Jungs, die sie liebte. Jeglicher Versuch, sie zu tadeln, stürzte ab wie ein geplatzter Luftballon, und alle liebten sie, weil sie die einzige war, die sich etwas aus ihnen machte. Es gab natürlich noch weiteres Personal, Thorleif zum Beispiel, Inga und Richard. Die waren schon in Ordnung und taten ihre Pflicht, aber sie waren jung und strebten bessere Posten an. Für sie waren die Jungen ein Stück unwegsames Gelände, das sie so schnell wie möglich hinter sich bringen mußten. Margunn dagegen hatte ihr Ziel erreicht. Sie war sechzig und wollte nicht mehr weiterkommen. Sie war in diesem häßlichen Haus mit den grauen Asbestplatten gelandet, wo in jedem Zimmer ein grünlicher, schwüler Geruch hing. Und sie mochte das, so, wie viele Menschen den verschimmelten Raum ganz hinten im Keller lieben, weil sie die Hoffnung, in all dem Abfall etwas Wertvolles zu finden, nie aufgeben. Und das spürten die Kinder. Nur Simon konnte keine eigenen Schlüsse ziehen. Er fragte die anderen und glaubte ihren Antworten.
    Karsten verteilte die Colagläser. Alle Kiefer waren mit Kaugummis beschäftigt. Kannick schielte wieder zu den Sachen auf seiner Bettdecke und fragte sich, ob er noch mehr austeilen oder den Rest für schlechte Zeiten bunkern solle. Dies war eine goldene Stunde, und die nächste konnte weit in der Zukunft liegen.
    »Wo ist Halldis jetzt?« fragte Pålte, als Margunn wieder gegangen war. Eigentlich hieß er Pål Theodor, und eigentlich war er hier fehl am Platze. Nur hatte das niemand erkannt. Irgendwo in seinem Erwachsenenleben erwartete ihn eine großartige Entschädigungssumme von mehreren Millionen. Und das hielt ihn aufrecht.
    »Im Leichenkeller natürlich«, sagte Kannick

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