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Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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ungewohnten Formen. Ihnen ist es lieber, wenn die Dinge so aussehen, wie sich das gehört; wenn sie bleiben, wie sie sind, so, wie Sie sie kennen und verstehen.«
    Er lachte ein unsicheres Lachen. Ihre Stimme ließ ihn auf seltsame Weise weich werden. Er kam sich selbst schon ein wenig geleeartig vor.
    »Mit Hilfe dieser Kröte und mit tausend anderen kleinen Dingen, mit anderen Spielen und Aufgaben und vor allem mit Hilfe von Zeit kann ich fast mehr über Sie in Erfahrung bringen, als Sie selber wissen.«
    An Selbstvertrauen fehlt es dir wirklich nicht.
    »Hat Errki diese Kröte gesehen?« fragte er laut.
    »Natürlich. Sie liegt immer hier.«
    »Was hat er damit gemacht?«
    »Er sagte: Schaff dieses widerliche, ekelhafte Tier weg, sonst beiß ich ihm den Kopf ab und verschmier seinen Inhalt auf dem Tisch.«
    »Haben Sie ihm geglaubt?«
    »Er hat noch nie gelogen.«
    »Aber Sie haben doch gesagt, er sei nicht gewalttätig.«
    Unvermittelt schnappte sie sich die Kröte und zog mit aller Kraft an den vier Beinen, so daß sie sich dehnten wie Gummibänder. Sejer tat dieser Anblick fast weh. Dann band sie zuerst die Vorder- und dann die Hinterbeine zu einem Knoten. Und legte die Kröte rücklings auf den Tisch. In seiner ganzen Hilflosigkeit bot das Geschöpf einen schmerzlichen Anblick. Dr. Struel lachte, als sie Sejers Gesichtsausdruck sah. »Jetzt zeige ich Ihnen sein Zimmer.«
    »Wollen Sie sie nicht losbinden?« fragte er besorgt.
    »Nein.« Sie lächelte neckend.
    Durch sein Inneres rollte eine Welle. Er hörte verwundert zu.
     
    Sie warfen einen Blick in Errkis Zimmer. Ein schlichter Raum mit Bett, Kommode, Waschbecken und Spiegel. Vor dem Spiegel hing ein Zeitungsblatt. Vielleicht wollte er sich nicht sehen, wenn er daran vorüberging. Das Fenster war hoch und schmal und stand offen. Der Raum war einfach kahl. Nichts hing an den Wänden oder lag auf dem Boden.
    »So ungefähr sieht auch das aus, was wir anbieten können«, sagte Sejer nachdenklich. »Eine Zelle.«
    »Wir schließen die Türen nicht ab.«
    Er ging hinein und lehnte sich an die Wand. »Warum haben Sie sich für Psychiatrie entschieden?«
    Während er das sagte, las er ihr Namensschild. Dr. S. Struel, er fragte sich, wofür dieses S stehen mochte. Vielleicht für Solveig. Oder Sylvia.
    »Weil«, antwortete sie und schloß die Augen, »weil normale Menschen«, das »normal« klang wie eine Herabsetzung, »ich meine, die, die Erfolg haben, die gut ausgerüsteten, zielbewußten Menschen, die alle Regeln einhalten, die ihr Ziel problemlos erreichen, die über perfekte soziale Antennen verfügen, die mit größter Selbstverständlichkeit navigieren, die dort ankommen, wo sie ankommen wollen, die ihren Willen durchsetzen – sind die denn in irgendeiner Hinsicht interessant?«
    Diese Frage kam ihm witzig vor. Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    »Das einzig Interessante auf dieser Welt sind die Verlierer«, sagte Dr. Struel. »Oder die, die wir als Verlierer bezeichnen. In allen Formen der Abweichung liegt ein Aufruhr. Und ich habe den Mangel an Aufruhr nie verstehen können.«
    »Was ist mit Ihnen selbst«, fragte er plötzlich. »Gehören Sie denn nicht zu diesen erfolgreichen, zielbewußten Menschen? Und begehren Sie auf?«
    »Nein«, gab sie zu. »Und das verstehe ich nicht. Denn im Grunde bin ich grausam verzweifelt.«
    »Grausam verzweifelt?« fragte er besorgt.
    »Sind Sie das nicht?« Sie blickte ihn lange an. »Wir können doch auf dieser Welt kein aufgeklärter, intelligenter, engagierter Mensch sein, ohne zugleich in tiefe Verzweiflung zu geraten. Das ist einfach unmöglich.«
    Bin ich eigentlich zutiefst verzweifelt, fragte er sich.
    »Außerdem kommen die Persönlichkeiten wie aus einem Guß in dieser Gesellschaft am besten zurecht«, sagte sie. »Ganze, felsenfest sichere, konsequente Menschen. Sie wissen schon, die mit Charakterstärke.«
    Jetzt konnte er sein Lachen nicht mehr unterdrücken.
    »Hier bei uns ist Platz für Aufruhr, wir haben keine Angst vor Krach. Wir haben auch keine Angst davor, nicht gut genug zu sein.« Wieder strich sie sich die Haare aus der Stirn. »Und ich könnte wohl in keiner anderen Form von Gemeinschaft existieren, als wir sie hier haben.«
    Er fand es wunderbar, daß sie laut dachte und ihn daran Anteil nehmen ließ, obwohl er ein Fremder war. Und zugleich kam er sich gar nicht vor wie ein Fremder.
    »Wie ist es denn bei euch?« fragte sie dann.
    »Bei uns?« Er dachte kurz nach. »Bei uns gibt

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