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Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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es Ordnung und Struktur und einen Haufen echte Persönlichkeiten aus einem Guß.«
    Er bemühte sich, seine Stimme unter Kontrolle zu bringen, sie klang wohl doch ein wenig zu lebhaft. »Wenig Platz für Improvisation und Phantasien. Ein großer Teil unserer Arbeit besteht aus der Suche nach winzigen physischen Dingen – Haare, Fingerabdrücke oder Blutreste. Spuren von Schuhen oder vielleicht Autoreifen. Danach kommt ein philosophischer Teil, und obwohl er in unseren Berichten nie ausführlich erwähnt wird, gibt es ihn eben doch. Das ist natürlich das einzige in diesem Beruf, das wirklich spannend ist. Und wenn es diesen Teil nicht gäbe, würde ich wohl etwas anderes machen.«
    »Und was ist mit denen, die Sie festnehmen und in den Käfig stecken?«
    Er musterte sie bestürzt. »So drücken wir uns eigentlich nicht aus.«
    Jetzt will sie mich provozieren, dachte er, vielleicht hat sie das Gefühl, daß normale Höflichkeitsregeln für sie nicht gelten. Wo es ihr doch so sehr um Aufruhr geht.
    »Ich würde sie gern anderswohin schicken«, sagte er ruhig.
    Er war so fasziniert von dieser Frau, von ihrem breiten, hellen Gesicht und den dunklen Augen mit den hellen Ringen, daß er sich fast vor dem fürchtete, was er als nächstes sagen würde. Und dabei überraschte er sich sonst nie. »Wenn es einen anderen Ort gäbe«, fügte er hinzu. »Aber in unserer ganzen Armut sind wir noch nicht weiter gekommen als bis zu – diesem Käfig.«
    »Sind sie Ihnen wichtig?« fragte sie. Er mußte aufschauen und ihre Miene betrachten. Genaugenommen sah sie so aus, als habe sie es faustdick hinter den Ohren.
    »Ja, das schon. Aber dafür bleibt mir nicht viel Zeit. Außerdem arbeite ich nicht im Gefängnis. Aber ich weiß, daß sie dem Gefängnispersonal wichtig sind.«
    »Ach.« Sie zuckte mit den Schulten. »Und wir haben wohl auf jeden Fall einige der humansten Strafanstalten der Welt.«
    »Human?« Er konnte nicht verhindern, daß sein Ton scharf wurde. »Sie nehmen Rauschgift. Sie brechen aus, springen aus dem Fenster, brechen sich die Beine oder sogar den Hals, werden verrückt, vergewaltigen sich gegenseitig, verprügeln einander und begehen Selbstmord. So human geht es bei uns zu!«
    Er holte Atem.
    »Sie sind Ihnen wirklich wichtig!« Sie lächelte.
    »Das habe ich doch gesagt.«
    »Aber ich wollte es genau wissen.«
    Wieder war es still, und wieder staunte er über dieses seltsame Gespräch. Dieser Frau schien der übliche Respekt vor der Autorität zu fehlen, deren Teil er war und die die Menschen immer voller Ehrfurcht sprechen oder gleich schweigen ließ. Na gut, mit einer Ausnahme wurde er ja wohl noch fertig.
    »Errki«, sagte er schließlich. »Erzählen Sie mir von Errki.«
    »Nur, wenn Sie das wirklich interessiert.«
    »Aber das tut es doch.«
    Sie öffnete die Zimmertür. »Kommen Sie, wir gehen in die Kantine und trinken eine Cola. Ich habe Durst.«
    Er ertappte sich dabei, wie er hinter ihr hertrottete und versuchte, das Verwirrende, Störende zu verdrängen, das sich in seinem Kopf abspielte oder in seiner Brust oder seinem Bauch oder wo auch immer. Er war sich in keiner Hinsicht mehr sicher.
     
    »Welchen Weg ist Errki wohl gegangen?«
    »Durch den Wald.«
    Sie zeigte auf die linke Seite des Hauses. »Da hinten liegt ein kleiner Weiher, den wir Brunnen nennen, dort haben wir schon gesucht. Wenn er an diesem Weiher vorbei und dann weiter in den Wald gegangen ist, stößt er an der Autobahnunterführung auf die Hauptstraße. Und wenn er in Finnemarka gesehen worden ist, dann stimmt diese Richtung.«
    Als sie kurz darauf in der Kantine saßen und sie Zitronensaft in ihre Cola tropfen ließ, fragte er neugierig: »Können Sie einem ganz normalen Menschen erklären, was eine Psychose eigentlich ist?«
    Ihm fiel auf, daß der Zitronensaft die Cola langsam heller werden ließ.
    »Sind Sie denn ein ganz normaler Mensch?«
    Ihr Tonfall hatte etwas Neckendes. Er wußte nicht so recht, ob er das als Kompliment auffassen sollte oder lieber nicht. In seiner Verwirrung spielte er an dem Mobiltelefon in seinem Gürtel herum.
    »In gewisser Weise ist das ganz unmöglich, es ist zu abstrakt«, sagte sie leise. »Aber ich betrachte eine Psychose als Versteck. Es geht darum, daß alle normalen Verteidigungsmechanismen zusammengebrochen sind. Der Weg in Ihre Seele steht offen. Alle Welt kann dort herumtrampeln. Noch der unschuldigste Annäherungsversuch wird als feindlicher Angriff erlebt. Errki hat sich ein Versteck

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