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Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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erzählen, aber da haben Sie es nicht begriffen. Er beißt einfach zu.«
    »Er beißt? In was denn?«
    »In alles, was er gerade erreichen kann.«
     

ERRKI SCHLIEF. Morgan stand in der Tür und betrachtete ihn. Eine rote, gezackte Narbe zog sich vom Halsansatz bis zum Nabel. Sie war nicht gut verheilt. Er dachte eine Weile nach. Konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was eine dermaßen häßliche Narbe hinterlassen haben mochte. Also starrte er Errki an, obwohl er ihn doch eigentlich hatte wecken wollen. Er hatte lange allein auf dem alten Sofa im Wohnzimmer gesessen und träge vor sich hingestarrt. Radio gehört. Es gab keine neuen Erkenntnisse. Hunderttausend Kronen, hatte sie gesagt. Er hatte nachgezählt, und es stimmte.
    Morgan stand mäuschenstill da. Es kam ihm sehr intim vor, einen schlafenden Mann so anzustarren. Bei einer schlafenden Frau wäre es etwas anderes gewesen. Glaubte er. Errki atmete flach, seine Augenlider bewegten sich ein wenig, er schien zu träumen. Seine schwarze Jacke und sein T-Shirt lagen auf dem Boden. Warum will ich ihn wecken? dachte Morgan. Warum stehe ich hier wie ein Köter, der Gesellschaft braucht, und fühle mich einsam? Soll er doch weiterknacken. Er redet ja sowieso nicht, ist viel zu sehr in sein verkorkstes Innenleben vertieft, um mir zuzuhören. Und trotzdem, wenn er schläft, sieht er aus wie alle anderen.
    Er fragte sich, ob der Irrsinn auch im Schlaf vorhanden war. Ob auch Errkis Träume verrückt waren. Oder ob er tief in sich eine Höhle hatte, in der alles so war, wie es sein sollte. Eine Höhle, die er sich nicht eingestehen wollte.
    Dann fuhr er zusammen. Ohne Vorwarnung öffnete Errki die Augen. Von einer Sekunde zur anderen war er erwacht. Er hatte sich nicht bewegt, wie die meisten es vor dem Erwachen tun, hatte sich nicht gereckt, hatte nicht gegrunzt oder gestöhnt. Hatte einfach nur die Augen geöffnet. Die waren überraschend groß, doch als er Morgan entdeckte, kniff er sie zusammen.
    »Was hast du mit deinem Brustkasten angestellt?« fragte Morgan unwillkürlich. »Sieht aus, als ob du Harakiri begangen hättest.«
    Errki schwieg, denn die beiden unten im Keller mühten sich noch ab, um in ihre üblichen Positionen zu gelangen. Manchmal waren sie unerträglich langsam.
    »Ich brauche Gesellschaft«, erklärte Morgan. Im Grunde fand er es gut und richtig. »Es ist schon spät. Trinken wir einen Whisky?«
    Errki erhob sich langsam. Nichts passierte. Er lugte zu Morgans Revolver hinüber, streifte sich sein T-Shirt über den Kopf und folgte Morgan ins Wohnzimmer. Das Radio stand auf der Fensterbank, die Antenne zeigte aus dem zerbrochenen Fenster. In dem alten Haus herrschte eine angenehme Temperatur, über dem Wald jedoch hing warmer Dunst, und der See in der Ferne schien in der Hitze zu flimmern.
    »Ich habe Hunger«, sagte Morgan. »Deshalb trinke ich einen Whisky.«
    Er fischte die Flasche aus seiner Umhängetasche und drehte den Verschluß herunter. Es war eine Literflasche. Errki blieb abwartend stehen und schaute zu; wie zumeist hielt er den Kopf gesenkt und starrte nach oben, und wie zumeist sah er aus, als hecke er etwas aus.
    »Whisky ist gut gegen alles«, sagte Morgan und wunderte sich wieder einmal über diesen Blick, der etwas ganz Besonderes zu wissen schien, etwas Schicksalhaftes über Leben und Tod, das sonst niemand je gesehen hatte. »Er hilft gegen Hunger und Durst. Gegen Liebeskummer und Langeweile. Gegen Verzweiflung und Angst.«
    Er nahm einen ausgiebigen Schluck. Sein Gesicht verzog sich wie eine Gummimaske, als der starke Schnaps durch seine Kehle floß.
    »Nichts ist so gemütlich wie ein gemäßigtes Alkoholproblem«, sagte er dann. »Verstehst du, was ich mit dem Begriff gemäßigt meine?«
    Das verstand Errki durchaus. Morgan wischte sich über den Mund.
    »Ich trinke regelmäßig. Aber nie morgens, niemals zuviel und niemals, wenn ich Auto fahren muß. Ich habe das unter Kontrolle.« Er trank noch einen Schluck. »Und wenn du jetzt glaubst, ich würde mich dermaßen vollaufen lassen, daß du abhauen kannst, dann bist du schief gewickelt.«
    Er hielt Errki die Flasche hin. Errki musterte sie ein wenig verdutzt. Er machte sich nicht besonders viel aus Schnaps, fühlte sich aber innerlich matt und leer, und wo sie doch nur Whisky hatten, brauchte er sich nicht zu entscheiden. Sie hatten nur dies, eine Flache voll Whisky. Und er hatte nicht darum gebeten, sie war ihm ja förmlich aufgezwungen worden. Er betrachtete das

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