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Kontaktversuche

Kontaktversuche

Titel: Kontaktversuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Simon (Hrsg)
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– auf eine einfache und
leichte Art. Man brauchte nur die beiden Stahltüren der Station
gleichzeitig zu öffnen. Die Luft würde augenblicklich
entweichen, es gäbe eine kleine Explosion, alle leichteren
Gegenstände in der Station würden mitgerissen und
draußen verstreut. Und Färn wäre unter ihnen, läge
dort im gelben Sand, zusammengekrümmt wie ein welkes Blatt, ohne
Gedanken und Empfindungen, denn der Schmerz wäre sehr kurz, und er
verlöre das Bewußtsein, noch ehe er erstickte.
Nur sein Gespür für die Gefahr hatte ihn gerettet, jenes
unfehlbare Gefühl, das alle erfahrenen Raumpiloten besitzen. Und
die Voraussicht der Konstrukteure der Schleuse. Die beiden Türen
ließen sich nicht gleichzeitig öffnen, selbst wenn es
befohlen wurde. Es gab eine rein mechanische Sperre in den Lagern der
Schiebetüren. Deshalb hatte der Erste den Automaten gerufen,
daß dieser die Lager zerschlüge. Der Erste war klug, doch
nicht klug genug, um alle Folgen abwägen zu können.
Außerdem hatte er einen Befehl erhalten.
»Erster Bioautomat!« rief Färn. »Wer hat dir
befohlen, beide Türen der Schleuse zu öffnen?«
»Sie und der Mensch Helian.«
»Du bist nicht intakt«, erklärte Färn
überzeugt. »Ich habe das nicht befohlen, und Helian ist
überhaupt nicht hier.
Weißt du, daß mich das umbringen kann daß es mich mit Sicherheit töten würde?«
»Nein«, gestand der Erste. »Ich habe keine Angaben
darüber. Wollen Sie den Befehl hören, den ich erhalten
habe?«
»Ja, ich höre.«
Eine Stimme erklang, und fast hätte Färn vor
Überraschung aufgeschrien: Es war seine eigene Stimme. Nur ein
paar Worte, dann die Stimme Helians, der den Satz vollendete. Als
hätte jemand im Spiel aus dem, was die beiden gesagt hatten,
Wörter ausgewählt und so zusammengestellt, daß sich ein
sinnloser Befehl ergab.
Ja, jemand hatte in der Tat die passenden Wörter herausgesucht,
mit teuflischer Berechnung und Hartnäckigkeit wie ein Mörder
im Hinterhalt. Was mochte noch geschehen?
Färn kämpfte seine Erregung nieder, die ihm wie ein
Kloß in der Kehle stak, ließ den Wandtisch los und setzte
sich wieder vor den Stereobildschirm. Es war wohl an der Zeit, Hilfe
von der Basis anzufordern; so konnte es nicht weitergehen! Sie konnten
ihm die Hilfe nicht verweigern, unter diesen Umständen.
Sie würden ihn nicht im Stich lassen. Erst würden sie
glauben, er hätte wie Helian den Verstand verloren. Sie
würden noch jemanden schicken, und er, Färn, würde ihn
überzeugen, daß da in der Station auf der Medea etwas war,
das die normale Vernunft nicht akzeptieren konnte und dem sie nicht
gewachsen war.
Er saß da und dachte nach. Das anfängliche Gefühl der
Ausweglosigkeit und die Furcht vor dem Unbekannten wichen der Scham.
Fünfzehn Jahre Raumflugpraxis waren nichts mehr wert, die
Gefahren, die er mit Anstand überwunden hatte, umsonst. Er hatte
Helian, nach dem man ihn geschickt hatte, nicht gefunden, mehr noch: Er
selbst war im Begriff, um Hilfe zu bitten. In zwei, drei Tagen
würde irgend so ein Grünschnabel herkommen, und dann
würde die ganze Basis jahrelang erzählen, wie Färn es
mit der Angst zu tun bekommen hatte. Und er hatte wirklich Angst. Es
gibt Augenblicke, in denen Furcht nur allzu menschlich ist. Es kommt
nur darauf an, wie man sich dann verhält.
Und Färn rief sich ins Gedächtnis zurück, wie es war,
als er früher einmal Angst gehabt hatte – auf einem der
ersten Flüge entlang der Route Argus-Orion. Es war ein ganz
gewöhnlicher Flug gewesen, noch dazu mit einer Frachtrakete. Er
hatte schon etwas Erfahrung als Astronavigator besessen – gerade
so viel, wie einen meist ins Unglück führt. Alles war normal
verlaufen, er war im Begriff gewesen, sich schlafen zu legen und dem
Autopiloten die letzten Anweisungen zu geben, als er gefühlt
hatte, wie die Rakete leicht zu vibrieren begann. Vibrationen in einer
Frachtrakete sind alles andere als angenehm, sie deuten fast immer auf
einen ernsten Defekt hin. Er hatte eine Weile gewartet, in der
Hoffnung, es würde vorbeigehen, doch statt dessen war die
Vibration stärker geworden, ohne daß ein einziges der
Geräte sie angezeigt hätte, nicht einmal die Giroautomaten
– und das war das Schreckliche gewesen. Dabei hatte er deutlich
gefühlt, wie das ganze Schiff zitterte – stoßweise,
jeder Stoß stärker als der vorher, bis schließlich die
Wände geborsten wären.
Damals war Färn erschrocken, doch er hatte die Geistesgegenwart
nicht verloren, die Route nicht

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