Kontaktversuche
die Fingernägel in die
Handflächen und biß sich auf die Lippe. Er hatte alles
vergessen – die beiden Mordversuche, das Unsichtbare in der
Station,
alles. Jetzt war nur Hel wichtig, der unglückliche Hel, der
irgendwo dort unten lag und vielleicht in diesem Augenblick
starb.
Der Geoautomat setzte den Abstieg fort, seine Bewegungen
wurden immer sicherer und schneller, bis er plötzlich erstarrte.
Zwei seiner langen Teleskopbeine hingen herab und zitterten,
versuchten vergebens, an der Felswand Halt zu finden. Sein
ganzer Körper wankte unter dem eigenen Gewicht.
»Was geht dort vor?« rief Färn und sprang auf. Er streckte die
Hände zum Bildschirm aus, als könnte er dem Geoautomaten
helfen.
»Das ist schwer festzustellen«, sagte hinter seinem Rücken
der Erste. »Es sieht nach einer partiellen Paralyse des neurokristallinen Zentrums aus.«
»Was?«
»Eine partielle Paralyse des neurokristallinen Zentrums«,
wiederholte der Erste ruhig. »Das ist in diesem Gebiet schon
wiederholte der Erste ruhig. »Das ist in diesem Gebiet schon
bis verloren.«
Färn stand wie gebannt vor dem Bildschirm, und aus seiner
Kehle kamen unartikulierte Laute. Es hatte sich auch dort
eingemischt, am Großen Abhang. Es war überall, auf dem
ganzen verdammten Planeten.
»Ich kann Ihre Anweisungen nicht verstehen«, sagte der Erste.
Und in diesem Augenblick fiel der Geoautomat. Er löste sich
von der Felswand und stürzte hinab, von scharfen Vorsprüngen
abprallend. Seine Beine zerbrachen und hingen hilflos am Körper,
er riß Steine und kleine Felsbrocken mit sich. All das dauerte
nicht länger als eine Zehntelsekunde, dann lag der
Abgrund ruhig wie zuvor.
Da fand der Stereovisor Helian. Er lag vornübergestreckt, die
Arme unnatürlich verdreht, sein Skaphander hing an einer
nahen Felszacke. Helian war auf einen der kleinen Vorsprünge
im Abgrund gefallen, und sein zersprungener Helm spiegelte
sich in den glänzenden schwarzen Flächen der riesigen Kristalle ringsumher.
»Hel!« stöhnte Färn. »Hel, hörst du mich! Antworte, Hel!
Bitte, antworte mir!«
Er wußte, daß Hel tot war, daß er unmöglich
antworten konnte. Mit zerschlagenem Helm und aufgerissenem Skaphander
hatte Hel höchstens noch ein paar Sekunden gelebt, vielleicht
hatte er auch sofort das Bewußtsein verloren und einen schnellen und leichten Tod gehabt. Der Tod im Weltraum ist fast
immer schnell.
»Was befehlen Sie?« fragte der Erste.
Färn richtete sich langsam auf. In seinem Bewußtsein war
kein Gedanke, er hatte nichts zu befehlen.
Und da vernahm er Helians Stimme.
»Komm!« sagte die Stimme. »Ich kann nicht allein. Ich bin so
weit… Ich bin so…«
Färn starrte auf den Bildschirm – dort lag Hel mit zerrissenem
Skaphander, verdrehten Armen, die nicht die Arme eines Lebenden sein konnten. Und Hel sprach, rief ihn zu sich, flehte
um Hilfe.
Der Tote sprach. Aber vielleicht war er nicht tot? Vielleicht
gab es noch eine Chance!
Ohne zu überlegen, schloß Färn seinen Helm und wandte sich
zum Ausgang. Vor der Schleuse blieb er stehen und wartete,
daß die erste Tür ihn passieren ließe. Ihn bewegte nur
ein Wunsch – dorthin, zu Hel! Er würde einen Weg finden, ihn
herauszuholen! Ausweglose Situationen gab es nicht! Er stürzte aus der Station und wollte im ersten Moment zur
Rakete laufen. Dort gab es ein kleines Geländefahrzeug, mit
dem er den Großen Abhang erreichen konnte.
Das war sein erster Gedanke, doch der zweite ließ ihn reglos
verharren. Die Stimme, die Hel herausgerufen und in den
Abgrund gelockt hatte, rief jetzt auch ihn! Dieselbe Stimme,
nur etwas verändert, mit Hels Timbre und mit seinen Worten.
Und er, Färn, rannte wie ein Verrückter in die Falle. Doch Hel lag dort im Sterben, hilflos, und nur Färn konnte
ihn retten!
Nein, Hel war tot. Es war nicht seine Stimme. Es konnte nicht
seine Stimme sein. Das war eine Falle.
Färn ließ die Arme sinken und wandte sich um. Er ging
zurück in die Station. Gehorsam öffnete sich vor ihm die
Schiebetür.
Was auch immer geschehen sein mochte, noch hatte er den
Verstand nicht verloren.
Im Saal war alles wie zuvor. Der Erste nahm mit einem Blinken seiner
Augen Färns Rückkehr zur Kenntnis. Färn setzte
sich auf einen der Stühle an der Wand. Er konnte wieder klar
denken.
Nur nicht die Nerven verlieren! Einen kühlen Kopf bewahren,
unbedingt einen kühlen Kopf bewahren! sagte er sich immer
wieder. Nach und nach werde ich alles begreifen. Es gibt nichts
Unerklärliches, es gibt nur Dinge, von denen ich noch
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