Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kopernikus 5

Kopernikus 5

Titel: Kopernikus 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
beobachtete ihn, wie er in der Strömung kniete, sich wusch und planschte, und seine Gedärme von einer unglaublichen Menge Erde entleerte. Er trillerte wie ein Vogel und brach immer wieder in abruptes, fast humorloses Lachen aus. Es kam mir vor, als dauerte sein Bad Stunden, aber schließlich kroch er auf die Uferböschung hinauf und blieb eine Weile ruhig sitzen; offensichtlich fühlte und genoß er die Szenerie um sich herum. Dann stand er auf, watete durch den Bach und verschwand in Richtung Crog.
    Das alles ist jetzt ein paar Minuten her, und es bedeutet, daß ich selbst nicht dorthin zurückkehren werde. Ich bin zu verwirrt und zu verängstigt, wenn ihr es wissen müßt. Ich habe meine Sendeausrüstung bei mir, aber Medikamente und Feldanschluß sind noch im Crog. Also sitze ich für eine Weile in der Falle und muß aufpassen, daß ich mich nicht verletze.
     
    Als Farrel wieder auf der Hügelkuppe anlangte, kauerte Tig über einem der Grabhügel, dem einzigen, der gleichmäßig von Gras überwuchert war, und stocherte darin herum. Er sah Farrel herankommen und lief weg, sprang auf einen Stein und schlug die Hände zusammen.
    Farrel starrte kurz zu ihm hinüber und dann auf das Grab, und eisiges Unbehagen ergriff ihn. O nein, dachte er.
    Der Junge stammelte irgendetwas Unzusammenhängendes.
    Farrel fragte: „Ee-eik Burton ’n cruig pad-cruig?“ Ist Burton hier begraben? … (berührt Erde, Füße auf Erde?)
    „Weiß nicht.“
    Farrel fühlte, daß er log. Er fiel auf die Knie und scharrte die Erde weg, und einen Augenblick später sah er schwarzes Haar – Burtons Hinterkopf. „Gott sei Dank!“ rief Farrel und grinste den Jungen an.
    Allerdings, was sollte er tun? Es konnte gefährlich sein, den Mann zu bewegen; das beste war, er ließ Burton in Ruhe, bis der merkwürdige Prozeß beendet war und Burton auf „natürliche“ Weise wieder auferstand.
    Aber Farrel konnte dem Verlangen nicht widerstehen, den Kollegen ebenso zu untersuchen wie zuvor den Tuthanach. Er kratzte die Erde von Burtons Kopf und Schultern …
    Ein seltsamer Geruch.
    Für einen Moment zögerten seine Hände; schweigend und bewegungslos starrte er auf den Körper unter ihm. Die Haut war grau und kalt – das war auf jeden Fall normal. Aber irgend etwas stimmte nicht, irgend etwas Unbestimmbares war nicht so, wie es sein sollte.
    Er griff nach Burtons Kopf und drehte ihn zur Seite. Erde bröckelte aus den leeren Augenhöhlen, und Würmer fielen aus dem zähnebleckenden Mund. Da, wo die Haut noch erhalten war, war sie zusammengeschrumpft und spannte sich über die Knochen. Verwesungsgestank stieg durch die Löcher im Schädel aus dem faulenden Hirn und ließ Farrel mit einem furchtbaren Schrei aufspringen.
    Als er den Oberkörper von Erde befreite, fand er den Splitter eines Schenkelknochens, den man in Burtons Herz getrieben hatte, während er dort lag; er hatte den Brustkorb von hinten durchbohrt und dabei Haut und Fleisch zerfetzt und Knochen gebrochen. Die geballten Fäuste seines Kollegen erhielten eine ganz neue Bedeutung. Er war unter Qualen gestorben.
    Einen Moment lang überhäufte Farrel Tig mit Gebrüll und Beschimpfungen für das, was er getan hatte, aber dann verflüchtigte sich sein Zorn. Da war etwas in den Augen des Jungen, in seinem Gesichtsausdruck … Farrel war plötzlich erschrocken. Er streckte die Hand nach Tig aus und schüttelte den Kopf.
    „Es tut mir leid, Tig. Burton hat dich ein Tier genannt … Ich verstehe.“
    „Nicht einmal. Viele Male“, sagte Tig. „Ich haßte Burton. Ich gab ihm, was er verdiente.“
    Vorsichtig berührte Farrel die Schulter des Jungen, und als Tig nicht zurückwich, griff er fester zu und lächelte.
    „Burton war nicht mein Freund … aber ich kannte ihn, und er war wichtig für mich. Es war ein Schreck für mich, ihn hier tot vorzufinden. Verzeih mir, Tig. Ich habe nicht gemeint, was ich sagte.“
    „Ich habe nicht verstanden, was du gesagt hast.“
    Schuldbewußt erkannte Farrel, daß er auf Englisch gebrüllt hatte. Er lachte leise, beinahe dankbar. Es wäre nicht gut gewesen, wenn der Junge gehört hätte, wie er ihn genannt hatte. Er brauchte jetzt zu dringend Schlaf, und da konnte der Junge seinen Tod bedeuten.
    Er ging zurück zu Burtons Leiche und bedeckte sie wieder mit Erde. Ein paar Fuß weit weg begann ein anderer Grabhügel sich zu bewegen, und Farrel und Tig liefen davon, um von einem Versteck aus zuzusehen.
     
    Sechste Sendung – achter Tag
    Burton ist tot. Tig

Weitere Kostenlose Bücher