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Kopernikus 5

Kopernikus 5

Titel: Kopernikus 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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ursprünglichen Geburt, über die Leichen von zweihundert brutalen und wunderschönen Jahrhunderten. Ich glaube, ich habe in dieser Zeit ein paar Einsätze geflogen, aber ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Vielleicht haben John Scott Brown und Yeşar Ataböy auch niemals existiert – aber der Beweis des Gegenteils ist die Tatsache, daß Q zur Zeit keinen Mitbewohner hat und daß uns anscheinend ein Flugzeug fehlt. Ich nehme an, das ließe sich damit erklären, daß unsere U-2s häufig zwischen hier und Atsuki in Japan oder zwischen hier und Lahore und Peshawar in Pakistan hin und her pendeln – vielleicht wurde Scott zeitweilig zu einer anderen Einheit versetzt. Sie hätten gern, daß wir das glauben. Ich glaube es nicht. Meine ganze armselige Hoffnung hängt in diesen Tagen an der lächerlichen Überzeugung, daß Scott und Yeşar weit genug nach draußen gelangt sind, um die Veränderung ihrer Substanz zu erreichen. Ich verbringe viel Zeit damit, den Mond anzusehen, zu versuchen, sein Geheimnis zu entdecken.
    So dieser Brief, voll mit Geheimnisverrat und melancholischer Religion, ist mein verspätetes Weihnachtsgeschenk für Dich. Ich muß Dir von meiner tiefen, schmerzhaften Liebe zu Dir erzählen, und ich bitte Dich inständig, hoffnungsvoll in Deine Zukunft zu schauen. Du bist aus Kansas, nicht wahr? Stelle Dich in den Mittelpunkt, ohne Arroganz. Alles ist am Ende miteinander verwoben, und Du mußt daran glauben, daß Du einer der Fäden in diesem Teppich bist – und ein wichtiger, wenn auch vielleicht nur für Dich. Glaube etwas anderes, und Du wirst mehr entwirren als den Faden im Gewebe dessen, was Du bist – Du entwirrst Zusammen hänge, die größer sind als Du. Darum scheinen sich – heute – so viele Dinge zu entwirren.
    Verbrenne diesen Brief. Morgen reise ich nach Deutschland. Wenn Kinder, dann auch Erben. Vergiß nicht, das hier zu verbrennen.
    In Liebe, PAPA
     
    Schaudernd las ich diesen Brief von meinem Vater ein zweites, drittes und viertes Mal. Dann warf ich ihn in den Blechpapierkorb, den wir aus unserem Quartier in Edwards Air Force Base mitgenommen hatten, und hielt ein Streichholz darüber. Aber ich konnte es nicht hineinfallen lassen. Ich holte die Blätter wieder aus dem Papierkorb und versteckte sie in meinem Zimmer.
    Am letzten Tag im Januar 1958 brachte eine Jupiter-C der Armee den Explorer I in den Orbit, und die Vereinigten Staaten waren nunmehr offiziell zusammen mit der Sowjetunion im All. Meine Aufregung war echt. Obwohl mein Vater mir nicht noch einmal schrieb, dämpfte dieser amerikanische Erfolg zusammen mit dem Brief, den ich in einer Schreibtischschublade aufbewahrte, meine Depressionen und untergrub meine Verbitterung. Ich zweifelte nicht daran, daß mein Vater mich liebte und daß deshalb die Gerechtigkeit in den internationalen Angelegenheiten den Sieg davontragen würde.
    Erst im Sommer, während der jährlichen Pioniertage in Huerfano, kam ein Mann von Wichita herunter, um Theodosia und mir zu sagen, daß mein Vater auf einem routinemäßigen Wetterflugeinsatz über dem Nahen Osten vermißt sei. Weil er schon seit zweiundsiebzig Stunden überfällig war, sah es nicht sehr gut aus. Es ergab sich, daß Wesley Ray Weir nie mehr nach Hause kam. Nichts davon gelangte jemals in die Zeitungen, und ein wesentlicher Trost hat für mich stets in dem Glauben gelegen, daß er übergelaufen ist – nicht zu irgendeiner politischen Macht, sondern zu einer Unverweslichkeit, die nichts mit dieser Welt zu tun hat.
    Und ich war nie religiös.

 
Gero Reimann
Jenseits des Rheins
     
    Der Hügel lag an der Rue des Crêtes, etwa zwölf Kilometer von Aurillac entfernt. Wir hatten unseren japanischen Wagen unten an der Straße geparkt und waren das kurze Stück bis zur Wiese hinaufgegangen – nachdem ein Versuch, den Wagen hinaufzufahren, gescheitert war. Die Antriebsräder hatten wegen des steilen Anstiegs des Feldwegs durchgedreht und den sandigen Boden aufgewirbelt.
    Sie hatte auf der Decke ausgestreckt dagelegen und im achten Band der Hanser Jean-Paul-Ausgabe, im Kampaner Tal , gelesen.
    Währenddessen versuchte ich den Pfosten des Gatters mit dunkelgrünem Buntstift auf dem matten Aquarell-Bütten-Papier nachzuzeichnen. Einen abgestorbenen, vertrockneten Pfosten, der sich über einem Tal in den Himmel reckte, umwunden von Stacheldraht, dessen Enden wirr durch die feine Struktur der Gräser führten und dann abrupt aufhörten.
    Nach einigen weiteren Versuchen kapitulierte ich vor

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