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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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mensch­li­chen Kunst­for­men hät­te ver­su­chen sol­len, aber ih­re Sehn­sucht da­nach, von ihm mit Wohl­wol­len be­trach­tet zu wer­den, hat­te ih­re ein­pro­gram­mier­te Ver­nunft über­wäl­tigt. „Ich bit­te um Ver­zei­hung, Na­ka­mu­ra-san. In Zu­kunft wer­de ich mir so et­was nicht mehr an­ma­ßen.“
    Sei­ne Ne­bel­lam­pen fla­cker­ten vor Er­stau­nen. „Hast du ge­glaubt, daß ich dich zu­recht­wei­se?“ frag­te er und be­deu­te­te ihr, den Tee ein­zu­schen­ken.
    Mit Ja zu ant­wor­ten hät­te be­deu­tet, die Ei­gen­tü­mer-Re­spekt-Schal­tun­gen zu ver­let­zen. „Ich dach­te, Herr, daß Ihr mich an mein Ma­schi­nen­sein er­in­nern woll­tet.“
    „Nein, ganz und gar nicht.“ Er nipp­te durch einen kup­fer­nen Saughe­ber an dem damp­fen­den Tee; sei­ne Mi­kro­wel­len­plat­te be­weg­te sich erst nach rechts, dann nach links und deu­te­te sei­ne Zu­stim­mung an. „Wie mein ehr­wür­di­ger Groß­va­ter oft sag­te, kann je­der ein Künst­ler wer­den, so­lan­ge er einen Blick be­sitzt, Geist, ei­ne ru­hi­ge Hand und ein Le­ben, um es da­für hin­zu­ge­ben. Für einen An­fän­ger warst du schon gut.“ Mit sei­nen Ma­ni­pu­la­to­ren be­för­der­te er stäb­chen­wei­se Reis­bäl­le in sei­ne Nah­rungs­auf­nah­me­klap­pe. Einen Au­gen­blick spä­ter blick­te er auf. „Du kannst ge­hen.“
    Als sie sich fort­be­weg­te, fühl­te sie sich leich­ter als Luft. Lob von Na­ka­mu­ra-san! Un­ver­hofft und – ach, so be­glückend*. Be­son­ders, wenn man be­dach­te, wie miß­mu­tig er wäh­rend ih­rer letz­ten Rück­kehr ge­we­sen war! Sie hat­te ge­dacht, daß er zu­sam­men­bre­chen, den Ver­stand ver­lie­ren wür­de, aber das war nicht ge­sche­hen. Sie hat­te sich ge­irrt, und ih­re Glück­se­lig­keit pul­sier­te so laut, daß die Leucht­leis­ten über ihr zu sum­men be­gan­nen.
    Doch als sie in der Kü­che war, wies sie sich selbst zu­recht. Sie war ei­ne Ma­schi­ne, ein Ge­rät, ein Ding – Me­tall und Plas­tik, das vom Men­schen zu sei­nem Wohl­ge­fal­len zu­sam­men­ge­fügt wor­den war. Sie hat­te kein Recht zu lie­ben. Ih­re Rol­le be­stand dar­in zu die­nen, in zu­ver­läs­si­gem Ge­hor­sam, mit me­cha­ni­scher Ex­akt­heit – nicht mit Zu­nei­gung. Na­ka­mu­ra-san konn­te sie je­den Au­gen­blick ver­kau­fen oder sie in einen Eis­schrank um­bau­en, wenn er dies wünsch­te, denn ein Mensch schul­de­te sei­nem Ei­gen­tum nichts, über­haupt nichts.
    Und doch lieb­te sie, tief und wahr, und konn­te nichts da­ge­gen tun.
    Sie woll­te auch nichts da­ge­gen tun. Sie ge­noß es, wie ihr Wech­sel­strom­ge­ne­ra­tor stets ei­ne zu­sätz­li­che Pe­ri­ode pro Se­kun­de zu­leg­te, so­bald sich Na­ka­mu­ra-san nä­her­te. Sie schwelg­te im Ab­sin­ken der Wi­der­stän­de ih­rer Ge­hor­sams­schal­tun­gen, wenn er sich räus­per­te. Und es ent­zück­te sie maß­los, wenn ihr Funk­ti­ons­s­e­lek­tor ihr, wann im­mer sie et­was be­en­det hat­te, ei­ne Auf­ga­be stell­te, de­ren Er­fül­lung sei­ne Mi­kro­wel­len­plat­te in zu­stim­men­de Be­we­gung ver­set­zen wür­de. Sie lieb­te ihn, und sie war froh.
    Sie war auch neu­gie­rig, denn sie wuß­te, daß Lie­be ihr fremd sein soll­te. Die Fa­brik hat­te ihr nicht die­se Fä­hig­keit ein­ge­baut. Drei Her­ren hat­te sie ge­dient, Hun­der­ten von Men­schen war sie be­geg­net, oh­ne daß je­mals auch nur ein leich­tes Fla­ckern von ‚Lie­be’ auf­ge­kom­men wä­re. Dann war sie ei­nes Mor­gens aus dem Schlaf auf­ge­wacht (sie nann­te es Schlaf, ob­wohl es eher ei­ne Pe­ri­ode der Ener­gie­ein­spa­rung, der In­for­ma­ti­ons­er­gän­zung und der Schal­tungs­über­prü­fung war), hat­te sei­ne Stim­me ge­hört, sein Ge­sicht ge­se­hen, und die Flam­me war hoch in ihr auf­ge­lo­dert.
    „Mar­chi­an­na“, rief er un­ge­dul­dig und lös­te da­mit einen Feed­back-Ef­fekt aus, der sie wie das Nach­be­ben ei­nes Or­gas­mus durch­zuck­te, „es ist Zeit.“
    „Hai!“ Mit schnur­ren­den Schal­tun­gen ver­ließ sie die Kü­che und folg­te ihm, im re­spekt­vol­len Ab­stand von drei Me­tern, durch die plas­tik­ver­tä­fel­ten Kor­ri­do­re, die sich auf die Ober­flä­che

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