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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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zurecht, dann nehme ich Galligras als Zunder. Wie Tuka es immer gemacht hat. „Die Kennzeichen der Gwi sind ein niedriger, flacher Schädel, sehr kleine Brustwarzen, gewölbte oder senkrechte Stirn, büscheliges, sogenanntes Pfefferkorn-Haar, ein kaum vorspringender Unterkiefer …“ Ich drehe die Stöcke zwischen den Handflächen. Es scheint ewig zu dauern. Mir schmerzen die Arme. Ich will schon aufgeben, da raucht es auf einmal. Kuara hüpft schnatternd im Lager umher. Ich schaue auf das Feuer und lächle vor Freude. Aber es ist Furcht in der Freude. Ich werde Feuer zum Wärmen und Feuer zum Kochen machen, beschließe ich, während ich den Rauch zur Flamme entfache. Kein Festfeuer. Nicht ohne Tuka.
    Ich röste den Leguan mit Eru-Beeren und Tsha-Gurken, die hier reichlich vorzukommen scheinen. Aber ich bin nicht Tuka, der mit Feuer und Lachen schnell bei der Hand war; das Feuermachen hat zu lange gedauert. Als die Echse erst halb gar ist, schnappt Kuara sie und reißt sie auseinander, indem er sie wie heißen Teig von einer Hand in die andere wirft. „Kuara!“ schelte ich und tue, als ob ich ärgerlich wäre. Er kichert und hebt die Echse mit baumelnden Eingeweiden an den Mund, um davon zu essen. Ich lächle wehmütig. Kuaras lachende Augen und Straußenbeine – genau wie Tuka!
    „Die Gwi singen keine Schlachtgesänge oder Heldenlieder“, leiert die Stimme. „In ihrer Geschichte kommen keine Kriege vor. Doch besiegelte ironischerweise der südafrikanische Krieg im letzten Jahrhundert, an dem die Gwi unbeteiligt waren, ihren Untergang. Zwar sind kleinere Streitigkeiten durchaus an der Tagesordnung – selbst in einer Gesellschaft, die Gewalt ablehnt, zanken sich Eheleute –, aber Kämpfen wird als etwas Ehrenrühriges betrachtet. Wer kämpft, dem ist es mißlungen …“ Als ich aufschaue, sind an den Fenstern keine Gesichter zu sehen.
    Schließlich färbt die Dämmerung das Gras grau. Kuara findet eine Perlhuhnfeder und ein Rohr; er lehnt sich gegen meine Beine und macht sich ein Zani. Es wird kühler. Ich entscheide, daß die Tür besser um unsere Schultern paßt als vor den Eingang des Tshushi.
    Aus der untergehenden Sonne kommt eine Gestalt. Ich beschirme meine Augen mit dem Arm. Doktor Stefanko. Sie lächelt, nickt Kuara zu, der eine Nuß als Gewicht an seinem Spielzeug befestigt, und setzt sich auf einen Holzklotz. Sie lächelt immer noch, aber ohne Freude. Sie sieht mich streng an.
    „Ich hoffe doch sehr, daß du dich um Kuaras willen nicht noch einmal so aufführen wirst wie heute nachmittag“, legt sie los. „Du bist dir doch wohl darüber im klaren, daß er … daß er sozusagen auf Probe bei dir ist. Wenn du Ärger machst, müssen wir den Jungen zurück in die Vorbereitungsräume schicken, bis du … bis du dich besser eingewöhnt hast.“ Sie tippt mit dem Zeigefinger gegen ihre Handfläche. „Du mußt deine Impulsivität im Zaum halten.“ Sie tippt noch einmal. „Und das gleich.“
    Mit schräg geneigtem Kopf starre ich sie verständnislos an.
    „Wie du deinen Kaross ausgezogen hast, bloß weil der Monitor sagte, du tätest das nie.“ Sie nickt wissend. „O ja, wir wissen es ganz genau, wann du zuhörst und wann nicht. Und diese scheußliche Szene mit der Echse!“ Sie verzieht das Gesicht und schüttelt sich. „Und dann die Sache mit dem Feuer.“ Sie deutet auf die Glut. „Man erwartet von dir, daß du hier lebst wie damals auf der Erde. Wenigstens tagsüber. Es war immer Männerarbeit, das Feuer zu entzünden.“
    „Es waren immer Männer da.“ Ich zucke die Achseln.
    „Das stimmt. Na ja, wir sind dabei, etwas zu arrangieren. In der Zwischenzeit halte dich an Nahrungsmittel, die du nicht zu kochen brauchst. Und stell die Heizung an.“ Sie geht zu dem Stein, läßt sich auf Hände und Knie nieder und dreht an einem der Knöpfe. Etwas beginnt zu summen. Sie setzt sich wieder auf den Holzklotz, lächelt und reibt ihre Hände über dem Feuer. Dann zieht sie eine Fotografie aus ihrer Hüfttasche und reicht sie mir. Ich drehe das Bild richtig herum. Da steht Doktor Morse mit dem Arm über Gais Schultern. Sein linker Arm umfaßt ihre Taille. Im Hintergrund sieht man die Landrover.
    „Impulsiv“, sagt Doktor Stefanko, lehnt sich hinüber und schnipst mit dem Finger gegen die Fotografie. „Genauso hat Doktor Morse dich in ihren Notizen genannt. Sie betrachtete das als eine Tugend.“ Wieder hebt sich ihre Augenbraue. „Wir sind da anderer Meinung.“ Dann fügt sie stolz hinzu:

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