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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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ihn zum ersten Mal zu Gesicht bekommen hatten. Der letzte weiße Dodo verschwand um 1720 aus den Annalen der Geschichte. Die Einzelgänger von Rodriguez und Réunion, die letzten ihrer Rasse wie ihrer Art, mögen noch bis 1790 überlebt haben. Niemand weiß das.
    Plötzlich schauten sich die Wissenschaftler um und fanden keinerlei lebende Dodo-Vögel mehr. Nirgendwo.
     
    Dieser Teil des Landes war schon heruntergekommen, bevor ihn überhaupt jemand zu Gesicht bekam. Diese Straße war seit dem Ende der fünfziger nicht mehr asphaltiert worden, und es war eine Hauptstraße zwischen zwei Landsitzen. Das hieß aber nicht, daß sie durch zivilisiertes Land führte. Ich war schon meilenweit gefahren und hatte nichts gesehen als Erdwälle, so rot wie Billy Carters Nacken, und hin und wieder eine Kirche. Ich erwartete, Plakate von Burma Shave zu finden, aber dann wurde mir klar, daß an dieser Straße wahrscheinlich noch nie welche gestanden hatten.
    Beinahe wäre ich an der mit Sand und Schotter bedeckten Straße, die der Mann an der Tankstelle mir markiert hatte, vorbeigefahren. Sie stieß von nirgendwoher auf die Landstraße, ein Weg, der aus dem Feld herauskam. Ich bog ein, und ein Stein, so groß wie ein Golfball, prallte über die Motorhaube hoch und schlug mir einen drei Zoll langen Sprung in die Windschutzscheibe des Mietwagens, den ich mir in Grenada besorgt hatte.
    Dafür, daß es noch so früh war, war es schon heiß und stickig. Jedesmal, wenn der Schotter dünner wurde, nahm eine Staubwolke mir die Sicht. Nach etwa einer Meile hörte der Schotter ganz auf. Die Straße wurde zu einem ausgefahrenen Sandweg, kaum breiter als das Auto und zu beiden Seiten von einem durchhängenden, dreifachen Stacheldrahtzaun gesäumt.
    An manchen Stellen fehlten die Zaunpfähle über ein paar Meter hinweg. Der Draht lag dann auf der Erde, und hier und da verschwand er über weite Strecken darin.
    Das einzige Lebewesen, das ich traf, war eine Spottdrossel, die mit irgend etwas unter einem Dornbusch herumtobte, an dem man den Stacheldraht angenagelt hatte. Auf der einen Seite lag jetzt ein grasüberwachsenes Feld, wild ausgewuchert, so wie es überall aussehen wird, wenn wir uns erst von diesem Planeten heruntergefegt haben. Die andere Seite war schnell zuwachsender Wald – Kiefern, Eichen, ein paar Eukalyptus – und wilde Pflaumenbäume, zu dieser Jahreszeit noch ohne Früchte.
    Langsam fragte ich mich, was ich eigentlich hier machte. Wenn Mrs. Jimson nun eine phantasiebegabte alte Spinnerin war, die … aber nein. Vielleicht irrte sie sich, aber selbst wenn sie sich irrte, war das eine Überprüfung wert. Aber ich wußte, daß sie mich nicht belogen hatte. Zum Lügen schien sie gar nicht fähig – ein braves altes Mädchen, Rückgrat des Südens, des Bodens. Ganz und gar ohne Falsch.
    Ich konnte gar nicht an ihr zweifeln, und an meiner Urteilskraft auch nicht. Hier war ich und kroch holpernd einen Lehmweg in Mississippi hinunter, nachdem ich einen Tag nicht geschlafen hatte, am dünnen, ausgefransten Rande eines Traums. Ich mußte jetzt einfach Vertrauen haben.
    Manchmal, wenn der Lehm sich gelockert hatte und zu Sand geworden war, rutschte das Hinterteil meines Wagens weg. Einmal blieb ein Hinterrad stecken, aber ich schaukelte mich wieder heraus. Der Rückweg würde eine Sache für sich werden. Benutzte diese Straße denn überhaupt niemand?
    Der Wald drängte jetzt zu beiden Seiten herein wie ein urzeitlicher Dschungel, und der Zaun war längst verschwunden. Nach meinem Kilometerzähler war ich zehn Kilometer gefahren, und es war zwanzig Minuten her, seit ich die Hauptstraße verlassen hatte. Im Rückspiegel sah ich Schweißperlen und Schmutz in den Falten meines Halses. Eine feine Patina von Staub bedeckte das ganze Innere des Wagens. Klumpenweise kam er durch die Fenster herein.
    Der Wald rückte vor und verschlang die Straße. Zweige kratzten über die Fenster und das Dach. Es war, als fiele man in einen langen, dunklen Blättertunnel. Es war finster und grün dort drinnen. Ich mußte einen atavistischen Drang, die Scheinwerfer einzuschalten, niederkämpfen. Der Untergrund des Weges mußte aus dem verrotteten Laub einiger Jahrhunderte bestehen. Ich hielt das Gaspedal gleichmäßig niedergedrückt und walzte mich hindurch.
    Ein halber Baumstamm verhakte sich scheppernd und krachend unter dem Wagen. Vor mir sah ich Licht. Ich fürchtete um meine Ölwanne, aber ich trat das Gaspedal durch und schoß vorwärts.
    Beinahe wäre

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