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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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EIGENE FAUST, erinnerte sich Fenter an die Reisebroschüre, er grinste, ich schau mir doch nur den Strand an, nicht wahr? Er wanderte am Rand des Meeres entlang und fühlte, wie sein Kopf frei und klar wurde, weit wie der anmutig wellenlose Ozean, der hellgrüne Schimmer über dem Land, der menschenleere Sand. Endlose Ruhe, als ob sich seit Bestehen der Erde nichts geändert hätte, Stille, als ob die Zeit abhanden gekommen sei. Nichts rührt sich, dachte Fenter und bemerkte plötzlich, daß auch er selbst starr war wie eine Puppe. Er wollte die Augen zusammenkneifen, den Fuß voransetzen, doch wie angehalten war der Ort, an dem er stand.
    Und dann schien sich doch etwas zu verändern: Die Welt schrumpfte – oder wuchs er? Er dehnte sich aus, aber ein anderer, stofflicher Teil von ihm blieb zurück: Er sah sich am Strand stehen, und gleichzeitig wuchs er weit über das Land.
    Das Meer hatte in der Nacht schmale Pfützen im Sand zurückgelassen, eine dünne Spur olivgrüner Ablagerungen markierte den höchsten Wasserstand, der starre, zurückgelassene Fenter wurzelte unmittelbar an dieser Linie. Und plötzlich war ein Vogel vor seinen Füßen, trippelte in sonderbaren Bewegungen um sich selbst und spreizte das Gefieder, so daß die Flügelspitzen in die Pfützen tippten.
    Na also! sagte der schwebende Fenter erleichtert und nickte dem staubroten Vogel zu, es ist doch noch ein Wesen außer mir auf der Welt …!, aber seltsamerweise hörte er sich selber nicht. Er sah den Vogel tanzen und doch keine Bewegung, wie aneinandergehackte, schnell aufeinanderfolgende Fotos wirkte der Tanz des Tieres, und von einem Augenblick zum anderen war der Vogel wieder verschwunden, blaß dehnte sich die Zeitlosigkeit zwischen Fenter und dem Strand.
    Dann hatte die Blässe zugenommen, das Meer, der Sand, die Silhouette des Hotels waren nicht mehr; kaum konnte er noch die weißen, riesigen Felsbrocken unter sich erkennen. Als ob die Sonne dünn und milchig wird, so versickerten Licht und Himmel, Fenter fühlte sich zu einem riesigen, farblosen Netz auseinandergezogen, nichts als Felssteine unter und Wassertropfen über sich, er schwebte in einem Fetzen Ewigkeit. Nach und nach konnte er ringsum etwas mehr erkennen, ein vages, reliefartiges Foto Ostafrikas zeichnete sich ab, und er rührte mit den Schultern an den Kilimandscharo und mit den Zehen an den Viktoriasee, und als er genau hinschaute, sah er in der kahlen, weiten Ebene unter sich den staubroten Vogel tanzen.
    Doch schon wurde es dunkler und dunkler, der Himmel schloß sich als strohigschwarze Kuppel über ihm, er schrumpfte wieder und sackte schwer zu Boden, das Netz, das er gewesen war, verknotete und ballte sich zusammen zu einem unbeweglichen Stein, ohne Kopf, ohne Arme, Beine, Augen, Finger, und wieder war nichts außer ihm in der Welt.
    Plötzlich dann: Bewegung, Geräusche, Kopfschmerzen, Hunger, Fenter glaubte, den Vogel hinausflattern zu sehen, der dicht gewebte Vorhang schlug etwas zur Seite, und grelles Sonnenlicht stach herein, jemand lachte draußen, ein Baby kreischte, von der Weide her war das vertraute Muhen der Zebus zu hören.
    „Or-d-Fente, was ist mit dir?“ fragte Carola, er rieb sich die Augen, sprang auf und fiel stöhnend aufsein Lager zurück, sein Hirn schwappte wie lehmiger Brei.
    „Was soll sein?“ brummte er und hielt sich den Kopf, in seinen Ohren dröhnten nun all die Geräusche, die ihm zuvor abhanden gekommen waren.
    Seine Frau sagte tadelnd: „Die anderen sind längst auf dem Feld. Und heute früh hat eine Versammlung stattgefunden, aber ich habe dich einfach nicht wecken können, wie ein Stein hast du geschlafen.“
    Eine Versammlung?
    „Der Orkoyote hat etwas angekündigt, ich konnte es nicht verstehen, und die Männer wollten nicht darüber reden“, sagte sie und ging wieder hinaus und ließ dabei den Vorhang zurückgeschoben.
    Eine Versammlung beim Orkoyoten? Fenters Hirn konnte keinen klaren Gedanken fassen, der seltsame. Alptraum umspann es noch mit klebrigen Fäden.
    Carola kam zurück und erinnerte ihn: „Du mußt die Pfähle im Garten richten. Bitte tu es heute.“ Sie trug das bunte, wadenlange Hemd, das sie sich zum Urlaub gekauft hatte, um ihren Hals hing eine Kette aus glitzernden Platten, auf ihrem Kopf …
    „Was ist mit deinem Haar?“ sagte er verwirrt.
    Sie wies ihn zurecht: „Was soll mit meinem Haar sein?“ sagte sie gereizt. „Du weißt, daß ich gern Kopftücher trage.“ Sie runzelte ihre glänzende,

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