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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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ver­krümmt war, und stell­te, wei­ter­tas­tend, fest, daß es sich um mehr als einen Kör­per han­deln muß­te. Er kroch wei­ter vor. Ge­stank, Lei­chen­ge­ruch, ver­brann­tes Fleisch in der Na­se, ge­fühl­los. Sei­ne Be­we­gun­gen soll­ten sein Ent­set­zen mil­dern, ihn vor der Lei­chen­star­re be­wah­ren. Wei­ter, im­mer wei­ter. Und spür­te, wie die Lei­chen ihn von al­len Sei­ten um­ga­ben. Oben und un­ten. Al­le Rich­tun­gen zu. Wie er sich ge­fan­gen fand in ih­rer un­durch­dring­li­chen, im Dun­kel be­fan­ge­nen, aus­rin­nen­den Wär­me. Er zap­pel­te, glaub­te sein Herz aus­set­zen zu spü­ren. Sein Be­wußt­sein er­losch. Er fiel in ei­ne Ohn­macht.
    Auf­tau­chend aus der gnä­di­gen Ohn­macht, spür­te er Käl­te, wur­de ge­wahr, daß er ver­keilt in ei­nem Berg von Lei­chen steck­te, und be­gann, wahn­sin­nig ge­wor­den, sich durch den Berg, der kein En­de zu neh­men schi­en, der gan­ze Tun­nel schi­en mit Lei­chen ver­stopft, hin­durch­zu­wüh­len. Blut drang auf ihn ein, leb­lo­se Glie­der, Ein­zel­tei­le, drück­ten sich in sei­nen le­ben­di­gen Leib. Kno­chen, die frei­la­gen, ritz­ten ihn. Er wühl­te her­um, bis ihn die Kräf­te ver­lie­ßen, der Ge­stank ihn er­stick­te und er wie­der in Be­wußt­lo­sig­keit ver­sank.
    Doch die Pro­gram­me sei­nes Ge­hirns hat­ten die ers­ten Sen­sa­tio­nen (das ers­te Ent­set­zen) ein­ge­spei­chert und ver­ar­bei­tet. Ihm wur­de ei­ne wei­te­re Ohn­macht ver­wehrt. Er be­kämpf­te die Pa­nik, die Er­sti­ckungs­angst, die Angst, er­drückt zu wer­den, die Angst, daß ihm sein Le­ben ent­zo­gen wür­de, und kroch lang­sa­mer, aber un­auf­hör­lich in Be­we­gung blei­bend wei­ter. Nach lan­ger Zeit fühl­te er, wie die Luft von oben, wo er ein Oben ver­mu­te­te, wo sei­ne Hand nur mit An­stren­gung hin­lan­gen konn­te, küh­ler zu wer­den schi­en.
    Er krab­bel­te wei­ter fort. Die Luft ließ sich bes­ser at­men. Hof­fent­lich lebt kei­ner mehr und be­wegt sich, dach­te er. Dann war er auf ein­mal aus dem Lei­chen­berg her­aus und er­tas­te­te ei­ne Ab­riß­kan­te aus Stein, aus fes­tem, ver­läß­li­chem Stein, und lag auf dem Bauch. Ich über­le­be.
    Er rich­te­te sich auf. Er ging mit vor­ge­streck­ten Hän­den tap­pend vor­wärts. Er stieß ge­gen ei­ne Glas­schei­be, tas­te­te sich an ihr ent­lang und ge­lang­te in ei­ne Öff­nung, die ihm die Ma­ße ei­ner Tür zu ha­ben schi­en.
     
    Er lausch­te. Wie­der hör­te er das Tap­pen in dem Tun­nel, in dem er sich seit Ta­gen, oder wa­ren es schon Wo­chen, ver­steckt hielt und um­faß­te sei­nen Speer. Er spür­te, wie ein Mensch sich ihm nä­her­te.
    Der an­de­re blieb ste­hen. Er hör­te, wie der vor sich hin­grunz­te, wie der un­ar­ti­ku­lier­te Lau­te aus­stieß. Kein Wort, das er ver­ste­hen konn­te.
    „Tu mir nichts!“ sag­te er laut und lausch­te sei­nen Wor­ten nach, die in der ihn um­schlie­ßen­den Schwär­ze ver­hall­ten. „Tu mir nichts!“
    Der an­de­re rö­chel­te wei­ter vor sich hin, nä­her­te sich aber nicht mehr.
    Sie be­lau­er­ten sich.
    Chick hielt sei­nen stäh­ler­nen Speer fest um­klam­mert und drück­te sich dicht an die Wand.
    Die Zeit ver­ging lang­sam. Chick hielt die Un­ge­wiß­heit nicht mehr aus. Er stell­te den Speer ne­ben sich an die Wand und streck­te bei­de Ar­me vor sich aus, mit ge­spreiz­ten Fin­gern, in die Rich­tung, aus der die un­ar­ti­ku­lier­ten Lau­te ge­kom­men wa­ren und wo er den an­de­ren im Dun­kel ver­mu­te­te.
    Er hör­te ein Tap­pen und be­zwang die Pa­nik. Er blieb ste­hen. Je­mand nä­her­te sich ihm. Vor ihm, er drück­te sich fest an die Wand, er­starr­te, ver­hiel­ten die Schrit­te. Je­mand be­rühr­te ihn vor­sich­tig an der Schul­ter.
    Er hob lang­sam sei­ne lin­ke Hand und leg­te sie auf die Hand, die auf sei­ner Schul­ter lag.
    Ih­re Hän­de be­rühr­ten sich.
    „Wer bist du?“ frag­te Chick.
    Nie­mand ant­wor­te­te. Er nahm vor­sich­tig auch den an­de­ren Arm hoch und be­tas­te­te den Kör­per, der vor ihm stand. Es war der Kör­per ei­ner Frau oder ei­nes Mäd­chens. Das er­schreck­te ihn. Sei­ne Hän­de wan­der­ten nun, er war ru­hi­ger ge­wor­den, über den an­de­ren

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