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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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hat­te nicht aus­ge­reicht, et­was Neu­es in sei­nen Wahr­neh­mun­gen zu struk­tu­rie­ren. Er ver­schlief, wie in ei­nem Ra­di­us um den Ab­wurf des Spreng­kop­fes das Le­ben ver­zisch­te, wie es in ei­nem wei­te­ren Ra­di­us ver­seucht wur­de. Er ver­schlief al­les, er hat­te für Po­li­tik und de­ren Aus­wir­kun­gen nie ein Be­wußt­sein auf­brin­gen kön­nen. Die Rea­li­tät war ihm schon zu früh vor­ent­hal­ten wor­den. Was soll­te er von den mi­li­tär­tech­ni­schen Pro­zes­sen ver­ste­hen, die kü­bel­wei­se über ihm ein­ge­lei­tet wor­den wa­ren. Er hielt mit bei­den, mu­schel­för­mig ge­schlos­se­nen Hän­den sein Ge­schlecht um­faßt, als wol­le er es vor ge­fähr­li­chen Strah­lun­gen be­wah­ren. Er hör­te, im Schlaf be­fan­gen, der der Dun­kel­heit, der Stil­le und dem Atom­schlag den Schre­cken nahm, hun­dert Jah­re al­te, dunkle, sam­te­ne Ne­ger­stim­men einen Blues an­stim­men, un­ter­bro­chen, blau und ge­stirnt wie der Him­mel, be­glei­tet von dem schril­len Ge­kreisch der Mund­har­mo­ni­ka, der fie­bri­gen Vi­bra­ti­on von Gi­tar­ren­sai­ten, dem Ge­stamp­fe von Fü­ßen. Er über­leb­te mit sei­nem Kör­per, ei­ne Ver­zö­ge­rung, ein Durch­ste­hen der Skla­ve­rei, ein mensch­li­ches War­ten, den BLUES!
    Je­mand sag­te in sei­nem vom Schlaf ver­schlos­se­nen Kopf:
    MY BA­BY IS GO­NE
    Er ver­stand die Spra­che nicht. Aber er fühl­te, auf­at­mend, tief und voll süßem Elend.
    MA PRET­TY WORLD HAS GO­NE
    Und er schlief sei­nen Blues über den Aus­bruch des Drit­ten, West und Ost er­fas­sen­den, Welt­krie­ges, ei­ne Ab­strak­ti­on, hin­weg. Un­kun­dig des Eng­li­schen, un­kun­dig des Dia­lek­tes. Nur noch: Ana­lo­gie. Wie­der­ho­ler der Si­tua­ti­on. Über­le­ben­der oh­ne Zu­kunfts­pro­gram­ma­tik und Wis­sen. Mit den Hän­den sei­ne Sa­men­bank um­schlie­ßend. Ich wer­de mir mei­ne Mensch­heit nicht rau­ben las­sen. Von nie­man­dem.
    I CAN’T DO NOTHING BUT JUST RING MY HANDS AND CRY
    sang es jahr­hun­der­te­alt, das Le­ben ver­tei­di­gend, in ihm.
    Er schlief.
    EVE­R­Y­THING IS JUST A THING MA LOVE WILL NE­VER CHANGE
    Der Blues, ir­gend­wo­her, ir­gend­wie, spiel­te auf sei­nem Ge­hör, auf sei­nen Sin­nen und ließ ihn, zu­sam­men­ge­kau­ert, zu­sam­men­ge­sun­ken im un­ter­ir­di­schen La­by­rinth un­ter der Schu­le, un­ter der Au­la, über­le­ben. Ein Le­bens­rhyth­mus, des­sen er sich nicht be­wußt war, ließ ihn ins Über­le­ben hin­ein­schla­fen. Er wim­mer­te lei­se vor sich hin.
     
    Und lausch­te an­ge­spannt. Jahr­zehn­te schie­nen ver­gan­gen zu sein. Den­noch, die Zeit stand still. Er sog die Luft lang­sam ein, um kein Ge­räusch zu ma­chen und um­spann­te sei­ne Waf­fe. Er war­te­te.
     
    Er hör­te, wie sich Stei­ne lös­ten und in das, was vom Tun­nel üb­rig­ge­blie­ben war, hin­ein­fie­len, wie Mör­tel run­ter­rie­sel­te. Er fühl­te den Druck von Stein­mas­sen auf sich las­ten und be­gann zu krie­chen, bis ihn sei­ne Knie schmerz­ten, weil der Stein­schutt sie auf­riß. Die Au­gen drück­ten sich ihm schwarz in den Kopf ein. Von vorn weh­te ein lau­er Luft­zug ge­gen ihn, erst nur ein we­nig und dann kräf­ti­ger wer­dend, als wür­den die schwar­zen Stein­mas­sen die Luft aus an­de­ren Räu­men in sich hin­ein­sau­gen. Die Luft wur­de wär­mer und roch ver­brannt. Er miß­ach­te­te die Schmer­zen an Hän­den und Kni­en und El­len­bo­gen und zog sich wei­ter vor­wärts mit vor­tas­ten­den Hän­den. Plötz­lich fuhr er er­schro­cken zu­rück und ver­hielt be­we­gungs­los. Et­was Wei­ches und War­mes, et­was Nas­ses hat­te ihn be­rührt, war ge­gen sei­ne vor­wärts tas­ten­de Hand ge­sto­ßen. Er über­wand ein neu­ar­ti­ges Ent­set­zen, das sich in sei­nem Nacken, schmerz­haft die Mus­keln ver­kramp­fend, fest­bohr­te, und streck­te die rech­te Hand vor, ließ sie durch den Schutt krie­chen in Rich­tung auf das Wei­che, das War­me, das Nas­se, das Kör­per­haf­te, in das­je­ni­ge, wel­ches nicht in die Stein­welt hin­ein­paß­te. Er tas­te­te dar­über hin. Er­starrt. Es war ein mensch­li­cher Kör­per.
    Er spür­te, daß der Kör­per ver­zerrt, ver­brannt und

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