Kopernikus 7
Körper, der sich ihm nicht entzog. Als er über das Gesicht fuhr, stellte er fest, daß der Unterkiefer fehlte. Er spürte eine große Wunde, aus der ein Wimmern drang.
Sie umarmten sich, und eine Wärme und Geborgenheit, von der sie nicht mehr wußten, daß es sie noch für sie geben könnte, ließ Schauer des Entzückens über ihre Körper laufen. Nicht mehr fähig, ihre Umwelt wahrzunehmen, so sehr hatte sie der warme Körper des anderen gefangengenommen mit seiner lebenden Wärme, bemerkten der augenlose Chick und die mundlose Frau nicht, daß sich ihnen am Ende des Ganges zwei Gestalten näherten.
Die beiden trugen glänzende Anzüge, die nahtlos Arme und Beine umschlossen. Nur an Füßen und Händen schien festeres Material über die glänzende Folie gegossen worden zu sein. Der Kopfteil der Anzüge war halslos und zerknittert. Er hatte vorne drei eingelassene schwarzumrandete Öffnungen. Auf den bleiverglasten Öffnungen spiegelte sich die Dunkelheit und grinste.
Die beiden unförmigen, langsam dahertappenden Gestalten, die in den dicken Plastikhandschuhen lange Rohre trugen, verharrten, wobei die Folie der Anzüge knisterte. Gedämpft drangen Stimmen aus den Anzügen.
„Notierst du?“ fragte der eine Anzug.
„Warte“, antwortete der andere, „ich muß erst eine neue Karte finden, ich habe kaum noch welche.“
„Es sind zu viele noch hier unten.“
„Ist sowieso Quatsch, die aufzunehmen.“
Der eine Anzug bückte sich und zog aus einer Tasche, die sich auf dem Oberschenkel befand, eine Karte mit der Nummer 3968, auf der stand:
Verletztenbegleitkarte.
Bei den Spalten „Name“, „Straße“ und „Wohnort“ machte er mit der Spitze des rechten Zeigefingers, an der sich ein Schreibgerät befand, einen Strich.
Darunter war ein menschlicher Körper auf der Karte abgebildet, wobei nur die Umrisse sowie einige Innenlinien aufgedruckt waren.
Er machte über den unteren Teil des Kopfes der Figur einen groben Strich. Dann notierte er hinter dem Wort „Zeit“ 19.42, darunter hinter „im“ einen Strich, ebenso bei der Abkürzung „iv“, unter der sich die stilisierte Abbildung einer medizinischen Spritze befand.
Chick und die Frau hielten sich umschlungen und erschufen aus der Wärme ihrer Körper eine erträglichere Welt. Eine Welt, in der es viel Zärtlichkeit gab.
Unter der Spalte mit der Abbildung der medizinischen Spritze folgten auf der Karte drei weitere Spalten, wobei in der Mitte der Wörter, die diese Spalten ausfüllten, die Zahlen 1 bis 3 vorgedruckt waren.
Das sah so aus:
Behandlungs 1 priorität
Transport 2 priorität
spätere 3 Versorgung
Der Anzug machte durch diese drei Spalten mit dem Schreibgerät an seinem Finger einen Strich.
„Was ist mit dem anderen?“ fragte er und zog mühsam eine zweite Karte aus einer Tasche, nachdem er die erste Karte weggesteckt hatte.
Bei der zweiten Karte kreuzte er die Stelle an, wo sich beim Menschen die Augen befinden, und verfuhr im übrigen genauso wie bei der ersten Karte. Dann steckte er auch diese Karte weg. „Wir können nun“, sagte er.
Indem sahen die sechs bleiverglasten runden Öffnungen, die sich oben an den Anzügen befanden, die Folien knisterten bei jeder Bewegung, sich an.
Sie hoben beide ihre dicken Rohre und richteten sie auf Chick und seine Begleiterin.
Nachdem die Flammenwerfer ihr Werk der Zerstörung vollbracht hatten, schleppten die beiden Anzüge die verkohlten Leichen in einen Tunnel, der schon bis obenhin mit Leichen angefüllt war.
Dann verschwanden die beiden mattglänzenden Anzüge in der Dunkelheit.
„ Was liegt an mir. Ich gehe gerne ein.
Die Mutter weint. Man muß aus
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