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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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paar Schrit­te in den hin­te­ren Teil des Ge­schäf­tes und ent­le­dig­te sich un­be­hol­fen des Ra­sier­mes­sers – er hat­te Wil­ly so­wie­so fer­tig ra­siert –, das er auf das dort be­find­li­che Schränk­chen fal­len ließ. Er be­merk­te, daß der Mann, der ne­ben dem Schrank die Zei­tung las, von ih­ren der­ben Scher­zen über­haupt kei­ne No­tiz ge­nom­men hat­te; of­fen­sicht­lich hat­te er auf den Sei­ten der Ti­mes in­ter­essan­te­re Din­ge ent­deckt. (Beim Ab­wen­den fiel Tony ei­ne Film­an­zei­ge auf: Ab heu­te / in der RA­DIO CI­TY MU­SIC HALL Ros­se­li­nis größ­ter Film / AU­GUS­TUS CAE­SAR.)
    „Du brauchst kei­ne Angst zu ha­ben“, sag­te Tony, der zu­rück­kam, um das Tuch und den Strei­fen Krepp­a­pier von Wil­lys Hals zu ent­fer­nen. „Hier gibt es nichts als Re­de­frei­heit. Ei­ne Se­kun­de, bit­te, wäh­rend ich das ab­rei­ße, dann fan­ge ich mit dei­nem Freund an.“
    Er er­griff das Tuch mit bei­den Hän­den und schüt­tel­te es so hef­tig, um die Haa­re her­aus­zu­beu­teln, daß es in der Luft einen Knall gab wie von ei­nem hef­ti­gen Schlag oder – und das war un­mit­tel­bar da­nach To­nys bruch­stück­haf­ter Ein­druck – wie ein Zau­be­rer, der be­feh­lend mit den Rin­gen schnipp­te. Denn un­mit­tel­bar dar­auf gab es ein höchst un­er­war­te­tes und über­ra­schen­des Phä­no­men, als auf dem lin­ken Stuhl ein an­de­res Tuch mit Ge­walt, ja aus­ge­spro­chen thea­tra­lisch, in die Luft ge­schleu­dert wur­de. Der Mann, der dar­in gehüllt ge­we­sen war, stand plötz­lich mit stren­gem, um nicht zu sa­gen wil­dem Blick vor ih­nen. Es war, als sei ein Leich­nam all den Un­sinn über den Tod gründ­lich satt ge­wor­den und ha­be das Lei­chen­tuch bei­sei­te ge­wor­fen, das jetzt – wäh­rend sie ihn an­starr­ten – zu Bo­den fiel. Er war ein Fünf­zi­ger mit ei­nem lan­gen, pfer­de­ähn­li­chen Ge­sicht und grau­en Schlä­fen. Sein Hemd war von der­sel­ben Far­be wie Ho­se, So­cken und Schu­he – als wä­re er ein Au­to­me­cha­ni­ker oder ein Haus­in­spek­tor–, und sie be­merk­ten so­gleich, daß sein Sak­ko eben­falls von die­ser Far­be war; denn oh­ne die Au­gen von ih­nen ab­zu­wen­den, trat er auf den Klei­der­stän­der zu, pflück­te das dort hän­gen­de brau­ne Sak­ko her­ab und zog es an. Er ver­voll­stän­dig­te die Wir­kung die­ser Hand­lung, in­dem er aus der lin­ken Ta­sche ei­ne brau­ne Kra­wat­te her­vor­hol­te, die er sich mit er­staun­li­cher Ge­schick­lich­keit um den Hals schlang und knüpf­te, als sei er ein ge­schick­ter Wür­ger, und in­dem er aus der an­de­ren Ta­sche zwei klei­ne An­steck­na­deln her­vor­hol­te, die er eben­so ge­schickt auf dem Re­vers an­brach­te. Ei­ne zeig­te ein Ru­ten­bün­del, das fest um ei­ne Axt ge­bun­den war: das Sym­bol der Fa­s­cis­ti. Die an­de­re war ein mehr oder we­ni­ger schuh­för­mi­ges Sil­ber­stück, das Wahr­zei­chen der Pax ro­ma­na und, ge­nau­er ge­sagt, der Po­li­zia mi­li­ta­re der Be­sat­zungs­trup­pen.
    Tony, Wil­ly und der Mann mit den Au­gen­brau­en schau­ten al­le den Neu­an­kömm­ling an (um ihn mal als einen sol­chen zu be­zeich­nen), und er schau­te zu ih­nen mit Au­gen zu­rück, die so hart und tro­cken wa­ren wie im Töp­fer­ofen ge­brann­te Ton­wa­ren. Der an­de­re Mann im Raum las noch im­mer die New York Ti­mes.
    „Ich ha­be hier Re­den ver­nom­men“, sag­te der Neu­an­kömm­ling, „die für Ita­li­en und sei­nen großen Füh­rer be­lei­di­gend sind.“
    „Die­se Bur­schen ha­ben bloß ge­scherzt“, er­wi­der­te Tony mit ei­nem Aus­druck und in ei­nem Ton, der halb Pro­test und halb Bit­te war.
    Wil­ly zuck­te die Ach­seln. „Es tut mir leid, daß ich Ih­ren Schlaf ge­stört ha­be.“
    „Wis­sen Sie, wer ich bin?“ frag­te der Po­li­zist.
    „Ich glau­be schon“, sag­te Wil­ly, „aber be­den­ken Sie, daß ich nicht völ­lig si­cher bin – ich glau­be je­den­falls, Sie sind Oberst Gi­u­sep­pe Pes­ca, der bes­ser als ‚Schläch­ter von Co­ney Is­land’ be­kannt ist.“ Er blick­te sei­nen Freund im nächs­ten Ses­sel an, der mit ei­ner Art an­ma­ßen­dem Ernst, als wä­re sei­ne Be­stä­ti­gung die­ser

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