Kopernikus 7
Identifikation eine so wichtige Sache, wie es seine Augenbrauen nur zulassen konnte, hinzufügte: „Ich würde ihn unter einer Million erkennen.“ Seine Art war verschmitzt, aber seine Stimme klang merkwürdig dick und belegt. Und kein Wunder! Pesca. Das war ein Name, der die Herzen der Kinder mit Schrecken erfüllen mußte … und auch die der Eltern. Mag sein, daß der Mann, der in der Ecke die Times las, ein Vater war, denn an den äußeren Ecken der Zeitung zeigte sich eine schwache, ferne Erschütterung. Augenbraue bemerkte es beim Hinschauen. Es fiel ihm auch eine Schlagzeile auf, die ihm hellseherisch in die Augen stach: OBERST PESCA ERKLÄRT, DIE VERHAFTUNG DER TERRORISTEN STEHE UNMITTELBAR BEVOR.
„Ich bin froh, daß Sie wissen, wer ich bin“, sagte Pesca, „denn dann wissen Sie auch, daß ich meine, was ich sage, Signore Ebreo und Signore Sopracciglio“ – was, wie sie wußten, ‚Herr Jude’ und ‚Herr Augenbraue’ zu bedeuten hatte. „Ihr zwei meldet euch morgen hier im östlichen Hauptquartier …“ mit einem scharfen Zurückreißen des Kopfes – „… Punkt 9 Uhr morgens, zum Verhör. Bloß eine Routinesache, Sie verstehen, aber vielleicht erscheint es uns nötig, euch auf einen unserer Unterweisungssonderkurse zu schicken. Seid da. Falls ihr nicht erscheint, nehmen wir uns euren Freund hier vor“ – er warf beim Sprechen dem Friseur einen verächtlichen Blick zu –, „damit wir eure Namen und was er sonst noch alles über euch wissen mag, herausbekommen … und das könnte für ihn sehr unbequem werden. Und Sie , Mr. Vespucci, Sie nennen sich einen Italiener?“
„Nein, mein Herr“, erwiderte Tony standhaft. „Ich nenne mich einen Italo-Amerikaner. Meine Familie ist schon seit drei Generationen in diesem Land. Meine zwei Jungen“ – und Tony warf einen nachdenklichen Blick auf die zwei leeren Friseurstühle zu seiner Rechten, als vermöchte er irgendwie seine kräftigen Söhne in weißen Jacketts zu erblicken, aus deren Brusttaschen schwarze Kämme herausragten –, „meine zwei Söhne sind im letzten Krieg in Italien gefallen. Sie haben aber nicht für Italien gekämpft.“
Auf Pescas Gesicht zeigte sich Erheiterung. Seine Blicke wanderten beziehungsvoll in den hinteren Teil des Ladens. „Dieser leere Platz über dem Schrank da. Seine Blöße beleidigt mich. Besorg dir ein Bild von Il Duce und häng es auf. Ein großes. Ich möchte es hier sehen, wenn ich das nächste Mal hereinkomme.“
Mit einem weiteren kalten Blick zu den Anwesenden wandte er sich um und ging die drei Stufen mit einem Ausdruck hinauf, der auf dem Gesicht eines politischen Gefangenen, der die Stufen der Guillotine hinaufsteigt, nicht unangebracht gewesen wäre. Aber ehe er noch auf dem Gehsteig draußen war, schien ihm etwas einzufallen, denn er hielt einen Augenblick schweigend inne, den einen Fuß auf der obersten Stufe, den anderen auf der zweiten.
„Es ist viel, viel besser, wenn ich es tue …“ fiel Augenbraue ein.
Pesca blickte nachdenklich zu ihnen zurück. „,Willy …’“, überlegte er bei sich. „,Willy?’ Ist das die Verkleinerungsform von Wilhelm?“
„Neeein“, erwiderte der Blonde mit einem erfinderischen Lächeln. „Ich wurde wirklich ‚Willy’ getauft, ob Sie es glauben oder nicht.“
„Wir sind auf der Suche nach einem Mann namens Wilhelm – oder vielleicht William-Marcus.“
Willy zuckte die Achseln und griff wieder nach seiner Zeitschrift. „William-Marcus ist ein häufiger Name.“
„Stimmt. Der Marcus, den wir suchen, ist der Anführer einer Bande, die die Frechheit besitzt, sich selbst nach einer ruhmreichen Epoche unserer italienischen Geschichte Il ri sorgimento zu nennen. Sie schwatzen von Freiheit und
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