Kopernikus 7
Schlüssel du für die Haustür nehmen mußt, du Arschloch? Mit dem Daumen ertastete er den richtigen Schlüssel (den mit der tiefen Kerbe), und klickend öffnete sich das Türschloß.
Klar, irgend etwas würde er Kaplan erzählen müssen. Kaplan würde wissen wollen, weshalb er nicht kam, und er würde versuchen, ihn zu überreden. (Die Treppe hinauf, immer rundherum.) Er mußte ihm irgendeinen Blödsinn erzählen. Wenigstens brauchte er sich für Emma keine Ausrede mehr auszudenken – sie hätte wissen wollen, warum er nicht ginge und ob er krank wäre, und sie hätte seine Stirn befühlen wollen, um zu sehen, ob er Fieber hatte. Es war eine Erleichterung, sie los zu sein. Sie war jetzt fast einen Monat weg. Das einzige Problem war nun: Was würde er dem bescheuerten Kaplan erzählen? (Altes Holz knarrte unter seinen Schuhen. Die Luft war stickig. Gedämpfte Stimmen drangen durch die Türen, an denen er vorüberkam, und bleistiftdünne Lichtstrahlen fielen durch die Ritzen. Staubflöckchen tanzten in den schmalen, beleuchteten Streifen.)
Überhaupt, zum Teufel mit Kaplan. Ihm gegenüber brauchte er sich schließlich nicht zu rechtfertigen für das, was er tat. Es reichte schließlich, wenn er ihm sagte, daß er keine Lust hatte. Zum Teufel mit ihm. Zum Teufel mit der ganzen Bande.
Die Wohnung: ein großes Zimmer, durch einen niedrigen Tresen in Küche und Wohnraum unterteilt. Spülbecken, Kühlschrank, Herd und ein kleiner Tisch in der Küche, Sessel, Rauchtisch und ein tragbarer Fernseher im Wohnzimmer. Ein kleines Schlafzimmer nebenan und ein Bad. Scheiße, irgend etwas würde er Kaplan wohl doch erzählen müssen. Schließlich sollten die Jungs nicht anfangen zu quatschen. Und es war schon auffällig, wenn er einen Bowlingabend versäumte. Mason zog seine nassen Sachen aus und warf sie über den Sessel, damit Emma sie zum Trocknen aufhängen konnte. Dann fiel ihm ein, daß Emma nicht mehr da war. Hatte ihn schließlich verlassen – und vermutlich konnte er es ihr nicht einmal vorwerfen. Es stimmte wohl, daß er nichts taugte. Vermutete er. Voller Unbehagen zuckte Mason die Achseln. Jetzt, da sie Fredricks vor ihm befördert hatten, waren seine Zukunftsaussichten wahrscheinlich nicht mehr allzu rosig. Ihn kümmerte das nicht, aber Frauen waren da anders. Sie machten sich um solche Dinge Sorgen, für sie war es wichtig. Und heiraten wollte er sie auch nicht. Dazu war er zu unstet. Aber Familie und was sonst noch dazu gehörte – das war wichtig für eine Frau. Gott, im Grunde konnte er ihr keine Vorwürfe machen, der dämlichen Fotze – sie verstand das eben nicht. Unbeholfen legte er seine Kleider selbst zusammen und verdrehte dabei die Hosennaht. Man vermißt Leute um der kleinen Dinge willen. Nicht daß er sich viel darum scherte, ob seine Hosen richtig zusammengefaltet waren oder nicht. Und Gott wußte, daß sie ihn wahrscheinlich mehr vermißte als er sie. Er war da unabhängiger – klar, im Grunde brauchte er niemanden außer sich selbst. Blöde Fotze. Vielleicht sollte er Kaplan erzählen, er hätte eine Frau hier oben, die er vögeln würde. Kaplan war dämlich genug, um das zu glauben. Er blieb stehen, den Kleiderbügel in der Hand, überrascht von dieser plötzlichen Heftigkeit. Kaplan war nicht dämlicher als alle anderen. Und weshalb sollte er nicht vögeln? War das so unvorstellbar, so überraschend? Scheiße, sollte er sich denn hier zusammenrollen und verflucht noch mal sterben, bloß weil sein Mädchen ihn verlassen hatte, selbst wenn es ein Langzeitmädchen (drei Jahre) gewesen war? War es das, was Kaplan und die anderen Arschlöcher dachten? Na, dann ruf Kaplan doch an und sag ihm, es tut dir leid, aber du kannst heute nicht kommen, und beschreib ihm, was für ein knackiges
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