Kopernikus 7
Möglichkeiten erschöpfend analysiert, sie hatten jede Variante und Subvariante gespielt und wieder gespielt, bis sie sicher gewesen waren, daß sie die Matt-Kombination gefunden hatten. Peter war mit einem fast frohlockenden Gefühl schlafen gegangen. Bunnish hatte ein Dutzend möglicher Abwehrstellungen gegen ihren Bauernvorstoß. Sie hatten keine Ahnung, konnten nicht wissen, welche er wählen würde, deshalb hatten sie sich damit zufrieden gegeben, daß alle und jede einzelne letztendlich im Fehlschlag endete.
Nur, daß Bunnish sie jetzt zum Narren gehalten hatte. Er hatte keine der wahrscheinlichen Abwehrmöglichkeiten gespielt. Er hatte E. C.s Matt-Drohungen einfach ignoriert und war so munter wie der schlimmste Patzer auf Bauernfang gegangen. War ihnen etwas entgangen? Während E. C. über die beste Erwiderung nachdachte, zog sich Peter einen Stuhl an die Brett-Seite heran, damit er in Ruhe analysieren konnte.
Es gibt nichts, dachte er, nichts. Bunnish hatte im nächsten Zug die Möglichkeit, Schach zu bieten, und dazu mußte er seine Dame in die achte Reihe schieben. Aber es war bedeutungslos. E. C. hatte seine Damen-Seite nicht so geschwächt wie Steve gestern in seiner Eile, ein Matt herbeizuführen. Wenn Bunnish Schach bot, brauchte Stuart nur seinen König zur Dame vorzuziehen. Dann würde die schwarze Dame von einem Turm angegriffen und gezwungen werden, sich zurückzuziehen, oder einen weiteren wertlosen Bauern zu schlagen. Inzwischen würde Bunnish in der Mitte des Brettes schachmatt gesetzt werden. Je mehr Peter die Varianten durchging, desto überzeugter wurde er, daß es für Bunnish keine Möglichkeit gab, einen solchen Gegenangriff herauszuarbeiten wie den, mit dem er Steve Delmario geschlagen hatte.
E. C. schien nach einer langen und vorsichtigen Taxierung des Brettes zu demselben Schluß zu gelangen. Gelassen streckte er die Hand aus und setzte seinen Springer, womit er Bunnishs allein stehenden König ein für allemal einengte. Jetzt drohte er mit einem Damen-Schach, das in einem Zug zum Matt führen würde. Bunnish konnte den beherrschenden Springer schlagen, aber in diesem Fall schlug E.C. einfach mit einem Turm zurück, und dann war das Schachmatt unabänderlich, ganz gleich, wie sehr sich Bunnish noch am Haken winden mochte.
Bunnish lächelte seinem Gegner über das Brett hinweg zu und schob träge seine Dame ein Quadrat vor, in die letzte Reihe. „Schach“, sagte er.
E. C. wischte seinen Schnauzer zurück, zuckte mit den Schultern und zog seinen König vor. Mit einer betont gezierten Bewegung drückte er die Uhr. „Du bist verloren“, sagte er leise.
Peter war geneigt zuzustimmen. Dieses letzte Schach hatte nichts gebracht; genaugenommen schien es die Zwangslage von Schwarz noch verschlimmert zu haben. Die Matt-Drohungen waren noch immer vorhanden, so unaufhaltsam wie eh und je, und jetzt wurde auch noch die schwarze Dame angegriffen. Er konnte sie natürlich zurückziehen, aber nicht rechtzeitig genug, um mit der Abwehr Abhilfe zu schaffen. Bunnish hätte sich wie ein Rasender aufführen und sich elend fühlen müssen.
Statt dessen war sein Lächeln so breit, daß es seine Wangen entzweizureißen drohte. „Verloren?“ sagte er. „Ah, Stuart, diesmal ist dein Scherz ein Bumerang!“ Er kicherte wie ein Teenager und holte seine Dame die Reihe herunter, um den weißen Turm wegzuschnappen. „Schach!“
Peter Norten hatte seit langer, langer Zeit kein Turnier-Schach mehr gespielt, aber er erinnerte sich noch daran, wie man sich fühlte, wenn ein Gegner plötzlich einen unerwarteten Zug gemacht hatte, der das gesamte Antlitz eines Spieles veränderte:
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