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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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der De­cke ein Spin­nen­bein und schau­kel­te ein we­nig in der Ven­ti­la­ti­on. Ka­rin, die träu­mend den Flur hin­un­ter­ge­gan­gen war, be­merk­te das Spin­nen­bein erst, als es ihr sei­dig, kleb­rig, auch stin­kend über die Zü­ge fuhr. Zu­gleich trat ein ste­chen­der Ge­ruch auf. Das Spin­nen­bein, in das sie schlug, fühl­te sich weich an.
    Als Ka­rin auf dem Bo­den lag, drück­te die Spin­ne ganz lang­sam ih­ren rie­si­gen be­haar­ten Leib durch die stäh­ler­ne Tun­nel­wand her­ab. Steif und als hät­te sie der Schüt­tel­frost ge­packt, hat­te sich Ka­rin her­um­ge­wälzt. Aus der Rich­tung des Kor­ri­dors, aus der sie ge­kom­men war, fie­len klei­ne Woll­knäu­el aus der Wand und krab­bel­ten als Spin­nen über den Bo­den fort.
    Wäh­rend sie noch auf dem Bo­den lag, wur­de Ka­rin feucht. Es war ein süß­li­cher Saft mit ei­nem bit­te­ren Bei­ge­schmack, der von der De­cke troff. Die große Spin­ne über ihr hing jetzt halb von der De­cke her­ab, und jetzt zog sie ih­re noch über dem Me­tall ver­blie­be­nen Bei­ne nach. Ka­rin hat­te den Saft von ih­rem Ge­sicht ge­wischt und prall­te von der Wand zu­rück, die auf­brach und den Spalt für ein sei­de­nes Ge­spinst frei­gab.
    „Mut­ter Got­tes“, mur­mel­te das Kind, schon ganz wirr, „Mut­ter Got­tes, was ist hier nur los? Was ist hier nur los? Wie kann es sein, daß un­ser schö­nes Schiff so mit Spin­nen an­ge­füllt ist?“
    Aber ist es nicht so, daß es Zei­ten gibt, in de­nen sich un­ser Ver­stand zu­sam­men­zieht? Ist es nicht so, daß man in be­stimm­ten Si­tua­tio­nen nicht mehr denkt? Daß man ent­we­der – wenn der Ver­stand der La­ge nicht mehr ge­wach­sen ist – aus­ein­an­der­fällt oder aber, wenn ein un­end­li­ches Ver­trau­en in uns ist, der Kör­per ganz am En­de al­lein die Rich­tung noch be­stimmt?
    Man muß zu­ge­ben, daß Spin­nen­au­gen et­was Schö­nes sind. Für Ka­rin war der schwar­ze Lich­ter­kranz, der sich vor ihr be­fand, wie ein viel­fäl­ti­ges Ka­me­ra­au­ge, das auf sie sah. Viel­leicht lag in ih­rem Wahn­sinn et­was Ei­tel­keit. Ja, als sie sich vor­wärts warf, durch den sei­de­nen Vor­hang, der jetzt von al­len Sei­ten kam, rich­te­te sie sich so­gar ein we­nig auf – sa­gen wir, wie ei­ne klei­ne Kö­ni­gin, die ih­ren auf­trei­ben­den Kör­per dem Ka­me­ra­au­ge ent­ge­gen­wirft.
    Schwer zu sa­gen, wie das kam – wäh­rend der durch­sich­ti­ge Schlei­er, der jetzt nicht übel roch, als dich­te, schil­lern­de Mas­se auf sie her­un­ter­kam, hat­te Ka­rin zwei, drei Spin­nen­lei­ber, die sich auf­bläh­ten, zur Sei­te ge­fetzt. Sie kroch über einen sich be­we­gen­den, haa­ri­gen Kör­per wie über einen Berg. Sie spür­te in der lin­ken Schul­ter einen bren­nen­den Biß. Dann fiel sie in den An­ti­gra­vi­ta­ti­ons­schacht hin­ab, auf des­sen Bo­den sie ei­ne tie­fe Ohn­macht über­kam.
     
    Sie wuß­te nicht, wie lan­ge sie im An­ti­gravschacht lag. Sie schlug die Au­gen auf, als et­was Küh­les, Feuch­tes auf sie troff. Sie schrie, da sie in ei­ner fau­li­gen Pfüt­ze lag, dumpf auf. Sie schrie selbst dann noch, als die Er­kennt­nis hin­ter ih­rer Stirn her­auf­zog, daß wirk­li­ches, viel­leicht bra­cki­ges, viel­leicht ab­ge­stan­de­nes Was­ser sie um­gab. Dann – sie hat­te ver­ge­bens nach dem über ihr thro­nen­den Spin­nen­tier ge­späht – wein­te sie ein we­nig.
    Dann um­gab sie ein grü­nes Licht, das aus den Wän­den des Stahl­zy­lin­ders fiel. Es schi­en, als lie­ge die Mo­le­ku­lar­struk­tur der An­ti­gra­v­röh­re bloß. Als schat­ten­haf­ten Um­riß konn­te sie die Ein­rich­tungs­ge­gen­stän­de der Ur­miel hin­ter der Röh­re se­hen – ein wa­bern­des, sich auf­blä­hen­des, wie­der zu­sam­men­stür­zen­des Ge­wirr, das aus Mi­kro­ele­men­ten, Com­pu­ter­kon­so­le, Schlaf­ka­bi­nen und ei­nem rie­si­gen schwar­zen, ein we­nig blau strah­len­den Mo­tor be­stand.
    Jetzt fie­len die Schiffs­wän­de völ­lig zu­rück. Sie sah in den Zwi­schen­raum hin­aus. Dort, wo sonst ei­ne sanf­te ener­ge­ti­sche Strö­mung floß, er­streck­te sich ein ro­ter, kleb­ri­ger Brei. Es sah aus, als platz­ten in die­sem Brei hin und wie­der in

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