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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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ge­mischt-qua­dra­ti­sche Glei­chung durch. Als sie den Zet­tel, auf dem sie schrieb, nach Li­ne­ar­fak­to­ren über­flog, wa­ren al­le Zah­len auf ein­mal wie weg­ge­wischt. Gleich­zei­tig tropf­ten die Un­be­kann­ten nach un­ten da­von, als er­gä­be sich ein Sog, der sie hin­un­ter auf den tep­pich­über­deck­ten me­tal­le­nen Bo­den zog.
    Ka­rin, die dach­te, daß zu­viel Ar­beit an ei­nem Stück ihr auch nicht gut­tat, blick­te auf die Uhr. Wäh­rend der Se­kun­den­zei­ger un­ter dem Gla­se kroch, bog sich die­se nach un­ten, ver­jüng­te sich und tropf­te jetzt, als wür­de sie un­ter ei­ner star­ken Strah­lung auf­ge­löst. Schon im nächs­ten Au­gen­blick kipp­te die Ka­bi­ne um Ka­rin weg, bläh­ten sich die Wän­de auf, hat­te Ka­rin se­kun­den­lang in den Welt­raum hin­aus und auf die ver­schwim­men­den Ster­ne ge­blickt.
     
    Als Ka­rin wie­der zu sich kam, lag sie in ih­rem Bett, und sie sah ih­rem Va­ter, der sich streng über sie beug­te, di­rekt ins Ge­sicht. Er hielt ein Buch, das Re­zep­te ge­gen Raum­krank­heit und ho­hes Fie­ber ent­hielt, in der Hand und hat­te Ka­rins Hand­ge­lenk um­faßt. Ka­rin fühl­te sich ganz schlaff, und sie emp­fand wäh­rend der Pro­ze­dur ein Ge­fühl der Un­wirk­lich­keit.
    „Na, es geht schon wie­der“, hat­te die Mut­ter ge­sagt. „So fängt die Raum­krank­heit meis­tens an.“
    „Aber“, mur­mel­te Ka­rins Bru­der To­bi­as aus dem Hin­ter­grund, „ich den­ke, da wird ei­nem nur schlecht, und man bricht und bricht.“
    „Sei still“, hat­te die Mut­ter ge­sagt, „und be­un­ru­hi­ge das Kind nicht zu­sätz­lich noch.“
    To­bi­as mur­mel­te et­was, das Ka­rin nicht ver­stand.
    „So“, brumm­te der Va­ter und ließ Ka­rins Hand­ge­lenk los und füll­te ei­ne Flüs­sig­keit aus ei­nem Fläsch­chen ab. „Du kannst mich hö­ren?“ frag­te er, und als sie nick­te, fuhr er fort: „Jetzt nimmst du das!“
    „Aber was ist das?“ frag­te Ka­rin mit ei­ner Stim­me, die ihr selbst fremd vor­kam.
    Die Mut­ter sag­te: „Sei still, dein Va­ter weiß schon, was er tut!“
    To­bi­as hat­te sich aus der Ka­bi­ne ver­drückt, wäh­rend die Flüs­sig­keit müh­sam Ka­rins Keh­le hin­un­ter­g­litt. Nach ei­ner Wei­le wur­de es warm in ih­rer Brust. Auch schi­en es Ka­rin, daß die Zim­mer­tem­pe­ra­tur an­stieg. Das Licht an der De­cke fla­cker­te et­was. Das Ge­sicht ih­rer Mut­ter, die sich jetzt, als der Va­ter zu­rück­ge­tre­ten war, über sie beug­te, er­schi­en ihr spitz und streng.
    „Schla­fe jetzt, mein Kind“, sag­te die Mut­ter fast schrill, aber es war ei­ne Be­drückung da, die über Ka­rin lag und die die gan­ze Nacht nicht wich.
     
    In der Nacht, als Ka­rins Fie­ber stieg, hat­te der Va­ter ein Te­le­gramm durch den Zwi­schen­raum ab­ge­schickt. Er frag­te dar­in bei der nächs­ten Ro­bot­me­di­zi­ni­schen Sta­ti­on – ei­nem klei­nen, dunklen, im Qua­dran­ten X/12 ge­le­ge­nen Stern – nach Ver­hal­tens­an­wei­sun­gen, falls die Ent­wick­lung, in der Ka­rin sich zu be­fin­den schi­en, sich nicht un­ter­bin­den ließ. Die Ant­wort, die mit ei­ner merk­wür­di­gen Ver­spä­tung von fast zwei Stun­den im Mor­gen­grau­en ein­lief und de­ren Schwin­gungs­mus­ter der Com­pu­ter nur ver­schwom­men auf­nahm, be­ru­hig­te ihn. Die mit­ge­teil­ten Sym­pto­me wä­ren nor­mal: Das Kind zei­ge ty­pi­sche Ver­hal­tens­merk­ma­le, wie sie für Her­an­wach­sen­de in die­sem Al­ter und un­ter den Be­din­gun­gen des Zwi­schen­rau­mes üb­lich sei­en.
    Ka­rin, die die gan­ze Nacht kaum schlief, hat­te, als sie ein­mal für kur­ze Zeit in einen tie­fen, blei­er­nen Schlum­mer fiel, einen Traum. Sie war als klei­nes Mäd­chen auf ei­nem Pla­ne­ten, der nur mit grü­nen Wie­sen be­deckt war, aus­ge­setzt. Sie lag, als sie die Au­gen auf­schlug, in saf­ti­gem Gras, an dem noch der Tau des frü­hen Mor­gens hing. Als sie um sich sah, wa­ren we­der ihr Va­ter noch ih­re Mut­ter da. Dann hat­te sie die bei­den auch schon aus ih­ren Ge­dan­ken ver­drängt, denn der Him­mel, der eben noch tief­blau ge­we­sen war, hat­te sich be­wölkt, und über ei­nem fer­nen, aus­ge­zack­ten, stahl­blau er­schei­nen­den

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