Kopernikus 7
haben vier andere Welten erfolgreich besiedelt …“ Er sprach eine Weile ein wenig schwülstig und offiziell, vermutlich, um ihre Niederlage gerechtfertigt zu lassen. Greenberg und die anderen starrten uns nur an wie von der anderen Seite einer Aquariumsscheibe. Als sie schließlich das Wort ergriffen, klangen ihre Antworten unstet, tölpelhaft, bedeutungslos – ungeduldig, als gäbe es etwas, das wir unbedingt wissen müßten, und abwiegelnd, als scherten sie sich nicht einen Pfifferling um uns. Weitere „Elfen“ flatterten in den Feldern umher. Zum ersten Mal bekam ich eines dieser Wesen richtig zu Gesicht und war überrascht, daß dieses durchschimmernde Insekten-Geschöpf und viele, viele andere emsig damit beschäftigt waren, die Felder hier und da mit sprunghaften, wunderlichen Bewegungen zu bestellen. Die Wesen waren durch ihre weitgehende Transparenz hervorragend getarnt, ihre Körper stellten eine Art dünnes, vibrierendes Gitter vor dem landschaftlichen Hintergrund dar, das man kaum bemerkte; nur bei großer Aufmerksamkeit nahm man die Bewegungen von der Seite her wahr.
„Ihr habt ja überhaupt keine Kinder?“ wiederholte Marinetti zum dritten oder vierten Male. Greenberg deutete auf die Felder.
„Kinder?“ Er grinste dümmlich. „Kinder müssen ihre Lektionen erhalten.“
„Wollen Sie damit sagen, daß sie in der Schule sind? Wo sind sie denn, Mann? Warum lebt ihr hier draußen zwischen den Eingeborenen?“
„Müssen beispielsweise lernen“, verkündete Greenberg, „daß die Sonne alles Licht an sich zieht oder daß ein Kiesel in einem Teich Wellen zu sich zieht. Müssen lernen, solche Dinge wahrzunehmen.“
Marinetti ließ unsere kleine Gruppe die schäbige Straße hinabführen – tatsächlich an den Händen der Kolonisten, als könnten wir sonst stolpern oder gegen eine Mauer laufen –, zwischen den zusammengeklammerten Bauteilen mit ihren Lehm- und Flechtwerkanbauten hindurch, von denen ich plötzlich annahm, daß Sie überhaupt nicht für menschliche Wesen gedacht waren, sondern ihrer Vorstellung von Behausung entsprachen, wie sie die Elfenwesen haben mochten: ein architektonisches Äquivalent zu der Schüssel Milch, die man einem Heinzelmännchen hinstellte!
Sie waren bereitwillig zu ihnen gezogen. Keiner der Siedler machte sich die Mühe, eine Waffe zu tragen. Hatten sie die gleichmütigen Elfen als die einzigen „Kinder“ angenommen, die sie jemals haben wollten?
Wir gelangten an die Stelle, wo die äußere Vorort-Häuserreihe sich mühte, über den inneren Wall zu klettern; von hier aus mußten wir eine Weile über die Dächer der inneren Bauten laufen, bis eine Holzrampe uns auf den Boden führte, wo eine weitere Straße in einen kleinen „Park“ im Ortskern mit einem schmutzigen Dorfteich mündete. Hier gesellten sich ein paar weitere Leute zu der kleinen Schar, die uns Geleit gab: Sie waren alle Anfang Siebzig oder etwas älter. Kaum eine gefährliche oder unwirtliche Welt, überlegte ich. Nur daß es ihnen nicht gelungen war, sich zu vermehren. Nur daß sie gemeinsam und auf bemitleidenswerte Weise den Verstand verloren hatten. Selbst die jüngeren Leute, die wenigen in den Vierzigern, waren ebenso „senil“: tapsig, vergeßlich, anmaßend, umständlich – ihr Denken wie mottenzerfressenes Band. Ein paar weitere machten sich erst gar nicht die Mühe, sich zu uns zu gesellen, obwohl sie wissen mußten, wer wir waren. Sie gingen einfach ihren eigenen Geschäften nach und beachteten uns gar nicht. Unglaublich.
Neben dem schmutzigen Teich stand eine Schüssel mit Kieseln. Mit geübter „Ritual“-Geste nahm
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