Kopernikus 7
war? Aber da wir die Ausdehnung wahrnehmen, bleibt die Welt in Wirklichkeit zusammenhängend und beständig. Doch ein Frosch sieht die Welt nicht wie wir. Er sieht nur ein paar Muster und Bewegungen. Wenn etwas stillhält, ist es nicht da. Einzelteile der wirklichen Welt existieren nicht für ihn! Wir sind besser als die Frösche, da die Welt die ganze Zeit hindurch für uns da ist. Aber um wie vieles sind wir besser, wie?“
„Sie wollen doch wohl nicht sagen, daß wir im Vergleich zu diesen Elfen wie Frösche sind?“
„Ja, durchaus! Sie leben in einer weiten Welt! Sie nehmen die Dauer wahr – die Ausdehnung der Zeit. In einer solchen Welt leben sie!“
„Elfenmärchen!“
„Deshalb sieht man sie nur ab und zu. Ja. Wir sind wie Frösche, die die Fliege nur erkennen, wenn sie sich bewegt. Die reale Welt erfassen wir überhaupt nicht. Wie sollten wir eine Welt verändern oder ausschöpfen können, die wir überhaupt nicht sehen? Das ist nicht vergleichbar mit der Tatsache, daß wir Röntgenstrahlen und Radiowellen nicht sehen, wohl aber Geräte bauen können, um sie aufzufangen … Wir können keine Sensoren schaffen, um die Dauer zu sehen. Wie auch? Diese Begriffe existieren für den Menschen überhaupt nicht …“
„Für Sie scheinen sie jedoch eindeutig zu existieren!“
„Oh, uns hat man es beigebracht. Wir lernen es. Wir sind nicht wirklich ihre Kinder. Eher ihre Haustiere. Ihr Experiment. Sie haben uns lieber hier als an der Küste, versteht ihr.“
„Warum seid ihr nicht dort geblieben?“
„Wir konnten nicht“, murmelte Greenberg ärgerlich. „Der … Druck ihrer Umwelt … der Sog vom Landesinnern her … das war alles … zuviel. Der Strudel ihres Zeitgefühls, der in uns einsickerte. Sie würden es verstehen, wenn Sie ein paar Jahre blieben. Wie ist es jetzt? Sie empfinden die Dauer der Welt Augenblick um Augenblick: einen Augenblick nach dem anderen. Die Vergangenheit ist festgelegt und für immer vorbei, die Zukunft im Begriff der Entstehung. Und dazwischen liegt diese trügerische Gegenwart: Wie lange hält sie an? Wieviel Gegenwartszeit glauben Sie einzunehmen? Zwischen drei und sieben Minuten, würde ich sagen, ja? So lange schätzen sie ungefähr die Dauer der ‚Gegenwart’ ein, nicht wahr? Nun, wie lange dauert ihre Gegenwart? Es sind Stunden-Tage!“
„Sie wollen sagen, sie können in die Zukunft sehen?“
„Nein, ihre Gegenwart erstreckt sich weiter, das ist alles. In unserer trügerischen Gegenwart sind sie nur wahrscheinlich präsent. Ihre Wahrscheinlichkeit, hier zu sein, schwankt mit der Zeit, auf die sie ihre Aufmerksamkeit richten – ebenso wie der Gegenstand innerhalb unseres Blickfeldes, auf den wir uns konzentrieren, realer erscheint, obwohl der Rest ebenso existiert. Sie sind wie Partikel mit Schwingungshöhepunkten, Commander. Sie könnten überall sein – zu jeder Zeit! Zu gewissen Zeiten sind sie wahrscheinlicher anwesend – obwohl sie sich tatsächlich über die gesamte ihnen zur Verfügung stehende Zeitspanne hin erstrecken. Und wir können das fühlen. Oh ja, das fühlen wir. Unsere Wirklichkeit wird durch sie diktiert.“
„Lächerlich. Ein Wesen kann sich in der Zeit nicht hin und her bewegen.“
„Sie bewegen sich nicht hin und her. Sie erstrecken sich über eine längere Periode als wir. Was zum Teufel ist überhaupt Zeit? Es ist lediglich eine Art und Weise, Ereignisse zueinander in Verbindung zu bringen und zu messen. Zeit existiert nicht eigenständig für sich.“
„Das erklärt aber nicht, wie sie das Wasser enttrüben.“
„Und ob es das erklärt. Indem sie von unserem Standpunkt aus Dinge zurückverfolgen, scheinen sie Ereignisse über frühere Zustände hinaus zu beeinflussen … In Wirklichkeit verändern sie nur einen
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