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Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Dräh­te sind so dünn, daß man sie nur mit ei­nem Ver­grö­ße­rungs­glas ein­se­hen und mit au­ßer­or­dent­lich fei­nen Pin­zet­ten for­men kann. Da­her trägt er die ko­mi­sche Bril­le und hält im ers­ten Sta­di­um der Ar­beit stän­dig ein fast spinn­web­fei­nes In­stru­ment in Hän­den. Nach Hun­der­ten von Stun­den lang­sa­mer und ge­dul­di­ger (lie­be­vol­ler) Ar­beit sind die Dräh­te dann ge­formt.
    Chib nimmt die Bril­le ab und be­gut­ach­tet die all­ge­mei­ne Er­schei­nung. Da­nach be­nutzt er den Farb­spray­er, um den Dräh­ten die ge­wünsch­ten Far­ben und Tö­nun­gen zu ge­ben. Die Far­be trock­net bin­nen we­ni­ger Mi­nu­ten und wird hart. Dann ver­bin­det Chib die Flä­che des Bil­des mit ei­nem elek­tri­schen Strom­kreis und drückt einen Knopf, wor­auf­hin ein win­zi­ger Strom­stoß durch die Dräh­te fließt. Die­se glü­hen un­ter der Far­be und, lil­li­put­ar­ti­ge Schmelz­pro­zes­se, lö­sen sich in blau­en Dunst auf.
    Üb­rig bleibt ein drei­di­men­sio­na­les Werk, das aus har­ten Farb­schich­ten be­steht, die sich in meh­re­ren Ebe­nen über der ur­sprüng­li­chen Schicht er­he­ben. Die­se Hül­len sind un­ter­schied­lich dick, aber al­le sind da­bei so dünn, daß Licht von der obers­ten zur in­ners­ten Schicht durch­drin­gen kann, wenn man das Bild ent­spre­chend dreht. Ein­zel­ne Hül­len sind da­bei ein­fach Re­flek­to­ren, die das Licht ver­stär­ken, da­mit in­ne­re Struk­tu­ren deut­li­cher sicht­bar wer­den.
    Bei der Aus­stel­lung wird das Bild auf ei­nem be­weg­li­chen Po­dest an­ge­bracht, das das Bild vom Zen­trum aus zwölf Grad nach links, dann zwölf Grad nach rechts dreht.
    Das Fi­do quakt. Chib denkt flu­chend dar­an, es ganz ab­zu­schal­ten. Aber we­nigs­tens ist es nicht der In­ter­kom mit sei­ner hys­te­ri­schen Mut­ter am an­de­ren En­de. Noch nicht. Die wird noch früh ge­nug an­ru­fen, wenn sie ge­nü­gend beim Po­kern ver­lo­ren hat.
    Se­sam, öff­ne dich!
     
    SINGT, IHR MÖ­WEN VON ON­KEL SAM
     
    Groß­pa­pa schreibt in sei­nen Pri­va­ten Er­güs­sen: Fünf­und­zwan­zig Jah­re nach­dem ich mit zwan­zig Mil­li­ar­den Dol­lar ge­flo­hen und dann an­geb­lich an ei­nem Herz­an­fall ver­stor­ben bin, ist mir Fal­co Ac­ci­pi­ter wie­der auf der Spur. Das ist der IRB-De­tek­tiv, der sich bei Ein­tritt in sei­nen Be­ruf Fal­con Fal­ke nann­te. Welch ein Ego­ist! Und doch ist er gna­den­los und ge­ris­sen wie ein Raub­vo­gel, und wä­re ich nicht zu alt, um vor ei­nem Men­schen­we­sen Furcht zu emp­fin­den, so wür­de ich zit­tern. Wer aber lös­te ihm Fuß­fes­sel und Hau­be? Wie konn­te er den al­ten und längst kal­ten Ge­ruch er­neut wit­tern?
     
    Ac­ci­pi­ters Ge­sicht er­in­nert an das ei­nes über­arg­wöh­ni­schen Wan­der­fal­ken, der sich be­müht, im Fluge al­les zu über­bli­cken, und der so­gar den ei­ge­nen Anus hoch­schaut, um sich zu ver­ge­wis­sern, daß dort kei­ne En­te Zu­flucht ge­sucht hat. Die Au­gen ver­schie­ßen wie aus wei­ten Är­meln her­vor­ge­schleu­der­te Mes­ser ih­re Bli­cke. Sie er­fas­sen al­les mit sher­lock­scher Ge­nau­ig­keit und neh­men je­de Ein­zel­heit auf. Er dreht den Kopf hin und her, die Oh­ren zu­cken, die Na­sen­flü­gel he­ben und sen­ken sich, ganz Ra­dar und So­nar und Odoar.
    „Mr. Win­ne­gan, tut mir leid, Sie zu so frü­her Stun­de zu stö­ren. Ha­be ich Sie aus dem Bett ge­holt?“
    „Das ha­ben Sie ganz of­fen­sicht­lich nicht!“ sagt Chib. „Und ma­chen Sie sich gar nicht erst die Mü­he, sich vor­zu­stel­len. Ich ken­ne Sie. Sie be­schat­ten mich schon seit drei Ta­gen.“
    Ac­ci­pi­ter er­rö­tet nicht. Als Meis­ter der Selbst­be­herr­schung fin­det al­les Er­rö­ten bei ihm tief in den Ge­där­men statt, wo es nie­mand se­hen kann. „Wenn Sie mich ken­nen, dann kön­nen Sie mir viel­leicht auch sa­gen, wes­halb ich an­ru­fe?“
    „Wä­re ich blöd ge­nug, Ih­nen das zu sa­gen?“
    „Mr. Win­ne­gan, ich hät­te mich ger­ne über Ih­ren Ur­ur­groß­va­ter mit Ih­nen un­ter­hal­ten.“
    „Der ist schon seit fünf­und­zwan­zig Jah­ren tot!“ schreit Chib. „Ver­ges­sen Sie ihn! Und be­läs­ti­gen Sie mich nicht mehr.

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